Immaculately produced by French publisher Xavier Barral, this stunning facsimile of Alfred Ehrhardt's masterpiece Das Watt makes this key work of photobook history available to the public at long last. Singled out in Martin Parr and Gerry Badger's The Photobook: A History as a key example of early 20th-century abstraction, Ehrhard's striking compositions highlight the geometric patterns in natural forms. His formal stance and sequencing show the strong influence of his years at the Bauhaus. Produced by Xavier Barral to an exacting standard with rich blacks beautifully printed on high-quality paper, this facsimile volume captures the magnificant densities of the original and is an important addition to any photography book library Alfred Ehrhardt (1901-1984) taught at the Bauhaus between 1928 and 1933 alongside scenographer Oskar Schlemmer and painters Josef Albers and Wassily Kandinsky. Accused of Bolshevism in 1933 by the Nazis, Erhardt was forced to leave the Bauhaus. At that time he was working in painting, drawing and printmaking, but his exile precipitated a turn toward photography and film, whose fundamentals he taught himself. In 1934, after leaving Germany, Ehrhardt produced his first photographic reportage--a series of spare, enigmatic images taken on the windswept sand dunes of the Curonian Spit along the Lithuanian-Russian border.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.01.2014Die Gestaltekraft von Wasser und Wind
Zwischen göttlicher Offenbarung und technischer Perfektion: Alfred Ehrhardts Fotografien des Wattenmeers.
Von Freddy Langer
Wie eine Predigt kommt das Vorwort daher. Sie seien, heißt es gleich zu Anfang über die fließenden Formen im Watt, über die Rinnen und Riffelungen, die Wellungen und Strömungslöcher, die aus der Zusammenarbeit von Wasser, Wind und Boden im Wechsel der Gezeiten hervorgegangen sind und die Alfred Ehrhardt bis an die Grenze der Abstraktion fotografiert hat, sie seien also "von geheimnisvoller Schönheit", und sie sprächen zu uns "als Zeichen einer großen ewigen Kraft". Und noch deutlicher werden sie ein paar Absätze "Ausdruck göttlicher Kraft" genannt. "Das Watt" war der erste von knapp zwanzig Bildbänden, die Alfred Ehrhardt im Laufe seines Lebens veröffentlicht hat. Erschienen ist er 1937, und Alfred Ehrhardt formuliert darin so etwas wie das ästhetische Programm seiner künftigen Arbeit. Zuvor hatte er an der Hamburger Landeskunstschule im Sinne des Bauhauses Materialkunde unterrichtet, war aber wegen seiner vermeintlich "kulturbolschewistischen" Ansichten von den Nationalsozialisten entlassen worden. Dass ihn daraufhin eine spirituelle Sinnsuche vier Jahre lang immer wieder ins Wattenmeer getrieben haben soll, ist den Bildern nicht anzusehen. Sie reihen sich vielmehr ein in die Stilrichtung der Neuen Sachlichkeit, die mit der präzisen Abbildung einer streng dokumentarischen Fotografie die Schönheit ebenso der Tier- und Pflanzenwelt oder geologischer Strukturen bloßlegte wie die maschinell produzierter Gegenstände.
Doch war Alfred Ehrhardt - wie auch seine späteren Arbeiten belegen, die Stillleben zarter Muscheln etwa oder die dramatischen Landschaftsaufnahmen aus Island - nie an der Auffassung des L'art pour l'art gelegen. Er verstand seine Arbeiten als Untersuchung der Naturkräfte. Durch die sorgfältige Beobachtung wollte er zu einem Verständnis für die Gesetze der Natur gelangen. Im Watt sucht er dazu nach der Gestaltekraft von Wasser und Wind, unterscheidet bei den Ergebnissen zwischen Strömungswellen, Strömungsgräben und Strömungslöchern und legt bei den Riffelungen eine Skala von zarten Feinformen bis zu schweren Wellungsformen an. Dann aber muss er gestehen, dass die Erde selbst, also der Schlick, den stärksten Anteil "am Bau und am Gesicht dieser Landschaft" hat. Und er verliert sich einen Moment lang in den Gefilden der Metaphysik, wenn er sich von "der gleichen Gotteskraft" durchdrungen fühlt, die auch in diesem Ödland unablässig am Werke sei, bevor er nahtlos zu den technischen Angaben seiner Arbeiten übergeht. Der wunderbare Bildband liegt nun, zum dreißigsten Todestag des Fotografen, als Faksimile vor. Begleitet wird das Erscheinen des Buches von einer umfangreichen Ausstellung.
"Das Watt" von Alfred Ehrhardt; mit einem Vorwort von Kurt Dingelstedt. Faksimile des Bildbands von 1937. Edition Xavier Barral, Paris 2014. 116 Seiten, 96 Abbildungen. Gebunden, 45 Euro. Eine Ausstellung mit den Aufnahmen des Wattenmeers zeigt die Alfred Ehrhardt Stiftung (Auguststraße 75, 10117 Berlin) vom 17. Januar bis zum 27. April. Geöffnet Dienstag bis Sonntag von 11 bis 18 Uhr, Donnerstag von 11 bis 21 Uhr. Information im Internet: www.alfred-ehrhardt-stiftung.de.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Zwischen göttlicher Offenbarung und technischer Perfektion: Alfred Ehrhardts Fotografien des Wattenmeers.
Von Freddy Langer
Wie eine Predigt kommt das Vorwort daher. Sie seien, heißt es gleich zu Anfang über die fließenden Formen im Watt, über die Rinnen und Riffelungen, die Wellungen und Strömungslöcher, die aus der Zusammenarbeit von Wasser, Wind und Boden im Wechsel der Gezeiten hervorgegangen sind und die Alfred Ehrhardt bis an die Grenze der Abstraktion fotografiert hat, sie seien also "von geheimnisvoller Schönheit", und sie sprächen zu uns "als Zeichen einer großen ewigen Kraft". Und noch deutlicher werden sie ein paar Absätze "Ausdruck göttlicher Kraft" genannt. "Das Watt" war der erste von knapp zwanzig Bildbänden, die Alfred Ehrhardt im Laufe seines Lebens veröffentlicht hat. Erschienen ist er 1937, und Alfred Ehrhardt formuliert darin so etwas wie das ästhetische Programm seiner künftigen Arbeit. Zuvor hatte er an der Hamburger Landeskunstschule im Sinne des Bauhauses Materialkunde unterrichtet, war aber wegen seiner vermeintlich "kulturbolschewistischen" Ansichten von den Nationalsozialisten entlassen worden. Dass ihn daraufhin eine spirituelle Sinnsuche vier Jahre lang immer wieder ins Wattenmeer getrieben haben soll, ist den Bildern nicht anzusehen. Sie reihen sich vielmehr ein in die Stilrichtung der Neuen Sachlichkeit, die mit der präzisen Abbildung einer streng dokumentarischen Fotografie die Schönheit ebenso der Tier- und Pflanzenwelt oder geologischer Strukturen bloßlegte wie die maschinell produzierter Gegenstände.
Doch war Alfred Ehrhardt - wie auch seine späteren Arbeiten belegen, die Stillleben zarter Muscheln etwa oder die dramatischen Landschaftsaufnahmen aus Island - nie an der Auffassung des L'art pour l'art gelegen. Er verstand seine Arbeiten als Untersuchung der Naturkräfte. Durch die sorgfältige Beobachtung wollte er zu einem Verständnis für die Gesetze der Natur gelangen. Im Watt sucht er dazu nach der Gestaltekraft von Wasser und Wind, unterscheidet bei den Ergebnissen zwischen Strömungswellen, Strömungsgräben und Strömungslöchern und legt bei den Riffelungen eine Skala von zarten Feinformen bis zu schweren Wellungsformen an. Dann aber muss er gestehen, dass die Erde selbst, also der Schlick, den stärksten Anteil "am Bau und am Gesicht dieser Landschaft" hat. Und er verliert sich einen Moment lang in den Gefilden der Metaphysik, wenn er sich von "der gleichen Gotteskraft" durchdrungen fühlt, die auch in diesem Ödland unablässig am Werke sei, bevor er nahtlos zu den technischen Angaben seiner Arbeiten übergeht. Der wunderbare Bildband liegt nun, zum dreißigsten Todestag des Fotografen, als Faksimile vor. Begleitet wird das Erscheinen des Buches von einer umfangreichen Ausstellung.
"Das Watt" von Alfred Ehrhardt; mit einem Vorwort von Kurt Dingelstedt. Faksimile des Bildbands von 1937. Edition Xavier Barral, Paris 2014. 116 Seiten, 96 Abbildungen. Gebunden, 45 Euro. Eine Ausstellung mit den Aufnahmen des Wattenmeers zeigt die Alfred Ehrhardt Stiftung (Auguststraße 75, 10117 Berlin) vom 17. Januar bis zum 27. April. Geöffnet Dienstag bis Sonntag von 11 bis 18 Uhr, Donnerstag von 11 bis 21 Uhr. Information im Internet: www.alfred-ehrhardt-stiftung.de.
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