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Alfred Webers monumentales Werk umfaßt neben der Kultursoziologie, deren Begründer er ist, zahlreiche andere Bereiche, in denen er als einer der letzten Gelehrten mit universalem Anspruch bahnbrechende Forschungsarbeit geleistet hat: Industrielle Standortlehre, Arbeits- und Betriebssoziologie, Bürokratieforschung, Politische Theorie und Geschichtsphilosophie. Als streitbarer politischer Gelehrter verfaßte er viele Aufsätze zur politischen Situation, die wichtige Aufschlüsse über die Lage in Deutschland vom Kaiserreich zur Bundesrepublik geben. Als Wissenschaftler mit einer großen Ausstrahlung…mehr

Produktbeschreibung
Alfred Webers monumentales Werk umfaßt neben der Kultursoziologie, deren Begründer er ist, zahlreiche andere Bereiche, in denen er als einer der letzten Gelehrten mit universalem Anspruch bahnbrechende Forschungsarbeit geleistet hat: Industrielle Standortlehre, Arbeits- und Betriebssoziologie, Bürokratieforschung, Politische Theorie und Geschichtsphilosophie. Als streitbarer politischer Gelehrter verfaßte er viele Aufsätze zur politischen Situation, die wichtige Aufschlüsse über die Lage in Deutschland vom Kaiserreich zur Bundesrepublik geben. Als Wissenschaftler mit einer großen Ausstrahlung sammelte er viele Schüler um sich, die später zu den bedeutenden Wissenschaftlern gehörten wie z.B. Karl Mannheim, Norbert Elias, Emil Lederer und andere.Webers große Fragen beziehen sich auf die Veränderung des soziokulturellen Habitus in den einzelnen Kulturen und Völkern über die Jahrhunderte hinweg. Dieses Thema wurde in neuester Zeit von Norbert Elias und dem Soziologen Pierre Bourdieu wieder aufgegriffen. Auch Webers kulturkritische Aspekte haben nichts an Aktualität verloren.Webers Arbeiten, die in den 50er Jahren hohe Auflagen erreichten, sind in Deutschland seit Jahren vergriffen. Sie sollen mit dieser Gesamtausgabe endlich wieder zugänglich gemacht werden. Die einzelnen Bände sind thematisch und chronologisch gegliedert, jeder Band hat eine eigene Einleitung, Band 1 auch eine Einführung in Werk und Person des Gelehrten. Eine Auswahl aus seinem Briefwechsel dokumentiert die Spannweite seiner persönlichen und politischen Beziehungen.Editionsplan: Band 1: Kulturgeschichte als Kultursoziologie (1935/1950), ISBN 3-89518-101-3, 1997 Band 2: Das Tragische und die Geschichte (1943), ISBN 3-89518-102-1, 1998 Band 3: Abschied von der bisherigen Geschichte (1946)/ Der Dritte oder der Vierte Mensch (1953), ISBN 3-89518-103-X, 1997 Band 4: Einführung in die Soziologie (1955), ISBN 3-89518-104-8, 1997 Band 5: Wirtschafts- und Sozialpolitik (1897-1932), ISBN 3-89518-105-6, Mai 2000 Band 6: Industrielle Standortlehre (1908-1932), ISBN 3-89518-106-4, 1998 Band 7: Politische Theorie und Tagespolitik (1902-1933), ISBN 3-89518-107-2, April 1999 Band 8: Kultur- und Geschichtssoziologie (1909-1958), ISBN 3-89518-108-0, Februar 2000 Band 9: Politik im Nachkriegsdeutschland, ISBN 3-89518-109-9, Februar 2001 Band 10: Ausgewählter Briefwechsel, ISBN 3-89518-110-2, September 2003
Autorenporträt
Eberhard Demm lehrte an den Universitäten von Alberta in Edmonton, Amsterdam, Paris X, Paris XII und war zuletzt o. Professor an der Universität Lyon III. Nach seiner Pensionierung schloss er sich dem Forschungszentrum CERAAC der Universität Grenoble III an. Gastprofessuren in Berlin, Heidelberg, Riga, Koszalin und Middlebury (USA). In der Reihe Schriften des Bundesarchivs erschien seine Biographie Alfred Webers.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.07.1997

Demokratischer Generalist

Nicolaus Sombart wagte einst in dieser Zeitung eine kühne Prognose: "Ich könnte mir durchaus vorstellen, daß, sagen wir einmal in zwanzig Jahren, wenn kein Mensch mehr weiß, wer Adorno war, die Stunde gekommen sein wird, in der Alfred Weber in seiner wahren Dimension als weiser Seher gewürdigt werden wird." Diese zwanzig Jahre sind jetzt vorbei, und Adorno wird immer noch gelesen, Alfred Weber aber, Sombarts Lehrer, ist eine weitgehend unbekannte Größe geblieben. Der Bruder von Max.

In den fünfziger Jahren war das ganz anders. Alfred Weber wurde als intellektueller Streiter für die Demokratisierung Deutschlands nach dem Krieg gefeiert. Seine Bücher fragten nach dem politischen Versagen der Deutschen nach 1945 und warnten vor dem "vierten Menschen", Webers Metapher für den totalitären Unterdrücker. Er protestierte gegen Absichten, die Bundesrepublik atomar zu bewaffnen und wurde von der KPD ohne sein Wissen als Kandidat für die Bundespräsidentenwahl von 1954 nominiert.

Jetzt wurde er gern von links vereinnahmt. Schon 1950 hatte die Ost-Berliner Akademie der Wissenschaften eine Ergebenheitsadresse an Stalin auch mit Webers Namen unterzeichnet. Er protestierte und verließ die Akademie. Doch vor dem Zweiten Weltkrieg waren es die Konservativen gewesen, die auf Alfred Weber bauten. Er beriet das Kabinett Brüning bei dessen Wirtschaftspolitik und entwickelte die Theorie einer Führerdemokratie. Alles indes nur, um den Bestand der labilen Demokratie im Deutschen Reich zu sichern, zu deren entschiedensten Parteigängern er von Anfang an zählte. Bereits 1918 hatte der Heidelberger Professor für Nationalökonomie die Deutsche Demokratische Partei mitbegründet.

In seinem eigentlichen Metier - Weber hatte bei Gustav Schmoller in Berlin Ökonomie studiert - revolutionierte er mit seiner 1907 erschienenen Standorttheorie die Industriebetriebslehre. Doch öffentliche Aufmerksamkeit erregten vor allem seine politischen und kulturtheoretischen Schriften der Folgejahrzehnte. Alfred Weber wurde zu einem der einflußreichsten Intellektuellen der Weimarer Republik. Dennoch war noch im Frühjahr 1997 kein einziges Buch von ihm lieferbar. In den letzten zehn Jahren lehnten drei namhafte deutsche Verlage eine Neuauflage von Webers Texten ab.

Das hat sich nun geändert. Der Marburger Metropolis-Verlag präsentierte in Heidelberg die ersten beiden Titel einer zehnbändigen Gesamtausgabe, die neben den Hauptwerken zur Standorttheorie und der Kultursoziologie auch die verstreuten Aufsätze und einen Band mit ausgewählten Briefen umfassen wird. Dank eines Zuschusses des ehemaligen Weber-Schülers Walter Witzenmann wird die Ausgabe voraussichtlich bereits in drei Jahren vollständig vorliegen. Wurde von den drei Herausgebern Richard Bräu, Eberhard Demm und Hans G. Nutzinger ursprünglich eher das Konzept eines fotomechanischen Nachdrucks der Originalschriften vertreten, ist man davon bereits im ersten Band abgewichen. Die "Kulturgeschichte als Kultursoziologie" konnte 1935 nur in den Niederlanden erscheinen; 1950 erst wurde sie verändert in der Bundesrepublik aufgelegt. Der Nachdruck im Rahmen der Gesamtausgabe umfaßt erstmals die jeweiligen Varianten und Vorarbeiten, so daß auch die Auseinandersetzung mit dem inneren Emigranten Alfred Weber möglich wird. Der zusammen mit diesem Teil erschienene vierte Band enthält dagegen Webers letzte Publikation, die zusammen mit einigen Schülern verfaßte Sammlung "Einführung in die Soziologie" von 1955.

Verleger und Herausgeber hoffen, daß die Edition Weber wieder ins Bewußtsein derjenigen Disziplinen rücken kann, zu denen er Wichtiges beigetragen hat. Das würde der neuen Ausgabe bereits ein großes Publikum sichern, denn Weber verstand sich als Generalist. Daß diese breiten Interessen der Qualität seiner Arbeiten nicht abträglich waren, verdankt sich der Kompromißlosigkeit des Autors. Er nahm keine Rücksichten auf Moden. Als ihm ein Schweizer Bankier zum Dank für ein Gutachten ein Automobil samt Chauffeur zur Verfügung stellte, sandte Weber ihm nach wenigen Tagen Wagen und Fahrer zurück. Seit er nicht mehr zu Fuß gehe, fühle er sich in seiner persönlichen Freiheit beeinträchtigt. ANDREAS PLATTHAUS

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