Gilles und Geneviève sind ein Paar und lieben beide Carole, die vor allem Gilles liebt, während Geneviève sich mit Bernard tröstet
Inspiriert vom pseudo-skandalösen Erfolg von Roger Vadims Verfilmung der "Liaisons dangereuses" von Choder los de Laclos sowie vom Bestseller "Bonjour Tristesse" der jungen Françoise Sagan, persifliert Michèle Bernstein in ihrem Debütroman von 1960 sowohl de Laclos als auch Sagan.
Das war auf mehreren Ebenen ein Erfolg: als Geldquelle für die radikalste, aber mittellose Avantgarde ihrer Zeit, die Situationisten. In der literarischen Welt provozierte die 28-jährige selbstbewusste Autorin einen Skandal ihr eigentlich als Witz gemeinter Roman zielte gegen die zeitgenössische französische Literatur und den psychologischen Roman, den die Situationisten verachteten.
Und schließlich gibt der Roman auch einen spielerischen Einblick in das Privatleben der Pariser Situationisten. Denn Geneviève ist ein nur flüchtig kaschiertes Alter Ego von Michèle Bernstein selbst, und ihr Mann Gilles ist unschwer als Guy Debord zu erkennen.
"Alle Pferde des Königs" ist ein flirrendes, höchst unterhaltsames und enthüllendes Dokument der Pariser Außenseiter der 50er Jahre.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Inspiriert vom pseudo-skandalösen Erfolg von Roger Vadims Verfilmung der "Liaisons dangereuses" von Choder los de Laclos sowie vom Bestseller "Bonjour Tristesse" der jungen Françoise Sagan, persifliert Michèle Bernstein in ihrem Debütroman von 1960 sowohl de Laclos als auch Sagan.
Das war auf mehreren Ebenen ein Erfolg: als Geldquelle für die radikalste, aber mittellose Avantgarde ihrer Zeit, die Situationisten. In der literarischen Welt provozierte die 28-jährige selbstbewusste Autorin einen Skandal ihr eigentlich als Witz gemeinter Roman zielte gegen die zeitgenössische französische Literatur und den psychologischen Roman, den die Situationisten verachteten.
Und schließlich gibt der Roman auch einen spielerischen Einblick in das Privatleben der Pariser Situationisten. Denn Geneviève ist ein nur flüchtig kaschiertes Alter Ego von Michèle Bernstein selbst, und ihr Mann Gilles ist unschwer als Guy Debord zu erkennen.
"Alle Pferde des Königs" ist ein flirrendes, höchst unterhaltsames und enthüllendes Dokument der Pariser Außenseiter der 50er Jahre.
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buecher-magazin.deDas Leben sollte selbst zum Kunstwerk werden. Das war das Ziel der Situationisten, einer Gruppe linksradikaler Künstler um Guy Debord im Paris der späten 1950er-Jahre. In "Alle Pferde des Königs" macht Michèle Bernstein dieses Leben zu einem Kunstwerk, indem sie es als Roman persifliert. Gilles und Geneviève leben das radikal-romantische Leben der Pariser Bohème. Sie führen eine offene Beziehung, und als Gilles sich länger als üblich mit der naiven Carole einlässt, vertreibt sich Geneviève mit Bernard die Zeit. Lässig-lakonisch rekapituliert Geneviève diese Zeit, erinnert sich an ihre Streifzüge durch die Bars, Partys bei Freunden und die komplizenhafte Freizügigkeit, die sie mit Gilles auslebte. Fasziniert und irritiert von der zeitlosen Unmittelbarkeit dieser Lebenskünstler liest man diesen Roman, der vor über einem halben Jahrhundert erstmals erschien. Und auch wenn man wenig über die situationistischen Hintergründe weiß und deshalb nicht die Autorin selbst und ihren Mann Guy Debord in den Figuren gespiegelt sieht, so spürt man doch einen anarchischen Geist durch den Text wehen, wenn Gilles beispielsweise die Sommer-Clique an der Côte d'Azur als Romanfiguren entlarvt: "Ihr und ich, wir sprechen übrigens alle in knappen, trockenen Sätzen. Wir haben etwas Unfertiges an uns. Genauso sind Romane."
© BÜCHERmagazin, Tina Schraml (ts)
© BÜCHERmagazin, Tina Schraml (ts)
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.07.2015Das Spiel der
Anziehung
Als Michèle Bernsteins „Alle Pferde des Königs“ im Jahr 1960
erschien, soll sie sogar zu einem kleinen Bestseller geworden sein: die Geschichte eines freisinnigen Pariser Paares, das sich auf andere Liebschaften einlässt und einen Sommer im Süden verbringt. Dann verbinden sich die Liebschaften, gehen wieder auseinander, und zurück bleibt das lachende Paar, mit dem die Geschichte begann. Das Vorbild von Choderlos de Laclos ist darin zu erkennen, aber auch der Ton von Françoise Sagan. Das Buch der damaligen Lebensgefährtin des Philosophen und Künstlers Guy Debord ist ein Roman und die Kritik des Romans zugleich. Wer das Nachwort liest, wird danach klüger sein, wer es bleiben lässt, hat möglicherweise zwei Stunden vertrödelt, auf angenehme Weise. THOMAS STEINFELD
Michèle Bernstein: Alle Pferde des Königs. Aus dem Franz. von Dino Beck und Anatol Vitouch. Edition Nautilus, Hamburg 2015. 128 Seiten,
19,90 Euro. E-Book 16,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Anziehung
Als Michèle Bernsteins „Alle Pferde des Königs“ im Jahr 1960
erschien, soll sie sogar zu einem kleinen Bestseller geworden sein: die Geschichte eines freisinnigen Pariser Paares, das sich auf andere Liebschaften einlässt und einen Sommer im Süden verbringt. Dann verbinden sich die Liebschaften, gehen wieder auseinander, und zurück bleibt das lachende Paar, mit dem die Geschichte begann. Das Vorbild von Choderlos de Laclos ist darin zu erkennen, aber auch der Ton von Françoise Sagan. Das Buch der damaligen Lebensgefährtin des Philosophen und Künstlers Guy Debord ist ein Roman und die Kritik des Romans zugleich. Wer das Nachwort liest, wird danach klüger sein, wer es bleiben lässt, hat möglicherweise zwei Stunden vertrödelt, auf angenehme Weise. THOMAS STEINFELD
Michèle Bernstein: Alle Pferde des Königs. Aus dem Franz. von Dino Beck und Anatol Vitouch. Edition Nautilus, Hamburg 2015. 128 Seiten,
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