Nikolaus Heidelbach und Norman Junge, zwei der renommiertesten Illustratoren Deutschlands, liefern sich einen frechen und oft provokanten Dialog über ihr Metier. Alphabetisch sortiert, beziehen die beiden Künstler nicht nur in ihren Bildern, sondern auch in ihren Texten Stellung zu unterschiedlichen Themen aus ihrem Genre.
Von für Illustratoren fast alltäglichen Inhalten wie Aquarelle, Hintergrund und Plastizität bis hin zu Fragen, welches Lob man lieber in der Jauchegrube versenkt oder ob Zwerge die interessanteren Menschen sind, finden Heidelbach und Junge witzige, ironische und oft unerwartete Antworten und Kommentare in ihren Zeichnungen und Antworttexten.
Entstanden ist ein faszinierendes Buch zweier Künstler, die auf ungewöhnliche Art und Weise in bildlichem und textlichem Dialog Einblicke in die Philosophie ihres Berufes geben.
Von für Illustratoren fast alltäglichen Inhalten wie Aquarelle, Hintergrund und Plastizität bis hin zu Fragen, welches Lob man lieber in der Jauchegrube versenkt oder ob Zwerge die interessanteren Menschen sind, finden Heidelbach und Junge witzige, ironische und oft unerwartete Antworten und Kommentare in ihren Zeichnungen und Antworttexten.
Entstanden ist ein faszinierendes Buch zweier Künstler, die auf ungewöhnliche Art und Weise in bildlichem und textlichem Dialog Einblicke in die Philosophie ihres Berufes geben.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Zwei Kinderbuchzeichner, die laut Auskunft des Rezensenten Patrick Bahners unterschiedlicher nicht sein könnten, plaudern aus ihrer Praxis. Genauer: Sie antworten mit kleinen Texten und Zeichnungen auf Fragen zum Stil und zur Machart ihrer Bücher. Bahners ist mit dem Ergebnis, so weit man seiner reichlich verstiegen daher kommenden Prosa zu folgen vermag, nicht recht zufrieden. Die Antworten scheinen ihm oft zu verspielt ausweichend. Geheimnisse, so scheint es, werden hier nicht verraten.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.07.2008Von zweien, die auspackten, um das Zeichnen zu lehren
Das Blatt bleibt in diesem Alphabet unbeschrieben: Nikolaus Heidelbach und Norman Junge in Bild und Wort
Eine schöne Idee, deren Ausführung nur bedingt überzeugt. Nikolaus Heidelbach und Norman Junge, zwei Meister der Bilderbuchmalerei, geben Auskunft über die Mysterien ihres Handwerks. Ein zweistimmiger kleiner Katechismus der Zeichenkunst, alphabetisch sortiert, zweifarbig gedruckt: Junges Angaben blau, Heidelbachs Aussagen rot. Jede Doppelantwort wird mit einem Doppelbeispiel aus dem gedruckten Werk illustriert.
Heidelbach und Junge sind stilistische Antipoden: der eine der Romantiker des unheimlichen Details, der satten Farbigkeit und der verschluckenden Fläche, der zur unmöglichen Berührung verführenden Stoffe und Häute; der andere der Expressionist des verrückten Arrangements, der kalten Farben und der ungerührten Linie, der Marionetten, die in albtraumhaft schlichten Interieurs den Faden verloren haben. Es sollte spannende Kontraste ergeben, wenn man ihnen dieselben Aufgaben stellt. Zum Beispiel die Frage: "Wie verleiht man einer Figur Plastizität?"
Junges Trick: "scheinbare Dreidimensionalität, das heißt, ich kann jemanden von hinten zeichnen, dummerweise erkennt man ihn dann aber nicht von vorn". Mit diesem Witz trifft Junge zwei Merkmale seiner Manier, das konstruktive und das plakative Moment. Seine Figuren sind tatsächlich nicht dazu gedacht, von allen Seiten betrachtet zu werden. Die Erläuterung des Eindrucks von Plastizität auf dem Papier durch fingierte Dreidimensionalität streift allerdings das Tautologische. Heidelbach entzieht sich vollends der aufs Lehrhafte gerichteten Neugier und stilisiert sich zum unscheinbaren Künstlermärchenhelden, dessen Arbeitsinstrument sich verselbständigt: "Man setzt sich ruhig an den Zeichentisch und lässt den Bleistift einen guten Mann sein. Der kann das."
Die Bildauswahl zu diesem Buchstaben ist glücklich: Einem entflammten kubistischen Schweinestall Junges steht Heidelbachs Bildgeschichte vom Dampfmonster gegenüber, zu dem sich der Inhalt eines faulen Eis im Augenblick des Geköpftwerdens auswächst. Bei diesem Wurm, der sich irritiert windet ob seiner Versetzung aus der Schale in einen viereckigen Rahmen, kann man sich vorstellen, dass seine Urform aus der kreisenden Bewegung des kritzelnden Schreibgeräts entstanden ist. Die Redensart vom guten Mann stellt in der spielerischen Übertragung vom Herrgott auf den Bleistift das Strichmenschenmachen als ein Geschehenlassen hin und scheint auch den Kritiker aufzufordern, den Zeichner in Ruhe arbeiten zu lassen. Erst die Illustration führt auf den Gedanken, dass im Zeichenstubenidyll eine methodische Pointe steckt: Die Verlebendigung des Stiftes fasst ins poetische Bild, dass zwischen dem Plastischen und dem Phantastischen im Zeichnen eine ursprüngliche Verbindung besteht.
Das Stichwort "Stift" fehlt in diesem Abc, ebenso "Blatt", "Fleck" und "Linie". Da diese Elemente des Zeichenprozesses übersprungen werden, ist das Buch für Kinder eher nicht zu empfehlen. Zur Nachahmung regt es nicht an. Zwischen mehr oder weniger inspirierten Spruchweisheiten über die Unwägbarkeiten der Inspiration finden sich nur vereinzelte technische Bemerkungen. Leider wurden zu wenige Möglichkeiten gesucht, das eigentlich Zeichnerische zu illustrieren. "Wie bestimmt man die Größe der Figuren?" An dieser Stelle ist es Junge, der nichts verraten will. "Je nach Blattgröße: A3 - A2 - A1 - A0 usw. und so fort." Warum kein Foto, aus dem die Formatverhältnisse von Junges Blättern hervorgehen? Heidelbachs Maßregeln sind klassisch: "Durch Augenmaß und Umgebung. Innere Größe durch Ausdruck." Absolut schlagend dazu und tief rührend, den Topos mit Leben füllend, aus "Was machen die Jungs?" der auf dem Friedhof Probe liegende Uwe.
Das Vorwort ist wohl so zu verstehen, dass der Herausgeber die Bilder ausgewählt hat, deren Quellen nicht ausgewiesen werden. Meistens wird das verhandelte Problem nur metaphorisch bebildert. Junges Mann, der mit einem Käscher Fische und Buchstaben fängt, ist selbst kein Beispiel für den Einklang von Text und Bild. Wahrscheinlich konnte die Buchstabenbildersuppe dieses Buches nicht nahrhafter sein. Zauberzeichner verraten ihre Geheimnisse nicht.
PATRICK BAHNERS
"Alphabet mit Zeichnern". Die Schönen und die Biester von Nikolaus Heidelbach und Norman Junge. Herausgegeben von Thomas Linden. Greven Verlag, Köln 2008. 128 S., geb., 19,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Das Blatt bleibt in diesem Alphabet unbeschrieben: Nikolaus Heidelbach und Norman Junge in Bild und Wort
Eine schöne Idee, deren Ausführung nur bedingt überzeugt. Nikolaus Heidelbach und Norman Junge, zwei Meister der Bilderbuchmalerei, geben Auskunft über die Mysterien ihres Handwerks. Ein zweistimmiger kleiner Katechismus der Zeichenkunst, alphabetisch sortiert, zweifarbig gedruckt: Junges Angaben blau, Heidelbachs Aussagen rot. Jede Doppelantwort wird mit einem Doppelbeispiel aus dem gedruckten Werk illustriert.
Heidelbach und Junge sind stilistische Antipoden: der eine der Romantiker des unheimlichen Details, der satten Farbigkeit und der verschluckenden Fläche, der zur unmöglichen Berührung verführenden Stoffe und Häute; der andere der Expressionist des verrückten Arrangements, der kalten Farben und der ungerührten Linie, der Marionetten, die in albtraumhaft schlichten Interieurs den Faden verloren haben. Es sollte spannende Kontraste ergeben, wenn man ihnen dieselben Aufgaben stellt. Zum Beispiel die Frage: "Wie verleiht man einer Figur Plastizität?"
Junges Trick: "scheinbare Dreidimensionalität, das heißt, ich kann jemanden von hinten zeichnen, dummerweise erkennt man ihn dann aber nicht von vorn". Mit diesem Witz trifft Junge zwei Merkmale seiner Manier, das konstruktive und das plakative Moment. Seine Figuren sind tatsächlich nicht dazu gedacht, von allen Seiten betrachtet zu werden. Die Erläuterung des Eindrucks von Plastizität auf dem Papier durch fingierte Dreidimensionalität streift allerdings das Tautologische. Heidelbach entzieht sich vollends der aufs Lehrhafte gerichteten Neugier und stilisiert sich zum unscheinbaren Künstlermärchenhelden, dessen Arbeitsinstrument sich verselbständigt: "Man setzt sich ruhig an den Zeichentisch und lässt den Bleistift einen guten Mann sein. Der kann das."
Die Bildauswahl zu diesem Buchstaben ist glücklich: Einem entflammten kubistischen Schweinestall Junges steht Heidelbachs Bildgeschichte vom Dampfmonster gegenüber, zu dem sich der Inhalt eines faulen Eis im Augenblick des Geköpftwerdens auswächst. Bei diesem Wurm, der sich irritiert windet ob seiner Versetzung aus der Schale in einen viereckigen Rahmen, kann man sich vorstellen, dass seine Urform aus der kreisenden Bewegung des kritzelnden Schreibgeräts entstanden ist. Die Redensart vom guten Mann stellt in der spielerischen Übertragung vom Herrgott auf den Bleistift das Strichmenschenmachen als ein Geschehenlassen hin und scheint auch den Kritiker aufzufordern, den Zeichner in Ruhe arbeiten zu lassen. Erst die Illustration führt auf den Gedanken, dass im Zeichenstubenidyll eine methodische Pointe steckt: Die Verlebendigung des Stiftes fasst ins poetische Bild, dass zwischen dem Plastischen und dem Phantastischen im Zeichnen eine ursprüngliche Verbindung besteht.
Das Stichwort "Stift" fehlt in diesem Abc, ebenso "Blatt", "Fleck" und "Linie". Da diese Elemente des Zeichenprozesses übersprungen werden, ist das Buch für Kinder eher nicht zu empfehlen. Zur Nachahmung regt es nicht an. Zwischen mehr oder weniger inspirierten Spruchweisheiten über die Unwägbarkeiten der Inspiration finden sich nur vereinzelte technische Bemerkungen. Leider wurden zu wenige Möglichkeiten gesucht, das eigentlich Zeichnerische zu illustrieren. "Wie bestimmt man die Größe der Figuren?" An dieser Stelle ist es Junge, der nichts verraten will. "Je nach Blattgröße: A3 - A2 - A1 - A0 usw. und so fort." Warum kein Foto, aus dem die Formatverhältnisse von Junges Blättern hervorgehen? Heidelbachs Maßregeln sind klassisch: "Durch Augenmaß und Umgebung. Innere Größe durch Ausdruck." Absolut schlagend dazu und tief rührend, den Topos mit Leben füllend, aus "Was machen die Jungs?" der auf dem Friedhof Probe liegende Uwe.
Das Vorwort ist wohl so zu verstehen, dass der Herausgeber die Bilder ausgewählt hat, deren Quellen nicht ausgewiesen werden. Meistens wird das verhandelte Problem nur metaphorisch bebildert. Junges Mann, der mit einem Käscher Fische und Buchstaben fängt, ist selbst kein Beispiel für den Einklang von Text und Bild. Wahrscheinlich konnte die Buchstabenbildersuppe dieses Buches nicht nahrhafter sein. Zauberzeichner verraten ihre Geheimnisse nicht.
PATRICK BAHNERS
"Alphabet mit Zeichnern". Die Schönen und die Biester von Nikolaus Heidelbach und Norman Junge. Herausgegeben von Thomas Linden. Greven Verlag, Köln 2008. 128 S., geb., 19,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main