"Toni, Fifi, Minni, Jenny, Dilly, Mizi I und Mizi II, Poldi - schon im zärtlichen Diminutiv liegt eine ganze Welt": Leichtlebigkeit und Lebenslust schwingen mit, aber auch Respektlosigkeit und das beruhigende Wissen, dass der Trennungsschmerz sich in Grenzen halten wird. Arthur Schnitzler schätzt die Mädchen aus der Vorstadt und kann nicht genug von den "Wiener Weiberln" bekommen. "Alle, alle will ich", vermerkt er am 19. März 1896 in seinem Tagebuch. Es sind naiv-erotische Spiel- und Lustobjekte, austauschbar, wenn die Beziehung zu langweilig wird, gleichzeitig aber eifersüchtig gehütet. Der Schriftsteller tobt über ihre Untreue, ergeht sich in wilden Beschimpfungen - die Vorwürfe reichen von "Vorstadtflitscherl" und "Komödiantenhure" bis zur "verdorbensten Kreatur der Welt" - und sogar sadistischen Anwandlungen. Johannes Sachslehner rückt in seiner detaillierten biografischen Studie das Schicksal dieser Frauen in den Mittelpunkt und zeigt, dass sich hinter der sanften literarischen Verklärung in Schnitzlers berühmten Texten eine oftmals erschreckende Realität offenbart.
buecher-magazin.deIm Hinblick auf den Wiener Arzt und Dichter Arthur Schnitzler ist wohl kaum ein Aspekt so auserzählt, wie der des fast schon sprichwörtlichen "Süßen Mädels", um das es Schnitzler angeblich zeit seines Lebens ging. Die Tatsache, dass Schnitzler im echten Leben ein Wiener Jahrhundertwende-Macho war und sich vom Zählen der Orgasmen im Tagebuch bis hin zum, gerade in jungen Jahren, fragwürdigen Umgang mit Frauen allgemein viele wenig rühmliche Dinge geleistet hat, ist bekannt. Insofern fügt Sachslehner dem Bild des Dichters keine neuen Aspekte hinzu, wenn er akribisch jedes noch so unbedeutende Abenteuer beschreibt. Die Tatsache allerdings, dass Schnitzlers Frauenbild sich gerade aus dem Spannungsfeld zwischen Leben und Literatur erst wirklich entfaltet und beurteilt werden kann, kommt im Text viel zu kurz. Das ist gerade deshalb ärgerlich, weil Sachslehner sich in der Einleitung weit aus dem Fenster lehnt und kürzlich erschienene Schnitzler-Literatur in harschem Ton abbügelt. Insgesamt eine eher überflüssige Ergänzung der vielen Regalmeter an Schnitzler-Literatur, die auch als Einführung zum Thema "Schnitzler und die Frauen" wenig taugt, weil sie viel zu vielen Klischees Raum bietet.
© BÜCHERmagazin, Carsten Tergast (ct)
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