Produktdetails
  • Verlag: Bucher, C J
  • ISBN-13: 9783765841705
  • Artikelnr.: 20840261
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.11.2006

Bücherecke
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Der Sog des Sonderbaren
Zwischen Kitsch und Dynamik: Der Bildband „Alpenblick und Seenland”
Man sagt den Bayern gemeinhin einen Sturschädel nach. Unter dem haben nicht nur Fremde zu leiden, sondern auch Einheimische – immer dann, wenn sie dieausgetretenen Pfade verlassen. Aber auch diese Bayern haben schließlich einen Sturschädel, und so gehen sie unbeirrt ihren Weg, bis auch andere erkennen, dass dieser Weg beileibe nicht in die Irre führt. Bayern können sich durchaus für Neues begeistern, nur eben meist nicht spontan, sondern nach beharrlichem Abwägen.
Der Fotograf Florian Werner und der Autor Robert Hauke stellen in ihrem Bildband „Alpenblick und Seeland” nicht nur „magische Landschaften”, sondern auch „starke Typen” vor. Kauze sind darunter, Sonderlinge wie Karl-Heinz Fett, der an der Isar entlang bei Bad Tölz Steinpyramiden aufschichtet nur um des Aufschichtens willen. Zerstört ein Hochwasser sein Klein-Kairo, beginnt er eben von Neuem. Erst haben ihn die Tölzer für verrückt gehalten. Inzwischen mögen sie ihn und seine Pyramiden. Auch Ida Schmidt, die Jägerin, wird inzwischen akzeptiert in der Männerweltder Jäger.
Werner und Hauke haben es sich zur Aufgabe gemacht, nicht nur die Voralpenlandschaft zwischen Ammersee und Mittenwald abzubilden, sondern überdies in Kurzporträts den Menschenschlag, den dieser Landstrich hervorgebracht hat. Diese sind kaum mehr als Randnotizen, denn im Zentrum stehendoch die Landschaftsfotografien. Und die sind von sehr unterschiedlicher Qualität.
Vor allem die Luftaufnahmen sind schwach, sie lassen die Konzentration auf ein Motiv vermissen. Die Dämmerungsszenen geraten Florian Werner ziemlich kitschig und andere Aufnahmen beschränken sich aufs Postkartenidyll. Die Mehrzahl der Bilder jedoch entwickelt einen Sog. Der entsteht seltener durch dieDynamik der Motive, sondern vielmehr durch eine außerordentliche Ruhe. Beides, Dynamik wie Ruhe, wird stark von den jeweiligen Lichtstimmungen bestimmt.
Unter eine Reihe der zweiseitigen Panoramen haben Werner und Hauke Kalendersprüche gesetzt. Auch die schwanken zwischen Banalem oder Kitsch einerseits und Geistreichem andererseits. Manche haben einen konkreten Bezug zu der auf der Fotografie inszenierten Landschaft. Unter der aus dem Morgennebel hervortretenden Wieskirche zum Beispiel ist der Abt Marianus II. Mayer, Bauherr der Wieskirche, verewigt: „Hoc loco habitat fortuna”, hat er über diesen heiligen Ort gesagt, „hic quiescit cor”, an diesem Orte wohntdas Glück, hier kann das Herz ruhen. Andere Sinnsprüche sind reichlichwillkürlich ausgewählt. Weder dürfte Shakespeare dem Staffelsee noch Thales von Milet dem Murnauer Moos besonders verbunden gewesen sein. Andererseits ist der Tegernsee mehr als nur ein Landstrich aus einem Roman von Ludwig Thoma.
STEFAN FISCHER
FLORIAN WERNER, ROBERT HAUKE: Alpenblick und Seenland. Magische Landschaften und starke Typen im Münchner Süden. J. Berg Verlag, München 2006, 176Seiten, 39,95 Euro.
Steinpyramiden schichtet Karl-Heinz Fett zwischen Wackersberg und Bad Tölz auf. Manche finden ihn deshalb ein wenig verrückt.
Foto: Werner
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.10.2009

NEUE REISEBÜCHER

Für den Tisch Im Untertitel werden "Magische Plätze und starke Typen zwischen Starnberger See und Ammersee" angekündigt, aber die 176 Hochglanzseiten halten das Versprechen leider nur zur Hälfte. Die starken Typen sind zumeist so fad beschrieben und einfallslos porträtiert - "bitte in die Kamera schauen und lächeln" -, dass die Botschaft des Buches zu lauten scheint: Wie schön wäre Bayern bloß ohne die Bayern. Nett anzuschauen sind dagegen die magischen Plätze, die der Bildband "Fünfseenland" zwar ebenfalls ohne große Überraschungen, in ihrer Brachialität aber ganz vorzüglich porträtiert: Kloster Andechs, wie es vor den Alpen allein aus einer apokalyptischen Wolkendecke spitzt; die Isar, wie sie sich fies als grüne Schlange durch die Pupplinger Au windet; die Becken der Loisach-Staustufen bei Weidach, die von oben wie Wasserpuzzle wirken; und das Gedenkkreuz, das im Starnberger See zur Erinnerung an König Ludwig II. steht, und auf dem Bild angsteinflößender wirkt als jedes "Baden verboten"-Schild.

Zwei Jahre haben Florian Werner und Robert Hauke an dem Band gearbeitet, und viel Zeit haben sie wohl im weiß-blauen Himmel verbracht (der freilich auch nicht zu kurz kommt). Die Luftaufnahmen sind sicher die spektakulärsten Bilder des Bandes, sie verhalten sich wie Negative zu den klassischen Insel-Postkarten: Zeigen Karibik-Fotos stets schmucke grüne Eilande inmitten mariner Meersoße, haben die Bayern-Bilder ein viel interessanteres grün-blaues See-Zentrum, umgeben von Äckern, Wald und Wiesen.

So blättert man durch den Freistaat, und auf einmal sitzt da Marianne Sägebrecht auf einer weißen Bank. Gerne hätte man von der ehemaligen Hollywood-Schauspielerin erfahren, wie es ihr denn so ergeht, seit ihre Karriere eingenickt ist und nicht wieder aufgeweckt wurde, aber, wie gesagt, die Porträts sind halt keine Meisterwerke. Sägebrecht aus der Vogelperspektive zu fotografieren wäre übrigens auch eine Idee gewesen.

mwit

Florian Werner / Robert Hauke: "Fünfseenland", Edition Alpenblick und Seenland, 39,90 Euro

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