Eingewoben in eine spannende Rahmenhandlung, die Orient und Okzident aufeinanderprallen läßt, erzählt Grond die wahre Geschichte jenes Ladislaus Almasy, der durch den Film "Der englische Patient" berühmt wurde, und seine Verstrickung in die politischen Entwicklungen seiner Zeit.
Der junge Produktmanager Nicolas Lemden wird nach Ägypten geschickt, um den neuen "Almasy", ein wüstentaugliches Geländefahrzeug, vorzustellen. Fast schockartig wird er mit der für ihn fremden und doch so faszinierenden Welt Nordafrikas konfrontiert, er verliebt sich in seine Dolmetscherin und gerät zwischen die Fronten gemäßigter und fundamentalistischer islamischer Kreise. Und er erfährt alles über das geheimnisvolle Leben des Mannes, nach dem das neue Fahrzeug benannt ist, eines Mannes, der mit der Geschichte dieser Region eng verbunden ist: Ladislaus Almásy, österreichisch-ungarischer Flugpionier und Abenteurer der dreißiger und vierziger Jahre.Seit Michael Ondaatjes Roman "Der englische Patient" und dem gleichnamigen oscargekrönten Film ist der Name Almásy allgemein bekannt. Das Vorbild für die literarische Figur war ein charmanter Lebemann, Wüstenforscher und - deutscher Agent in Rommels Diensten, der seine Spionagetätigkeit in Nordafrika mit der gleichen spielerisch-ironischen Leichtigkeit zelebrierte wie seine homosexuellen Affären.
Der junge Produktmanager Nicolas Lemden wird nach Ägypten geschickt, um den neuen "Almasy", ein wüstentaugliches Geländefahrzeug, vorzustellen. Fast schockartig wird er mit der für ihn fremden und doch so faszinierenden Welt Nordafrikas konfrontiert, er verliebt sich in seine Dolmetscherin und gerät zwischen die Fronten gemäßigter und fundamentalistischer islamischer Kreise. Und er erfährt alles über das geheimnisvolle Leben des Mannes, nach dem das neue Fahrzeug benannt ist, eines Mannes, der mit der Geschichte dieser Region eng verbunden ist: Ladislaus Almásy, österreichisch-ungarischer Flugpionier und Abenteurer der dreißiger und vierziger Jahre.Seit Michael Ondaatjes Roman "Der englische Patient" und dem gleichnamigen oscargekrönten Film ist der Name Almásy allgemein bekannt. Das Vorbild für die literarische Figur war ein charmanter Lebemann, Wüstenforscher und - deutscher Agent in Rommels Diensten, der seine Spionagetätigkeit in Nordafrika mit der gleichen spielerisch-ironischen Leichtigkeit zelebrierte wie seine homosexuellen Affären.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.03.2003Almásy im zweiten Aufguß
Ein neuer Roman verlinkt den englischen Patienten
"Ihre Bewegungen auf dem Bildschirm zeigten eine junge Frau, die in sich Unterwerfung und Beherrschung vereinte. Mit ihren Hüften zog sie langsam Kreise, stieß ihren Unterleib vor und zurück, brachte ihre reifen Brüste zum Wackeln und hielt dabei die Beine und die Schultern vollkommen ruhig. Seine Kehle war so trocken, daß ihm das Schlucken beschwerlich wurde." Kein Wunder bei so viel Bauchtanzgewackel; auch der Leser verspürt bei dieser Verbalakrobatik bisweilen ein leichtes Würgen. Nicht nur stilistisch wird ihm einiges zugemutet in dem Buch, das vorgibt, die wahre Geschichte des Ladislaus Eduard von Almásy zu erzählen. Als "englischen Patienten" hatte die Nachwelt den verarmten Adligen, den Wüstenforscher und Agenten, den Glücksritter, Piloten und Testfahrer vor Jahren kennengelernt. Dem Roman von Michael Ondaatje war die aufwendige Verfilmung gefolgt, ein Welterfolg, dem die Modeschöpfer bald eine ganze Sommerkollektion widmen sollten. Daß das aber längst noch nicht alles sein konnte, daß irgendwann jemand kommen würde, der die Geschichte abermals zu verwerten sucht, indem er die Aufklärung historischer Hintergründe verspricht, war abzusehen. Und was etwa Raoul Schrott über die Figur in Erfahrung brachte, konnte man durchaus noch mit Gewinn lesen. Was aber der österreichische Schriftsteller Walter Grond jetzt nachreicht, das ist der zweite Aufguß, eine Geduldsprobe, getarnt als Roman und über dreihundert Seiten lang.
Alles beginnt in der Gegenwart. Um einen Geländewagen vorzustellen, reist der Produktmanager Nikolas Lemden nach Ägypten. Unter dem Namen "Almásy" soll der Wagen vermarktet werden. Die arabischen Geschäftspartner sehen das mit gemischten Gefühlen. Einige haben den ungarischen Grafen noch persönlich gekannt; anderen ist er in den Erzählungen ihrer Eltern begegnet, so auch der Dolmetscherin, in die sich Lemden verliebt, der er vom klimatisierten Hotel durch düstere Stadtteile in märchenhafte Paläste nachschleicht. Wie ein Lifestylestreifen aus dem Vorabendprogramm entwickelt sich die Handlung. Von der Präsentation des modischen Offroaders führt sie zurück in die Geschichte. Und wie im Fernsehen werden dabei die Marken ins Bild gerückt. Sicher rollt "der BMW" durch "die Elendsquartiere", wogegen wenig zu sagen wäre - auch Brecht hat Autoreklame gemacht -, wenn es nur bei der liebevoll ironischen Ausmalung dieser Yuppie-Welt bliebe. Doch Walter Grond, ein Literat mit Internet-Erfahrung, hat sich sehr viel mehr vorgenommen. In seinem Hypertext soll alles verlinkt sein, das alte Österreich-Ungarn, aus dem Almásy stammte, mit dem modernen Ägypten sowie mit den Nazis, mit Rommel und mit dem englischen Patienten, der in Wahrheit ein deutscher Spion war und "ein charmanter Lebemann" selbstverständlich.
Von einem "zwischentextlichen Spiel" ist in der Nachbemerkung die Rede. Was ihn vor allem interessiert habe, gesteht der Autor, seien "all die skurrilen bis phantastischen Charaktere und Ereignisse als Momente der Geburt unserer Gegenwart zu fassen und die Form des Romans daraufhin zu befragen". Dem Ausdruck des Satzes entspricht das Ergebnis der Befragung: ein ziemliches Durcheinander. Was immer der Autor an Neuem über Ladislaus Eduard von Almásy herausgefunden haben mag, es muß darin untergegangen sein. Seine "wahre Geschichte" ist die alte, ein verbalakrobatischer Kraftakt, bei dem nicht nur den Figuren die Kehle austrocknet.
THOMAS RIETZSCHEL
Walter Grond: "Almásy". Roman. Haymon-Verlag, Innsbruck 2002. 320 S., geb., 22,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ein neuer Roman verlinkt den englischen Patienten
"Ihre Bewegungen auf dem Bildschirm zeigten eine junge Frau, die in sich Unterwerfung und Beherrschung vereinte. Mit ihren Hüften zog sie langsam Kreise, stieß ihren Unterleib vor und zurück, brachte ihre reifen Brüste zum Wackeln und hielt dabei die Beine und die Schultern vollkommen ruhig. Seine Kehle war so trocken, daß ihm das Schlucken beschwerlich wurde." Kein Wunder bei so viel Bauchtanzgewackel; auch der Leser verspürt bei dieser Verbalakrobatik bisweilen ein leichtes Würgen. Nicht nur stilistisch wird ihm einiges zugemutet in dem Buch, das vorgibt, die wahre Geschichte des Ladislaus Eduard von Almásy zu erzählen. Als "englischen Patienten" hatte die Nachwelt den verarmten Adligen, den Wüstenforscher und Agenten, den Glücksritter, Piloten und Testfahrer vor Jahren kennengelernt. Dem Roman von Michael Ondaatje war die aufwendige Verfilmung gefolgt, ein Welterfolg, dem die Modeschöpfer bald eine ganze Sommerkollektion widmen sollten. Daß das aber längst noch nicht alles sein konnte, daß irgendwann jemand kommen würde, der die Geschichte abermals zu verwerten sucht, indem er die Aufklärung historischer Hintergründe verspricht, war abzusehen. Und was etwa Raoul Schrott über die Figur in Erfahrung brachte, konnte man durchaus noch mit Gewinn lesen. Was aber der österreichische Schriftsteller Walter Grond jetzt nachreicht, das ist der zweite Aufguß, eine Geduldsprobe, getarnt als Roman und über dreihundert Seiten lang.
Alles beginnt in der Gegenwart. Um einen Geländewagen vorzustellen, reist der Produktmanager Nikolas Lemden nach Ägypten. Unter dem Namen "Almásy" soll der Wagen vermarktet werden. Die arabischen Geschäftspartner sehen das mit gemischten Gefühlen. Einige haben den ungarischen Grafen noch persönlich gekannt; anderen ist er in den Erzählungen ihrer Eltern begegnet, so auch der Dolmetscherin, in die sich Lemden verliebt, der er vom klimatisierten Hotel durch düstere Stadtteile in märchenhafte Paläste nachschleicht. Wie ein Lifestylestreifen aus dem Vorabendprogramm entwickelt sich die Handlung. Von der Präsentation des modischen Offroaders führt sie zurück in die Geschichte. Und wie im Fernsehen werden dabei die Marken ins Bild gerückt. Sicher rollt "der BMW" durch "die Elendsquartiere", wogegen wenig zu sagen wäre - auch Brecht hat Autoreklame gemacht -, wenn es nur bei der liebevoll ironischen Ausmalung dieser Yuppie-Welt bliebe. Doch Walter Grond, ein Literat mit Internet-Erfahrung, hat sich sehr viel mehr vorgenommen. In seinem Hypertext soll alles verlinkt sein, das alte Österreich-Ungarn, aus dem Almásy stammte, mit dem modernen Ägypten sowie mit den Nazis, mit Rommel und mit dem englischen Patienten, der in Wahrheit ein deutscher Spion war und "ein charmanter Lebemann" selbstverständlich.
Von einem "zwischentextlichen Spiel" ist in der Nachbemerkung die Rede. Was ihn vor allem interessiert habe, gesteht der Autor, seien "all die skurrilen bis phantastischen Charaktere und Ereignisse als Momente der Geburt unserer Gegenwart zu fassen und die Form des Romans daraufhin zu befragen". Dem Ausdruck des Satzes entspricht das Ergebnis der Befragung: ein ziemliches Durcheinander. Was immer der Autor an Neuem über Ladislaus Eduard von Almásy herausgefunden haben mag, es muß darin untergegangen sein. Seine "wahre Geschichte" ist die alte, ein verbalakrobatischer Kraftakt, bei dem nicht nur den Figuren die Kehle austrocknet.
THOMAS RIETZSCHEL
Walter Grond: "Almásy". Roman. Haymon-Verlag, Innsbruck 2002. 320 S., geb., 22,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
""Eine Geduldsprobe, getarnt als Roman und über dreihundert Seiten lang", verreißt Thomas Rietzschel Walter Gronds Zweitverwertung von Michael Ondaatjes weltberühmtem "Englischen Patienten" - ein schlechter "zweiter Aufguss", wie er schreibt. "Wie ein Lifestylestreifen aus dem Vorabendprogramm" sah der Rezensent sich die Handlung entwickeln, die, wie wir lesen, bei Grond in der Gegenwart beginnt und von dort zurück in die Geschichte führt. Auch hat dieser "Autor mit Interneterfahrung" sich nach Ansicht von Rietzschel etwas zuviel vorgenommen, als er "in seinem Hypertext" das alte Österreich-Ungarn mit den Nazis, mit Rommel und mit dem "englischen Patienten, der in Wahrheit ein deutscher Spion war" zu verlinken. Heraus kam dabei nur "ein ziemliches Durcheinander", ein verbalakrobatischer Kraftakt, bei dem nicht nur den Figuren des Romans die Kehle ausgetrocknet sei.
© Perlentaucher Medien GmbH"
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