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Alma Ros entstammt dem musikalischen Adel des Wiens der Jahrhundertwende. Ihre Eltern waren Arnold Ros , Konzertmeister der Wiener Philharmoniker und Leiter des berühmten Ros -Quartetts, und Justine Mahler, Schwester Gustav Mahlers. Der kanadische Musikkritiker Richard Newman zeichnet hier ein eindrückliches Bild dieser komplexen Persönlichkeit zwischen Glamour und Tragödie. Die gründlich recherchierte Biographie verdankt ihren Reichtum der Korrespondenz der Familien Mahler und Ros .

Produktbeschreibung
Alma Ros entstammt dem musikalischen Adel des Wiens der Jahrhundertwende. Ihre Eltern waren Arnold Ros , Konzertmeister der Wiener Philharmoniker und Leiter des berühmten Ros -Quartetts, und Justine Mahler, Schwester Gustav Mahlers.
Der kanadische Musikkritiker Richard Newman zeichnet hier ein eindrückliches Bild dieser komplexen Persönlichkeit zwischen Glamour und Tragödie. Die gründlich recherchierte Biographie verdankt ihren Reichtum der Korrespondenz der Familien Mahler und Ros .
Rezensionen
Zwischen Glanz und Elend
Dies ist die spannende und erschütternde Lebensgeschichte einer begabten jungen Musikerin, die bis zu ihrem Tod im April 1944 die Frauenkapelle im KZ Auschwitz leitete. Alma Rosé war in ihrer Rolle als Chefin des Orchesters nicht unumstritten, galt als ehrgeizig und autoritär. Doch Anita Lasker-Wallfisch, eine Leidensgefährtin, schreibt Jahre später: "Wer von uns überlebte, verdankt es ihr." Sie hat in einer Ausnahmesituation versucht, mit der Musik von Grauen und Elend ein wenig abzulenken. Die Rosé starb zehn Monate nach ihrer Einlieferung an einer Lebensmittelvergiftung. Eine Nahrungskonserve, wie das Orchester ein Privileg in einem Nazi-Lager, war verdorben.
Musikalische Großfamilie
Alma wird 1906 in eine musikalische Großfamilie hinein geboren. Ihr Vater Arnold ist Konzertmeister der Wiener Philharmoniker, die Mutter Justine die Schwester des Komponisten Gustav Mahler. Paten- und Namenstante der jungen Dame wird die schillernde Alma Mahler-Werfel. Sie wird Violinistin, Lehrer ist der Vater. Die weitere Ausbildung übernimmt das Konservatorium. Mit 24 Jahren heiratet sie einen tschechischen Geiger, geht mit ihm auf Tourneen quer durch Europa. Noch erfolgreicher verläuft die Gründung eines reinen Damenorchesters - die "Wiener Walzermädeln". Doch mit dem so genannten Anschluss Österreichs an Nazi-Deutschland wird es für die jüdische Familie lebensbedrohlich. Sie zieht nach England. Alma Rosé muss Geld verdienen und spielt in den Niederlanden, flieht, wird in Frankreich verhaftet und im Juli 1943 nach Auschwitz deportiert.
Eindringliche Biografie
Der kanadische Musikkritiker Richard Newman hat für die Biografie von Alma Rosé 22 Jahre geforscht, nachgefragt und interviewt. "Die Mühe hat sich gelohnt", schreibt die Frankfurter Allgemeine Zeitung. "Denn die Biographie, die Newman gelungen ist, vermittelt ein ebenso eindringliches wie akribisch genaues Bild von Almas Lebensweg."
(Henrik Flor, literaturtest.de)
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Von dieser Biografie der Leiterin des Mädchenorchesters von Auschwitz ist Birgit Weidinger sehr angetan. Sie betont, dass die Lebensbeschreibung von Alma Rose, die 1944 im Konzentrationslager Auschwitz an den Folgen einer Vergiftung starb, sich um "wohlbedachte Distanz" bemüht und sich dabei auf umfangreiche Recherchearbeit stützt. Der Rezensentin macht vor allem Eindruck, dass der Autor zwar auch auf "Verzerrungen und Irritationen" eingeht, die in anderen Berichten über Rose geäußert werden, wie beispielsweise in dem Buch von der Mitgefangenen Fanja Fenelon, in dem sie als "gnadenlose, herrschsüchtige Orchesterleiterin" charakterisiert wird. Doch ergreife Newman weder die Partei seiner Protagonistin, noch versuche er die schwierigen Seiten Roses zu verschweigen, lobt die Rezensentin.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.05.2003

Tod eines Walzermädels
Die makabere Geschichte des Mädchenorchesters Auschwitz
RICHARD NEWMAN / KAREN KIRTLEY: Alma Rosé, Wien 1906 – Auschwitz 1944. Weidle Verlag, Bonn 2003. 500 Seiten. 34 Euro.
Wem die Lager-Kommandantur des Konzentrationslagers Auschwitz- Birkenau das „Privileg” gewährte, im Mädchenorchester zu spielen, dessen Leiterin die Wiener Jüdin Alma Rosé war, der hatte auf fürchterliche Weise Glück im schrecklichsten Unglück. Denn diese Position verschaffte verschiedene Vergünstigungen – und, vor allem, die Aussicht, nicht in der Gaskammer zu enden, solange man im Orchester gebraucht wurde.
Die Geschichte und das Schicksal dieses Mädchenorchesters ist literarisch und filmisch wiederholt behandelt worden; es ist ein Stoff, aus dem Träume und Albträume sind: Mädchen und Frauen konnten sich durch die Liebe zur Musik und ihre musikalischen Aufführungen im KZ für kurze Zeit in eine andere Welt hineinträumen, gleichzeitig sahen sie sich während dieser Auftritte – sie hatten beim Einmarsch der Arbeitskommandos und beim Marsch von Sträflingstrupps in die Gaskammern aufzuspielen – einem widerwärtigen, von pervertierter Mordideologie geprägten Ritual ausgeliefert.
Ein Leben ohne Würde
Aufsehen erregten vor Jahren die Erinnerungen an das Mädchenorchester, welche die Französin Fanja Fénelon, Chansonsängerin und Widerstandskämpferin, schrieb und die 1980 auf Deutsch erschienen. Überlebende des Mädchenorchesters hatten gegen dieses Buch protestiert, weil Fanja Fénelon das verzerrte Bild einer gnadenlosen, herrschsüchtigen Orchesterleiterin Alma Rosé gezeichnet habe.
Die jetzt vorgelegte, ausführliche Biographie über Alma Rosé geht auf alle Verzerrungen und Irritationen ein, ohne selbst Partei zu ergreifen. Mit dieser wohl bedachten Distanz weisen die Verfasser nachdrücklich auf die sehr verständliche Tatsache hin, dass Menschen, die unter den unwürdigsten Bedingungen vor sich hin vegetieren, mutig und hilfsbereit sein, aber eben auch ihre schlechten Seiten nach außen kehren können: Missgunst, Neid, Intriganten- und Denunziantentum.
Ein sehr vielschichtiges Lebensmuster hat Newman nach langen, gründlichen Recherchen zusammengefügt, basierend auf dem Nachlass von Alfred Rosé, dem Bruder Almas, den er in Kanada kennen gelernt hat. Die reichhaltigen Dokumente und Briefe dieses Nachlasses schildern, wie das geliebte Kind einer wegen ihrer Musikalität hochangesehen jüdischen Wiener Familie im KZ untergeht; nur 38 Jahre darf Alma Rosé leben. Ihr Vater Arnold ist Konzertmeister der Wiener Philharmoniker, Leiter des berühmten Rosé-Quartetts, ihre Mutter Justine Mahler die Schwester des Komponisten Gustav Mahler. Ihre Patentante heißt Alma Mahler-Werfel, von der sie ihrenVornamen erhält.
Kindheit, Jugend und Ausbildung der kleinen Alma sind belegt durch die ausführliche Korrespondenz zwischen den Familien Mahler und Rosé, die sich zunächst wie ein unbeschwertes „Who is Who” aus besseren und besten Kreisen liest, wo gesellschaftliche Formen, Familientraditionen und die Geborgenheit eines gehobenen Milieus selbstverständlich und unantastbar zu sein scheinen.
Alma wird als eine eigenwillige kleine Person geschildert, durchsetzungsfreudig, lebensfroh, auch kapriziös, sie entwickelt sich zu einer jungen Frau, die weiß, was sie will und die begabt ist: Als Geigenvirtuosin gründet sie ein eigenes Ensemble, „Die Wiener Walzermädeln”, mit dem sie durch Europa reist. Dem Vater bleibt sie persönlich und musikalisch eng verbunden. Sie heiratet einen bekannten, aus der Tschechoslowakei stammenden Geiger; die Ehe wird später geschieden.
Als sich die politische Landschaft verdüstert und der Anschluss Österreichs folgt, emigrieren Vater und Tochter nach London, die Mutter ist noch in Wien verstorben. Von London aus reist Alma nach Holland, um dort durch Auftritte das dringend benötigte Geld für den Lebensunterhalt zu verdienen. Sie verpasst die rechtzeitige Rückkehr nach London, geht in Holland eine Scheinehe ein, die ihr die Flucht ermöglichen soll, wird in Frankreich verhaftet und nach Auschwitz verbracht. Dort stürzt sie sich voller Besessenheit in die Orchesterarbeit, sie wird ihre Ersatzexistenz, Alma versucht, das Lager mit Hilfe ihrer Musik zu überstehen. Doch schließlich stirbt sie an den Folgen einer Vergiftung.
„Wann glaubst Du, wird es für uns ein Wiedersehen geben? Dieses Nichtleben kann man doch nie mehr nachholen”, schreibt Alma im November 1941 aus Utrecht an ihren Bruder, der in die USA emigriert war. Drei Jahre später ist sie tot, sie erhält keine Chance mehr, dieses „Nichtleben” nachzuholen.
BIRGITWEIDINGER
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.02.2003

Spielen, um nicht den Verstand zu verlieren
Das "Mädchenorchester" von Auschwitz und seine Dirigentin: Richard Newmans Biographie untersucht das Leben der Alma Rosé

Ein Fernsehfilm des amerikanischen Senders CBS über das "Mädchenorchester" im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau sorgte im Jahr 1980 für Aufsehen. Unter dem Titel "Playing for Time" setzte er die Erinnerungen der französisch-jüdischen Widerstandskämpferin Fania Fénelon in Szene, die 1943 von der Gestapo verhaftet und im Januar 1944 der "Lagerkapelle" als Sängerin und Orchestriererin zugeordnet worden war. Die Besetzung der Hauptrolle mit Vanessa Redgrave, die als engagierte Fürsprecherin der "Palestine Liberation Organization" galt, löste während der Dreharbeiten einen Sturm internationaler Proteste aus. Als das Drei-Stunden-Werk dann über die Bildschirme ging, waren die Zeitungen voll des Lobes und die Proteste vergessen.

Leisere Stimmen des Einspruchs hatten von vornherein kaum Resonanz gefunden. Schon Jahre zuvor hatten weitere Überlebende des Auschwitz-Birkenauer Orchesters sich gegen Verzerrungen und Fehler in Fénelons Buch gewandt, das in Deutschland seit 1980 unter dem Titel "Das Mädchenorchester in Auschwitz" bekannt geworden ist. Vor allem die Figur der Violinistin und Leiterin des Ensembles, Alma Rosé, für deren Darstellung im Film die Schauspielerin Jane Alexander sogar mit einem Emmy ausgezeichnet worden war, schien ihnen entstellt. "Das Entsetzen über die groben Verleumdungen fast aller Mitglieder, aber besonders von Alma, war maßlos", erinnert sich Anita Lasker-Wallfisch, die ehemalige Cellistin des Orchesters, in ihrem Vorwort zur jetzt erschienenen deutschen Ausgabe von Richard Newmans Biographie über Alma Rosé. "Alle damals noch bestehenden Verbindungen mit Fania wurden abgebrochen. Es war klar, daß Fania sich nicht nur auf einem Egotrip befand, sondern kurzum ihre eigene Rolle mit der Rolle Almas vertauscht hatte."

Alma Rosé wurde 1906 als Kind einer Familie bedeutender Musiker in Wien geboren. Ihr Vater war Arnold Rosé, Konzertmeister der Wiener Philharmoniker und Leiter des berühmten Rosé-Quartetts. Ihre Mutter, Justine Mahler, war eine Schwester Gustav Mahlers. Arnolds Bruder Eduard, der Cellist des Quartetts, hatte Mahlers Schwester Emma geheiratet. Und Alma erhielt ihren Namen nach dem ihrer Patentante Alma Mahler.

Der Musikkritiker Richard Newman lernte in Kanada Alma Rosés Bruder Alfred kennen, der mit seiner Frau emigriert war und 1946 eine Musikprofessur an der University of Western Ontario im kanadischen London angetreten hatte. Kurz bevor Alfred Rosé 1975 starb, bestimmte er seinen Freund zum Verwalter des Nachlasses, zum Hüter jenes großen Schatzes an Memorabilia der Familie, der heute als Mahler-Rosé-Collection bekannt ist. Ein Hinweis von Henry-Louis de la Grange, dem Doyen der biographischen Mahler-Forschung, er habe Grund, an der Verläßlichkeit von Fania Fénelons Buch zu zweifeln, gab Newman den entscheidenden Anstoß, sich auf Alma Rosés biographische Spuren zu begeben. Fasziniert von der willensstarken, empfindsamen und kultivierten Frau, die ihm aus zahlreichen Briefen und Dokumenten des Nachlasses entgegentrat, forschte er zweiundzwanzig Jahre lang, reiste mehrfach nach Europa, sprach mit ehemaligen Freunden und Bekannten Almas sowie mit Überlebenden, die sie in Auschwitz gekannt haben.

Die Mühe hat sich gelohnt. Denn die Biographie, die Newman gelungen ist, vermittelt ein ebenso eindringliches wie akribisch genaues Bild von Almas Lebensweg, soweit dieser rekonstruierbar ist. Newman zitiert ausgiebig aus dem Briefwechsel zwischen Alma Rosé und ihrem Vater, aus zahlreichen Interviews und Korrespondenzen, die er im Laufe der Jahre geführt hat, sowie aus einer Fülle an Literatur und verliert in diesen Materialmassen dennoch nicht den klaren Blick auf sein Thema. Er entwirft Hypothesen und Deutungen, ohne die keine Biographie zu leben beginnt, und läßt sich dennoch nicht dazu hinreißen, ins Reich der Fiktion abzugleiten. Einer der wesentlichen Vorzüge seines Erzählstils ist Newmans großes Vermögen zur Einfühlung, ohne daß darüber je die Distanz verlorenginge.

Mehr als die erste Hälfte des Buches ist der Zeit vor Alma Rosés Verhaftung im Dezember 1942 gewidmet. Bevor sie sechs Jahre alt war, wußte die kleine Alma schon, daß sie einmal eine große Geigerin werden wollte. Sooft es möglich war, bekam sie von ihrem Vater, den sie über alles bewunderte, noch vor dem Frühstück eine Violinstunde. Je älter sie wurde, desto leidenschaftlicher und eiserner verfolgte sie ihr Ziel. 1930 heiratete sie den tschechischen Geigenvirtuosen Vása Príhoda, mit dem sie einige Jahre lang gemeinsame Konzertreisen unternahm. Sensationellen Erfolg hatte Alma Rosé ab 1932 - in gespenstischer Vorausnahme der ihr in Auschwitz zugeteilten Rolle - als Gründerin eines reinen Damenorchesters. Mit ihren "Wiener Walzermädeln", die neben Polkas, Walzern und Operettenmelodien Arrangements und Virtuosenstücke auf hohem professionellen Niveau boten, tourte sie durch ganz Europa, bis die Auftritte für jüdische Musiker zunehmend schwieriger und schließlich ganz unmöglich wurden. Ein halbes Jahr bevor die Nürnberger Rassengesetze in Kraft traten, aber angeblich ganz unabhängig von ihnen, ließ Príhoda sich scheiden. Alma floh nach dem Tod ihrer Mutter im Mai 1939 mit ihrem Vater nach London, ging dann jedoch aus beruflichen Gründen nach Holland, wo sie noch blieb, nachdem ihre Rückkehrgenehmigung schon abgelaufen war. Bis zu ihrer Verhaftung in Dijon traf sie sogar die wichtigsten Entscheidungen ihres Lebens in riskanter Abhängigkeit davon, ob sie ihrer musikalischen Entfaltung nützten oder im Weg standen. Nach wenigen Monaten im Internierungslager Drancy wurde sie im Juli 1943 nach Auschwitz deportiert. Dort wurde der Unterschied zwischen einem guten und einem mißglückten Spiel plötzlich gleichbedeutend mit dem zwischen Leben und Tod.

An der "Rampe" selektierte man Alma für den Block 10 des Stammlagers Auschwitz, den Experimentierblock des berüchtigten Dr. Josef Mengele, wo sie bei ihrer Ankunft, den Tod vor Augen, um eine Geige gebeten haben soll. Das Instrument wurde über Umwege tatsächlich organisiert, und nach dem Einschluß in den Block begann Alma zu spielen. Es entwickelte sich eine Folge allabendlicher Treffen im Operationssaal, von den Häftlingen "Cabarets" genannt, bei denen sich die Frauen des Experimentierblocks mit Bettlaken oder Handtüchern verkleideten, ihre Nationalhymnen sangen und zu Almas Musik tanzten. Schließlich sprach sich die Anwesenheit einer berühmten Geigerin im Lager herum, und die SS-Kommandantin Maria Mandel wählte sie für ihr bis dahin hoffnungsloses Projekt eines Frauenorchesters aus. Als "Kapo" des Musikblocks in Birkenau setzte Alma Rosé von da an ihre gesamte Überlebenskraft dafür ein, aus einem zusammengewürfelten "Krimskrams-Ensemble", wie sich die Überlebende Hélène Scheps erinnerte, "ein richtiges Orchester zu machen". Im Unterschied zum 1941 gegründeten Männerorchester in Auschwitz bestand die Frauenkapelle überwiegend aus Laien. Zeugenberichte machen deutlich, wie Alma das Orchester in kürzester Zeit auf ein musikalisches Niveau trimmte, das es rasch immer unverzichtbarer erscheinen ließ: als Prestigeobjekt der ehrgeizigen Mandel sowie als perverser "Zufluchtsort" für SS-Personal, das sich zwischen zwei Massenmorden ein paar Takte Sentimentalität gestattete. Die Überlebende Margita Schwalbová berichtet in Newmans Buch, zu den Sonntagskonzerten hätten sich Tausende von Häftlingen in die Nähe des Orchesters gedrängt, um zuzuhören. Für andere war die Musik im Lager ein Gipfel der Perversion: "Walzer, die man anderswo, in einem fernen, ausradierten Leben, gehört hatte. Sie hier zu hören war unerträglich", schrieb Charlotte Delbo. Den Musikerinnen des Orchesters half Almas "Wahn, aus dem Repertoire etwas Perfektes zu machen", nach Lasker-Wallfischs Worten, "nicht den Verstand zu verlieren". Vor allem aber entgingen sie der Gaskammer, solange sie im Orchester gebraucht wurden.

Alma drillte ihre Musikerinnen bisweilen mit unerbittlicher Härte, setzte sich zugleich mit großem Mut für sie ein und stellte der SS gegenüber Forderungen, die den unglaublichsten Erfolg hatten. So sorgte sie dafür, daß der Musikblock einen Heizofen bekam, daß zur Erholung der Musiker eine Mittagspause genehmigt wurde und daß während der Konzerte Ruhe im Publikum herrsche. "Sie war streng, gerecht, niemals unterwürfig und unbeirrbar, sich und uns - allem zum Trotz - nicht entwürdigen zu lassen", erinnert sich Anita Lasker-Wallfisch im Unterschied zu dem von Fénelon gezeichneten Bild einer Tyrannin, die sich aus Angst und Schwäche innerlich auf die Seite ihrer Peiniger geschlagen habe. "Ohne sie", da ist sich Lasker-Wallfisch mit vielen anderen Überlebenden des Orchesters einig, "hätte niemand von uns überlebt."

Alma Rosé starb am 5. April 1944 an Botulismus, einer Lebensmittelvergiftung, die sie nach dem Essen im Zimmer einer Frau Schmidt, "Kapo" der Bekleidungskammer, wahrscheinlich durch eine verdorbene Konserve erlitt. Über ihren Tod kursierten im Lager zahlreiche Gerüchte. Newman legt die verschiedenen Versionen und ihre Wahrscheinlichkeiten genau dar. Mit der gleichen Sorgfalt diskutiert das Buch auch alle anderen, nicht restlos aufklärbaren Stationen der Biographie, wie etwa die genauen Umstände von Almas Flucht aus Holland. Unstrittig ist, daß Alma Rosé, entgegen aller im Lager regierenden Roheit, nach ihrem Tod aufgebahrt wurde, damit Häftlinge wie SS-Offiziere sie ein letztes Mal betrachten konnten. Wahrscheinlich wurde auch eine Autopsie durchgeführt. Ausgerechnet Josef Mengele war es, der sich in Almas letzten Stunden vergeblich um ihre Gesundung bemühte, ihr den Magen auspumpen ließ und eine Laboruntersuchung ihrer Rückenmarksflüssigkeit anordnete, um festzustellen, woran sie erkrankt war. Der Zynismus des Lagers war grenzenlos.

Richard Newman (mit Karen Kirtley): "Alma Rosé. Wien 1906 - Auschwitz 1944". Eine Biographie. Aus dem Englischen übersetzt von Wolfgang Schlüter. Vorwort von Anita Lasker-Wallfisch. Weidle Verlag, Bonn 2003. 500 S., zahlr. Abb., geb., 34,- [Euro].

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