Toblach in Südtirol im Jahre 1910. Seit acht Jahren sind Alma und Gustav Mahler verheiratet, aber es steht nicht gut um die Ehe. Die unterschiedlichen Charaktereigenschaften und Lebensvorstellungen des Paares machen ein gemeinsames Leben fast unmöglich. Alma auf der einen Seite ist eine umschwärmte
junge Frau, die sich am wohlsten in der besseren Gesellschaft in Wien oder New York fühlt. Sie…mehrToblach in Südtirol im Jahre 1910. Seit acht Jahren sind Alma und Gustav Mahler verheiratet, aber es steht nicht gut um die Ehe. Die unterschiedlichen Charaktereigenschaften und Lebensvorstellungen des Paares machen ein gemeinsames Leben fast unmöglich. Alma auf der einen Seite ist eine umschwärmte junge Frau, die sich am wohlsten in der besseren Gesellschaft in Wien oder New York fühlt. Sie möchte feiern und flirten. An Gustav stellt sie vor allem den Anspruch, dass er weiter Erfolg haben und sie im Rampenlicht strahlen lassen soll. Gustav hingegen braucht die Ruhe und Abgeschiedenheit des Landlebens, um komponieren zu können. Er hat konventionelle Vorstellungen von der Ehe, die so weit führen, dass er Alma das Komponieren verboten hat. Er möchte eine Frau, die ihm den Rücken freihält und die er anbeten kann. Kommunikation scheint zwischen den Beiden, besonders seit dem Tod der älteren Tochter 1907 mit gerade mal vier Jahren, nicht mehr möglich.
Und in diesem Sommer 1910 erreicht die Krise einen nächsten Tiefpunkt in Gestalt von Walter Gropius, der kurz zuvor im Kurort Tobelbad eine Affäre mit Alma hatte und nun unangemeldet in Toblach auftaucht. Die Dorfbewohner haben ihre eigenen Vorstellungen davon, wie man mit solchen Gesellen umgeht, und als sie Gustav dazu drängen wollen, Gropius zu einem Duell herauszufordern, scheint eine Katastrophe unausweichlich.
Alma Mahler, bzw. in dem Fall Alma Mahler-Werfel, ist mir kürzlich in dem Thomas-Mann-Roman „The Magician“ von Colm Tóibín begegnet. Sie hat einen nicht gerade sympathischen, aber doch ausreichend interessanten Eindruck bei mir hinterlassen, um mich neugierig auf „Almas Sommer“ von Lenz Koppelstätter zu machen. Es ist Koppelstätters erster Roman, der sich nicht mit seinem Commissario Grauner, sondern historischen Personen beschäftigt, und damit komme ich ohne Umschweifen zu meinem Problem mit diesem Buch. Es ist eigentlich nicht wirklich sinnvoll, Romane miteinander zu vergleichen, aber da „The Magician“ noch so frisch in meiner Erinnerung ist, haben sich mir die Unterschiede automatisch aufgedrängt. Und der wesentliche lag daran, dass ich Tóibín seinen Thomas Mann von vorne bis hinten abgenommen habe. Natürlich ist ein Roman Fiktion, es ist ja nicht möglich und vielleicht auch nicht gewollt, sich nur an der Wahrheit zu orientieren. Aber bei der Lektüre von Tóibín hat diese Frage keine Rolle gespielt, bei Koppelstätter schon. Alma und Gustav haben mich einfach nicht überzeugt, sie wirkten hölzern in ihren Dialogen und unglaubwürdig in ihren Reaktionen. Und dieses Gefühl wurde stärker, je weiter der Roman fortschritt.
Was mir hingegen gut gefallen hat, war das Alternieren der Kapitel zwischen Almas und Gustavs Sicht. Diese Methode hat, besonders im ersten Teil des Romans, ein gelungenes Grundbild eines Ehepaares ergeben, aus dem nicht nur ersichtlich wurde, wie inkompatibel diese beiden Menschen eigentlich sind, sondern auch, wo sie Übereinstimmungen haben, die, wenn sie denn in der Lage gewesen wären, sie zu kommunizieren, das gemeinsame Leben sehr viel einfacher hätte machen können. Sehr schön ist auch die Fähigkeit Koppelstätters, Umgebung und Menschen zu beschreiben, ohne langatmig abzuschweifen. Er hat damit eines der Bücher geschaffen, bei denen man meint, man wäre selbst vor Ort gewesen.
Trotzdem konnte mich „Almas Sommer“ dann am Ende doch nicht ganz überzeugen. Ich habe die Lektüre mit viel Enthusiasmus begonnen, um das Buch dann doch immer öfter aus der Hand zu legen, obwohl es durchaus eine angenehme Lektüre war. Und vielleicht sogar eine, dessen Bilder mich noch länger begleiten werden. Aber auch eine, die mich wegen der oben genannten Kritikpunkte ein wenig unbefriedigt zurückgelassen hat. Die Basis hat für mich gestimmt, die darauf aufgebaute Geschichte nicht. Doch zum Glück liest ja jeder Leser anders und ich wünsche auch diesem Roman viel Erfolg.