Der Roman von Natasha Bell fängt sehr vielversprechend an. Wir starten ohne große Vorankündigung in dem Moment in dem die Polizisten das erste Mal mit Marc, Alexandras Ehemann, sprechen. Ab da wechselt der Handlungsstrang zwischen Marcs vermeintlichen Erlebnissen und Gedanken, der Zeit des
Kennenlernens von Marc und Alexandra und Alexandras Gefangenschaft. Es dauert eine Weile sich an diese…mehrDer Roman von Natasha Bell fängt sehr vielversprechend an. Wir starten ohne große Vorankündigung in dem Moment in dem die Polizisten das erste Mal mit Marc, Alexandras Ehemann, sprechen. Ab da wechselt der Handlungsstrang zwischen Marcs vermeintlichen Erlebnissen und Gedanken, der Zeit des Kennenlernens von Marc und Alexandra und Alexandras Gefangenschaft. Es dauert eine Weile sich an diese Erzählwechsel zu gewöhnen.
Das erste Drittel der Erzählung ist sehr spannend. Die Zeit innerhalb der Familie, alle Rituale, kleine Eigenheiten und die Vertrautheit werden uns ungefiltert präsentiert, sodass man sich fast schon wie ein Voyeur in dieser intimen Atmosphäre fühlt. Die Passagen über das junge Paar bewegen sich genau auf dem Mittelweg zwischen zu kitschig und zu langweilig und man verliebt sich auch als Leser ein wenig mit. Und die Teile der Erzählung die uns Alexandra direkt mitteilt, lassen uns mit ihr rätseln warum sie gefangen ist und was ihr täglicher Besucher von ihr möchte.
Dann jedoch löst sich dieser Spannungsbogen. Die Erzählung um Marc kommt an einen Stillstand (Was sicher als Spiegelung gedacht ist um seine Situation zu verdeutlichen, jedoch dem Lesevergnügen nicht zuträglich ist.), die Zeit als junges Paar wird durchs Alexandras Bekannte gestört und nimmt ihr den Charme und Alexandra aus dem jetzt verhält sich zunehmend launenhaft und beginnt damit die Zuneigung der Leser abzutragen.
Im letzten Drittel beschleunigt sich zwar die Erzählung nicht wieder, aber die Ereignisse sorgen wieder für eine gewisse Spannung, auch wenn man bereits vor Marc eine gewisse Ahnung davon hat was tatsächlich passiert ist. Und dann kommt das große Finale bei dem der gesamte Plan offengelegt wird und dessen Ausmaße, zumindest ich nicht im Voraus erahnen konnte. Das bringt mich auch zur Kritik, denn rückblickend hat man das Gefühl bewusst gelenkt worden zu sein um ein solches Ende nicht für möglich zu halten, das war etwas zu konstruiert. Und Kunst und Feminismus als Rechtfertigungen mit einzuflechten halte ich persönlich für zu einfach gedacht, aber das ist wohl eine sehr individuelle Ansicht, was auch der Thriller thematisiert.
Natasha Bell hat eine interessante Geschichte geschaffen, die sehr gefühlvoll und detailliert erzählt ist. Wer sich durch den etwas zäheren Mittelteil kämpft, wird mit einem Ende belohnt über das man sich wundervoll ärgern und diskutieren kann. Es regt zum Nachdenken an was für uns Glück und ein erfülltes Leben ausmacht, was für uns Familie bedeutet und wie weit wir gehen können um unser Glück zu verwirklichen, selbst wenn dadurch andere zu Schaden kommen.
Wer keinen Hinweis auf das Ende möchte, der sollte nun hier aufhören zu lesen.
Der Roman erinnert von seiner Struktur her sehr an Gone Girl. Wer das gern gelesen hat, der wird sich auch an diesem Thriller erfreuen.