Ende der achtziger Jahre. Alois Nebel arbeitet als Fahrdienstleiter an einem kleinen Bahnhof in Bílý Potok, einem abgelegenen Dorf an der tschechoslowakisch-polnischen Grenze, dem früheren Sudetenland. Er ist ein Einzelgänger, der das Sammeln alter Fahrpläne der Gesellschaft von Menschen vorzieht.Doch manchmal legt sich der Nebel über die Bahnstation - und dann sieht er Züge mit Geistern und Schatten aus der dunklen Vergangenheit Mitteleuropas: dem Zweiten Weltkrieg, der Vertreibung der Deutschen, der sowjetischen Besatzung. Alois Nebel wird diese Alpträume nicht los und endet schließlich in einem Sanatorium. Dort lernt er "den Stummen" kennen, der bei dem Versuch, die Grenze zu überqueren, verhaftet wurde. Niemand weiß, warum er nach Bílý Potok gekommen ist oder was er dort sucht, aber er ist es, der Alois Nebel dabei hilft, den Kampf gegen seine Dämonen aufzunehmen.Alois Nebel wurde von Tomás Lunák verfilmt.
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Eindringlich findet Judith Leister diese in Tschechien sehr erfolgreiche und dort im übrigen auch schon verfilmte Graphic Novel im Underground-Stil, in der ein sehr gewöhnlicher Eisenbahner in der tschechischen Provinz von Visionen aus dem "Dritten Reich" heimgesucht und damit "zum Medium einer verdrängten mitteleuropäischen Geschichte" wird. Als erzählerisches Leitmotiv des von Jaromir Svejdik im kantigen Schwarz-Weiß-Stil gezeichneten, von Jaroslav Rudis mit skurrilen Ideen und reizvollen Querverweisen reich gespickten Comics macht die Rezensentin dabei die Eisenbahn aus, die auf vielfältige Weise mit den Haupt- und Nebenfiguren verknüpft sei und sich immer wieder als treibender Erzählmotor erweise. Beiläufig entfalte sich so ein historisches Panorama des einst multiethnischen Tschechiens und der dort ausgefochtenen Konflikte vom 13. Jahrhundert über die Weltkriege und die sozialistische Phase bis zu heutigen Skinhead-Mobs, das Leiser zufolge die Auswirkungen einer "unterdrückten Vergangenheit" auf die Gegenwart gut veranschauliche.
© Perlentaucher Medien GmbH
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"... die erste tschechische Graphic Novel. (...) Verfasser sind zwei junge Kult-Autoren, die quasi aus einer Underground-Perspektive heraus das sperrige Thema der Vertreibung der Sudetendeutschen zu einem düster-schrillen Comic verarbeitet haben." Süddeutsche Zeitung "Mit dem Epos vom Eisenbahner Alois Nebel haben Jaroslav Rudis und Jaromír 99 den Tschechen einen lange verdrängten Teil ihrer jüngeren Geschichte wieder nahegebracht." Frankfurter Allgemeine Zeitung "Mit ihrem düster-melancholischen Gemeinschaftswerk überrascht das Autorenduo (...) mit skurrilen Einfällen und vielen Zitaten aus Kunst-, Literatur- und Filmgeschichte." Neue Zürcher Zeitung "Geschult an literarischen Vorbildern wie Jaroslav Hasek hat Rudis der tschechischen Literatur einen modernen Schwejk geschenkt. Einen warmherzigen Proleten, dem das Leben mehr Weisheit geschenkt hat, als sie die neue studierte Elite je erreichen wird. Vielleicht macht das den einzigartigen Erfolg dieses Comics aus, vielleicht erreicht er deshalb die Herzen von Alt und Jung gleichermaßen." WDR " 'Alois Nebel' ist ein durch und durch hinreißendes Werk." Sächsische Zeitung "... eine so meisterhaft wie liebevoll gebaute Sonderling-Saga." Münchner Merkur