Alles, was ich während meines Lebens getan habe, hatte einen Inhalt: beizutragen zur Entstehung einer sozialen Ordnung mit mehr Gerechtigkeit, Chancengleichheit und einem tieferen Empfinden der Solidarität und Brüderlichkeit. Mit diesen Worten beschrieb Alice Salomon (1879-1948) in ihrer Autobiographie ihr Lebensziel. Die freiwillige Tätigkeit in den Berliner Mädchen- und Frauengruppen für soziale Hilfsarbeit hatte ihr um die Jahrhundertwende die Augen für die soziale und materielle Not der Menschen, besonders der Frauen in den nicht-besitzenden Schichten, geöffnet: Der Gegensatz zwischen meinen eigenen Lebensumständen [...]und denjenigen Menschen, unter denen ich arbeitete, überwältigte mich. Ich rebellierte gegen die Ungerechtigkeit und die Ungleichheit der Chancen. Ich wollte zuhause die Bilder von den Wänden nehmen, die Teppiche vom Fußboden, ich wollte die einfachste Kleidung tragen und kein Geld dafür ausgeben.Schnell erkannte Alice Salomon, dass man Menschen im 20. Jahrhundert nicht mehr nur mit dem guten Herzen allein helfen konnte. So gründete sie 1908 die Soziale Frauenschule, den Vorläufer der heutigen Fachhochschulen für Soziale Arbeit. Daneben war Salomon in der deutschen und der internationalen Frauen- und Friedensbewegung aktiv und gründete 1928 die Internationale Vereinigung der Schulen für Soziale Arbeit. 1937 wurde Salomon wegen ihrer jüdischen Herkunft aus Deutschland vertrieben und emigrierte in die USA, wo sie 1948 starb.Mit der hier vorgelegten Biographie macht Carola Kuhlmann deutlich, dass vieles von dem, was Salomon als soziale Bildung und gesellschaftliche Verantwortung für Schwächere eingefordert hat, bis heute ungebrochen aktuell ist.