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Eine Bibliothekarin wird in einem Park in München erschossen, ein Polizist verletzt. Ein Streifenpolizist wird erschlagen am Rande einer rechtsradikalen Demonstration. Zur Aufklärung bietet Friedrich Ani gleich vier Ermittler auf, man kennt sie aus seinen anderen Büchern: Polonius Fischer, Jakob Franck, Tabor Süden sowie Fariza Nasri. Ohne sie wären die Fälle nicht aufzuklären, denn die Vier sehen sich mit einem Kaleidoskop von menschlichem Leid, Rache- und Machtgelüsten, privaten Vorlieben, politischen Umtrieben und gesellschaftlichen Spaltungen konfrontiert, kurz mit einem Kosmos, der die…mehr

Produktbeschreibung
Eine Bibliothekarin wird in einem Park in München erschossen, ein Polizist verletzt. Ein Streifenpolizist wird erschlagen am Rande einer rechtsradikalen Demonstration. Zur Aufklärung bietet Friedrich Ani gleich vier Ermittler auf, man kennt sie aus seinen anderen Büchern: Polonius Fischer, Jakob Franck, Tabor Süden sowie Fariza Nasri. Ohne sie wären die Fälle nicht aufzuklären, denn die Vier sehen sich mit einem Kaleidoskop von menschlichem Leid, Rache- und Machtgelüsten, privaten Vorlieben, politischen Umtrieben und gesellschaftlichen Spaltungen konfrontiert, kurz mit einem Kosmos, der die gesamte Situation nicht nur Deutschlands in nuce widerspiegelt.

All die unbewohnten Zimmer schlägt eine Schneise durch das Gestrüpp der politischen und individuellen Verfasstheit unserer Zeit. Friedrich Ani legt einen ebenso überraschungsreichen Krimi wie abgrundtief bösen Gesellschaftsroman vor. Er lässt uns das Böse und (das nie zu erreichende) Gute neu begreifen.
Autorenporträt
Friedrich Ani, geboren 1959, lebt in München. Er schreibt Romane, Gedichte, Jugendbücher, Hörspiele, Theaterstücke und Drehbücher. Sein Werk wurde mehrfach übersetzt und vielfach prämiert, u. a. mit dem Deutschen Krimipreis, dem Crime Cologne Award, dem Stuttgarter Krimipreis, dem Adolf-Grimme-Preis und dem Bayerischen Fernsehpreis. Friedrich Ani ist Mitglied des PEN-Berlin.
Rezensionen

buecher-magazin.de - Rezension
buecher-magazin.de

Tabor Süden, der stets nach Vermissten forschte, Polonius Fischer, der einstige Mönch, Jakob Franck, der mit den Toten kommuniziert, und die syrischstämmige Fariza Nazri. In seinem neuen Buch hat Friedrich Ani alle seine Ermittler zusammengeführt. Acht Jahre hatte Fariza in der Provinz Strafdienst geleistet, als Polonius Fischer sie zurückholt in seine Truppe "Die Zwölf Apostel". Es ist ein brisanter Fall: Ein Amokschütze hat eine Frau erschossen und einen Polizisten verwundet. Eigentlich eindeutig, doch Fischers Team landet in einem wahren Sumpf aus Korruption, ungeklärten Rätseln und Intrigen und die vier Ermittler ergänzen sich trotz Differenzen. Der Roman ist typisch für Ani: sprachlich sorgfältig, dramaturgisch vielschichtig, mehr ein Gesellschaftsporträt als ein Thriller - und spannend bis zur letzten Szene. Die politisch brisanten Themen, die Ani einfließen lässt - von der Situation der Polizei über Flüchtlinge bis zu den noch immer vorhandenen Gräben zwischen Ost und West - fügen sich mühelos in den Plot. Wie so oft stellt Ani die Frage, die auch sein ehemaliger Mönch nicht beantworten kann: Wo liegt die Grenze zwischen Gut und Böse, zwischen Schuld und Unschuld?

© BÜCHERmagazin, Margarete von Schwarzkopf (mvs)
»[Manche] Details und Milieus findet man nur bei Ani, in dessen Werk nicht der Plot, sondern die Um- und Seitenwege das Ziel sind.« Peter Körte Frankfurter Allgemeine Zeitung 20190701

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.07.2019

Vertrauen in den Geheimdienst?
Krimis in Kürze: Friedrich Ani, Nicholas Searle und Alex Lépic

Mal sehr hypothetisch angenommen, den Lesern dieser Kolumne müsste erklärt werden, wer Friedrich Ani ist, dann ließe sich mit dem Autorenfoto eines freundlich lächelnden Mannes von sechzig Jahren beginnen und mit der Frage, ob diese Heiterkeit womöglich die Grundierung der existentiellen Schwere und der lastenden Düsternis ist, die tief in der Atmosphäre seiner Romane stecken, sich sedimentiert haben in der Sprache, in Sätzen wie "Alles hatte sich verändert, hin zum Vergeblichen; alles verwandelt in ein oberirdisches Grab".

Schwer zu beantworten. Sicher dagegen ist, dass im neuen Roman "All die unbewohnten Zimmer" (Suhrkamp, 496 S., geb., 22,- [Euro]) die Kommissare zusammentreffen, die Anis Werk sein Profil gegeben haben. Tabor Süden und Jakob Franck, beide nicht mehr im Dienst, Polonius Fischer, der ehemalige Mönch, und Fariza Nasri. Solche Konstellationen sind oft ein Zeichen von Ermüdung und schwindenden Ideen. Nicht bei Ani. Ein Polizist ist angeschossen, ein anderer erschlagen worden. Jeder der vier kommt auf seine Art in den Fall, aus einer anderen Richtung, aus wechselnden erzählerischen Perspektiven. Langsam beginnen sich ihre Wege zu kreuzen, aber es bleibt dabei Zeit für andere Figuren, zwei syrische Flüchtlingskinder etwa oder einen abgetakelten Alleinunterhalter von der traurigen Gestalt.

Das München, in dem sich das zuträgt, ist weder glamourös, noch erscheint Italien hier nah. Es ist grau, ärmlich, und die Vororte kennen viele nur vom Streckenplan der S-Bahn; es gibt Pensionen wie die, in der Tabor Süden wohnt, unter lauter Verlorenen, einer von ihnen, der in Stadelheim gesessen hat, baut nun das Gefängnis aus Streichhölzern immer wieder akribisch nach und lädt die Mitbewohner zum Fanal ein. Solche Details und Milieus findet man nur bei Ani, in dessen Werk nicht der Plot, sondern die Um- und Seitenwege das Ziel sind.

Nach Jahren im öffentlichen Dienst, wozu auch Geheimdienste gehören, hat Nicholas Searle vor drei Jahren mit "Das alte Böse" debütiert. Ein kluges, ein schwarzes Buch. Das ist auch "Der Sprengsatz" (Kindler, 304 S., geb., 20,- [Euro]), dessen Originaltitel "A Fatal Game" die Sache besser trifft. Die Sache, das sind ein fatal gescheiterter und ein geplanter islamistischer Anschlag. Ein V-Mann hat sich bei der Simulation eines Attentats in die Luft gesprengt, sein Führungsagent hat ahnungslos zugesehen. Während dieser Jake Winter einem Ausschuss Rechenschaft ablegen muss, arbeitet er schon mit einem neuen V-Mann, der in die Planung eines großen Anschlags involviert ist.

Searle bewegt sich geschickt zwischen den Zeiten, Perspektiven und Schauplätzen. Aus der Welt der Attentäter in die höheren Etagen des Dienstes, durch ein Klima des chronischen Verdachts. Die Choreographie ist stimmig, und die Abfolge der gegenseitigen Erwartungen und Erwartungserwartungen führt dazu, dass man nie festen Grund unter den Füßen hat. Systemvertrauen und Halt durch Institutionen, von denen der Soziologe Niklas Luhmann diesen drohenden Regress ins Unendliche gebremst sah, können sich nicht einstellen, weil die Institution der Geheimdienst ist. Ein in seiner Bodenlosigkeit starkes Buch.

Es ist ja bekannt, dass der Kampa Verlag vor allem gegründet wurde, um ein neues Haus für die erworbenen Rechte am Gesamtwerk des großen Georges Simenon zu errichten. Nun gibt es aber auch Bücher, die gerade dort besser nicht erschienen wären, weil sie umso peinlicher wirken. Nicht schlechter als der deutsche Krimidurchschnitt, nicht ärmer in ihrer Sprache, ihren Ideen, nicht schlichter in ihrer Konstruktion. Aber eben hier, wo auch die Maigret-Romane erscheinen, besonders deplaziert.

In Alex Lépics Roman "Lacroix und die Toten vom Pont Neuf" (Kampa, 272 S., geb., 16,90 [Euro]), bei dem es sich nicht um eine Übersetzung handelt, heißt es gleich auf der ersten Seite ",Oui, Lacroix?' - ,Bonjour, Commissaire.'" So französelt es sich weiter durch den Plot, dann gibt es auch mal - es geht um Morde an Obdachlosen - Uringeruch, "der in der Luft hing wie eine ganz eigene Sehenswürdigkeit", und die Kollegen ziehen Lacroix damit auf, dass er Maigret ähnele. Grund genug haben sie, denn hier misst sich einer völlig ironielos an der alten Figur, ohne auch nur ansatzweise über die literarischen Möglichkeiten zu verfügen. Das ist so, als habe ein Kreisklassespieler ein Ronaldo-Trikot übergezogen und erwarte nun von sich eine entsprechende Leistung auf dem Rasen.

Es soll weitergehen mit Lacroix, diesem piefigen Modernisierungsverweigerer, ist zu lesen. Besser wäre es, man schickte ihn gleich in Pension. Oder schulte ihn um zum mürrischen Kulturkritiker, der das Verschwinden der Telefonzellen und den Niedergang der Esskultur beklagt.

PETER KÖRTE

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