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Keine Galaxis zwischen Mars und Venus Auch wenn sie einander scheinbar nie verstehen: Männer und Frauen stammen keineswegs von verschiedenen Planeten, die Kluft zwischen den Geschlechtern ist überbrückbar. Das jedenfalls meinen Samuel Shem und Janet Surrey und entwerfen in ihrem Buch ein erfrischend unkonventionelles Konzept zur Klärung und Aufarbeitung von Beziehungskonflikten.

Produktbeschreibung
Keine Galaxis zwischen Mars und Venus
Auch wenn sie einander scheinbar nie verstehen: Männer und Frauen stammen keineswegs von verschiedenen Planeten, die Kluft zwischen den Geschlechtern ist überbrückbar. Das jedenfalls meinen Samuel Shem und Janet Surrey und entwerfen in ihrem Buch ein erfrischend unkonventionelles Konzept zur Klärung und Aufarbeitung von Beziehungskonflikten.
Autorenporträt
Samuel Shem, eigentlich Stephen Bergman, ist Professor für Psychiatrie an der Harvard Medical School. Er lebt mit Frau und Tochter in Boston.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.11.1999

Stefanie kann ohne ihren Muskatnusstee nicht beben
Aber das will sie und das muss sie, und darum soll sie lesen: Bericht zur Lage der Liebe / Von Dirk Schümer

Die Geschichte verändert unsere Lebensverhältnisse, unser Denken, die Sexualität bleibt immer gleich. Wären wir, wenn es sich anders verhielte, überhaupt auf die Welt gekommen? Im Alten Orient, der frühesten Hochkultur, die uns schriftliche Botschaften überliefert hat, erblicken wir bereits das vertraute Bild des abendländischen Patriarchats: Die Männer treiben sich am Stadtrand in Bordellen herum, ungetreuen Ehefrauen dagegen darf der Gemahl straflos die Nase abschneiden.

Den Texten zufolge, die Volker Haas in seinem hochinteressanten "Babylonischen Liebesgarten" vorstellt, befassten sich die Mesopotamier nicht anders als die wieder vereinigten Deutschen andauernd mit der Liebe. Besonders verbreitet waren "Beischlaf-Omina", mit deren Hilfe die Folgen aller möglichen Arten von Sex ventiliert werden. "Wenn ein Mann", so heißt es in dieser frühen Schule der Sexualtherapie, "ständig die Vagina seiner Frau anstarrt, so wird sein Wohlbefinden gut sein; er wird seine Hand auf Dinge legen, die nicht die Seinigen sind." Solche Vorhersagen werden durch den Gegenbefund nicht weniger rätselhaft: Die Frau, die wohlgefällig das Geschlecht ihres Mannes betrachtet, bringt Pech über den Hausstand.

Was Haas aus alten Keilschriften zutage fördert, ist also dieselbe Ungewissheit, die uns bis heute beschäftigt: Wie körperliche und zuweilen sogar seelische Liebe überhaupt zu bewältigen sei. Ishtar war eine lebensfrohe Göttin ("die mit der schönen Vulva"), die sogar als Freudenmädchen wirkte, doch nicht einmal der verbürgte Brauch der Tempelprostitution lässt sich genau erklären. Warum städtische Töchter sich zu Ehren der Göttin jedem Dahergelaufenen gegen ein Trinkgeld hinzugeben hatten, ob es da keine Ausnahmen gab, was an dieser Handlung religiös zu verstehen ist und ob sich die Faszination für diesen Kult nicht eher der Phantasie prüderer Römer, Griechen und viktorianischer Historiker verdankt - wir wissen es nicht.

Die Sorgen mit der kulturellen Einbettung der biologischen Bedürfnisse beschäftigen von den babylonischen Omendeutern bis zu den heutigen Paartherapeuten derart viele Ratgeber, dass man meinen möchte: Sex war immer ein gewaltiges Problem; und die menschliche Kultur ist nicht wegen, sondern trotz der Sexualität einigermaßen über die Runden gekommen. Und so kann das lustvolle Buch des Autorenkollektivs Schwarz/Schweppe/Pfau über "Aphrodisiaka" nicht ganz verhehlen, dass eine von selbst funktionierende Geschlechtlichkeit all der vielen Tricks gar nicht bedürfte. Hinter jedem Trank, jeder Salbe, jeder Massagetechnik, die sie loben, steht ein Problem. Im Ganzen stellt das durchaus professionelle und gut gemeinte Buch derart vielfältige Methoden vor, dass Ratsuchende jahrelang mit der Aufarbeitung beschäftigt sein werden. Dass neben ganz oder halb verbotenen Drogen ("nicht dabei erwischen lassen") sogar das zermahlene Blütenpulver von Zierpflanzen wie der Engelstrompete das erotische Bewusstsein erweitern, dass die reizspendende Muskatnuss "Monoterpenkohlenwasserstoffe, oxidierte Monoterpe sowie Phenylpropanderivate" enthält, dass auch der Rauschpfeffer (Piper methysticum) probiert sein will - wer Liebe als Chemie begreift, kommt auf seine Kosten.

Merkwürdigerweise preisen die Autoren bei ihrem philanthropischen Dopingprogramm wiederholt "das gute Glas Wein", ein Löffelchen Quittengelee oder gar die Sellerie. Wenn's so einfach ginge, wozu haben sich dann die kundigsten Prostituierten der Vereinigten Staaten derart viel Mühe mit dem Kochen von Liebesmählern gemacht? Jo Foxworth streut in "Kulinarische Verführung", der Geschichte des amerikanischen Bordellwesens, allerhand "sinnliche Menüs" ein. Jedoch weniger als von den angebotenen Speisen ist der Leser überrascht von der Delikatesse, mit der in den vermeintlich puritanischen Staaten die Etablissements organisiert waren. So profitierte etwa der legendäre "Beehive" (Bienenstock) in Los Angeles um die Jahrhundertwende von seiner exzellenten Küche; in Chicago boomte ein Bordell, das rund um die Uhr drei Spitzenköche beschäftigte.

Deutschland, das intellektuelle zumal, stand da weit zurück. Renate Müllers Recherchen zur "sexuellen Sozialisation der akademischen Jugend im Biedermeier" führen uns ein in eine freudlos derbe Welt. Das verdienstvolle Werk hat aus Autobiographien und Briefen die Gefühlsverwirrung herausgearbeitet, in welche die angehenden Akademiker des Vormärz hineinwuchsen. Romantisch verliebt in ein gleichaltriges Bürgermädchen, an das sie als Habenichtse nicht herankamen, vertrieben sie sich auf proletarischen Tanzböden die Zeit oder ließen sich gar von fidelen Zimmerwirtinnen aushalten, bevor sie dann als Assessor oder Studienrat ein argloses Teenagermädchen zugeführt bekamen. Sexuelle Erfüllung, so folgern einige Autobiografen resigniert, bietet nur das hohe Alter.

Mit gutem Grund leitet Renate Müller den Siegeszug des deutschen Idealismus aus derart tristen Erotikverhältnissen ab: Wer sich nicht amüsieren durfte, der steigerte sich in geistige Ideale hinein. Mario Perniolas Traktat "Der Sex-Appeal des Anorganischen" wirkt dagegen nur auf den ersten Blick handfester. In Wahrheit handelt es sich um einen hochspekulativen Text aus der poststrukturalistischen Schule. Um das inkriminierte Subjekt, Wurzel aller Lustfeindlichkeit, auszulöschen, empfiehlt Perniola, Ästhetikprofessor zu Rom, sich als Ding empfinden zu lernen: Es sei heute "Sache des Philosophen, die Größe und Würde einer Sexualität ohne Leben und ohne Seele zu proklamieren; es ist seine Verantwortung zu sagen, dass das Reich der Dinge nicht der Triumph von Technik und Kapitalismus als vielmehr das Imperium einer Sexualität ohne Orgasmus ist". Viel konkreter wird Perniola leider nicht. Und so erfahren wir - außer vom Abscheu des Autors gegen jede Form des Orgasmus - wenig. Die weitschweifigen Einsichten erinnern an Michel Foucaults Feier der anonymen Sexualität in den Darkrooms - eine Techno-Mystik, die schon Wagner in einem hübschen Zweizeiler auf den Punkt brachte: "Unbewusst - höchste Lust!"

Eine solche anorganische Sexualität, wie immer sie denn im Detail praktiziert würde, ist für Karl Pongracz des Teufels. Dieser Kernphysiker und Katholizismuskritiker reißt "die Masken der Potenz" herunter und prophezeit das "Ende des Kampfes der Geschlechter". Pongracz' Vision erinnert dann aber leider doch nur an den altbekannten Kuschelsex. Die Machtfrage zwischen den Geschlechtern löst er auf modische Weise: durch Machtverzicht der männlichen Machthaber. Erst wenn sich die Männer zum "Ganzheitssex" bekehren, wird die Liebe siegen - ein recht altbackenes Reformprogramm, das ja auch bei der Beseitigung der Eigentumsunterschiede schon danebengegangen ist.

Dazu kommt der Verdacht, dass die meisten Frauen mit der kuschligen Vision des Autors gar nicht sonderlich zufrieden wären, weil Pongracz' Spielart der Sexualität ohne Aggression, Machtspiele und Heftigkeit eher einem gemütlichen Brettspiel mit der ganzen Familie gleichzukommen droht. Weil Sexualität Differenzen und gegenseitige Unkenntnis braucht, um überhaupt in Gang zu kommen, ist mit der Beseitigung der Differenzen erst einmal nicht viel gewonnen - außer zahmem Frieden.

Da kann auch Jean-Claude Guillebaud nicht weiterhelfen, indem er die ganzen Facetten der Sexualhistorie und der erotischen Philosophie von der Antike bis heute noch einmal durchnimmt. Es überrascht daher nicht, dass seine "Tyrannei der Lust" ein etwas einschläferndes Buch geworden ist. Guillebaud scheint nicht so sehr von der Lust tyrannisiert zu werden als von der Geschwätzigkeit des Intellektuellen. So läuft denn sein Parcours von Plato bis zu Wilhelm Reich und den immer wieder gern genommenen Klassikern Lacan, Barthes und Foucault nach gut vierhundert Seiten auf ein flaumweiches Ideal künftiger Sexualität hinaus: die gute alte Ehe und "die freie und gemeinsame Verantwortung von Mann und Frau, die sich die Aufgabe gesetzt haben, diesen aufmerksamen Dialog kontinuierlich fortzuführen".

Doch genau da fangen für die meisten - ob Mesopotamier oder Postmoderne - die sexuellen Sorgen ja erst an. Was tun, damit der aufgeklärte, machtneutrale Alltag nicht direktemang in die Tyrannei der Lustlosigkeit führt? Mit noch so viel Belesenheit kann man nämlich nicht um das Faktum herumphilosophieren, dass der Alltag mit Arbeit, Transport, Haushalt, Kindern und Geselligkeitspflichten einem gegenwärtigen Paar für den leidenschaftlich-romantischen Sexualdiskurs, der ihnen täglich vorgemacht wird, schlicht weder Zeit noch Raum lässt. In diesen Zwiespalt zwischen vollkommen sexualisierter Medien- und Konsumwelt einerseits und einer freudlosen Organisation des Arbeits- und Familienalltags andererseits haben sich Millionen von Wohlmeinenden längst laviert.

Hier entziehen wir darum den verbosen Denkern das Wort und lassen erfahrene Therapeuten sprechen. "Über die Kunst, ein Paar und Mann und Frau zu sein - auch mit Kindern" lautet der komplizierte Untertitel des Ratgebers "Wie die Liebe bleibt". Das australische Psychologenpaar Steve und Sharon Biddulph zieht eine erschöpfende Bilanz des modernen Familienlebens, erzählt von überforderten Eltern, gluckenhaften Müttern, von der Karriere ausgelaugten Vätern, anstrengenden Kindern und kommt zu dem Schluss: "Liebe ist Schwerstarbeit." Darum darf sich kein Partner als Faulpelz erweisen, schon die Organisation eines intimen Beisammenseins erfordert logistische Findigkeit, wie die Autoren anhand einer Checkliste vorführen.

Nachdem das Kleinkind in den Nebenraum verfrachtet, das Schlafzimmer mit einer Duftlampe vom Windelgestank befreit wurde, die anderen Kinder zu Bett geschickt sind, soll trotz aller Mühsal kein Ehepartner allzu große Hoffnungen hegen: "Du kochst Tee, und ich massiere dich, könnte ein Vorschlag lauten." Und sollte es tatsächlich einmal zum Äußersten kommen, dann haben die Biddulphs einen exquisiten Rat parat: "Unmittelbar vor Erreichen des Orgasmus sollte man aussetzen und ungefähr eine Stunde lang etwas anderes tun." Im Haushalt ist bis dahin wahrscheinlich genug Arbeit angefallen.

Wohl nur ein abgehärtetes Elternpaar bringt den verzweifelten Optimismus auf, den man zum Schreiben eines Ratgebers wie "Alphabete der Liebe" benötigt. Die Amerikaner Samuel Shem und Janet Surrey buchstabieren darin die Frohbotschaft, "warum Mann und Frau doch zusammenpassen". Tatsächlich bietet auch dieses Resümee jahrelanger Partnertherapie eine Blütenlese der Missverständnisse. Dialoge über die Entscheidung, in welches Restaurant man gehen möchte, über eine Autoreparatur oder einfach nur übers Wetter ("Mir ist kalt" - "Es ist aber nicht kalt") lassen sich als hohe Schule des Aneinander-vorbei-Redens genießen.

Es hapert also an der Kommunikation, die für Liebende doch eigentlich kein Problem sein sollte. Doch Männer schweigen, weil sie Zeit zum Entwickeln ihrer Gefühle benötigen; Frauen reden, weil sie dabei die Gefühle bestätigen wollen. Männer wollen eine rätselhafte Verführerin, Frauen wollen den Mann durchschauen. Männer wollen Sex, um die Beziehung zu erleben, Frauen müssen die Beziehung erleben, um sich auf Sex überhaupt einzulassen. Der Stoßseufzer eines Gewährsmannes, der seiner Frau zu unsensibel war, kommt da wenig überraschend: "Sex ist etwas Unkompliziertes, wirklich Einfaches." Ist es aber nicht, denn warum sonst wäre der Mann dann beim Therapeuten gelandet? Um die offenkundige Inkompatibilität der Geschlechter wenigstens halbwegs zu harmonisieren, schlagen die Autoren vor, "das sexuelle Wir" zu entwickeln. Der Tenor ist vertraut: Zeigt eure Gefühle, stimmt euch aufeinander ab wie hochsensible Instrumente, dann wird es schon klappen. Diese Beschwörungsformel wird bestenfalls der Partnertherapie einen Boom bescheren.

Georg Felsers "Bin ich so, wie du mich siehst?" ist gegenüber so viel Pathos von anderem Kaliber. Der Verhaltensforscher erzählt uns von den ethologischen Konstanten der Partnerwahl, vom simpel Reflexhaften so mancher Entscheidung, die danach ein Leben lang halten soll. Aus seinem Buch ist wenig für die eigene Lebenskrise zu lernen, denn es geht hier um den Mittelwert aller Leidenschaft. "Verfügbarkeit macht sympathisch", behauptet Felser. Und das könnte stimmen; nur Idioten machen sich an Liebespartner heran, die nicht zu haben sind.

Aber geschieht nicht Millionen Mal ebendies? Verlieben sich nicht immer wieder Menschen in Menschen, zu denen sie nicht passen, die ihnen nicht einmal sympathisch sind, von denen sie kaum bemerkt werden? Rätsel über Rätsel, die auch die ausgefuchsten Psychologen und Biologen nicht lösen können. "Dominante Personen", weiß Felser, fühlen sich vielleicht wohler, wenn die Person, die sie dominieren, selbst dominant ist." Vielleicht aber auch nicht. Der Fremde, sagt Karl Valentin, ist nur in der Fremde fremd. Und die Statistik ist, wie folgende Einsicht lehrt, keine Lehrmeisterin der Liebe: "Überdurchschnittlich schöne Frauen haben auch überdurchschnittlich große Männer." Wie man indes als durchschnittlich großer Mann an eine überdurchschnittlich schöne Frau herankommt und mit ihr glücklich wird - das kann auch in diesem Jahrgang kein Liebesbuch erklären.

Damit wären wir wieder bei den Mesopotamiern. Die Weisheit des Alten Orients lehrt uns, dass die Frage nach der Liebe vielleicht erst mit dem Tod beantwortet ist. Gemäß dem Gilgamesch-Epos, das diese tröstlichste aller Todesvisionen überliefert, befindet sich an der Grenze zwischen Diesseits und Jenseits ein Wirtshaus. Eine wunderschöne Kellnerin erklärt dort jedem Gestorbenen den Sinn des Lebens: "Feiere täglich ein Freudenfest! Tanze und spiele bei Tag und Nacht! Die Gattin freue sich auf deinem Schoß." Aber dann ist es zu spät.

Volker Haas: "Babylonischer Liebesgarten". Verlag C. H. Beck, München 1999. 208 S., 10 Abb., 1 Karte, geb., 39,80 DM.

Aljoscha Schwarz, Ronald Schweppe, Wolfgang Pfau: "Aphrodisiaka". Natürliche Geheimnisse für Lust und Liebe. Hüthig Verlag, Heidelberg 1999. 123 S., Abb., br., 24,80 DM.

Jo Foxworth: "Kulinarische Verführung". Sinnliche Menüs aus amerikanischen Etablissements mit Rezepten von Jeanne Bauer. Ehrenwirth Verlag, München 1999. 239 S., Abb., Samteinband, geb., 48,- DM.

Renate Müller: "Ideal und Leidenschaft". Sexuelle Sozialisation der akademischen Jugend im Biedermeier. Dietrich Reimer Verlag, Berlin 1999. 440 S., br., 58,- DM.

Mario Perniola: "Der Sex-Appeal des Anorganischen". Aus dem Italienischen von Nicole Finsinger. Verlag Turia + Kant, Wien 1999. 200 S., br., 42,- DM.

Karl Pongracz: "Die Masken der Potenz". Vom Ende des Kampfes der Geschlechter. Edition Va Bene, Klosterneuburg 1999. 230 S., geb., 41,- DM.

Jean-Claude Guillebaud: "Die Tyrannei der Lust". Sexualität und Gesellschaft. Aus dem Französischen von Barbara Schaden. Luchterhand Verlag, München 1999. 479 S., br., 49,80 DM.

Steve und Sharon Biddulph: "Wie die Liebe bleibt". Über die Kunst, ein Paar und Mann und Frau zu sein - auch mit Kindern. Beust Verlag, München 1999. 219 S., Abb., geb., 36,- DM.

Samuel Shem, Janet Surrey: "Alphabete der Liebe". Warum Mann und Frau doch zusammenpassen. Aus dem Amerikanischen von Maren Klostermann. Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 1999. 357 S., geb., 39,80 DM.

Georg Felser: "Bin ich so, wie du mich siehst?" Die Psychologie der Partnerwahrnehmung. Verlag C. H. Beck, München 1999. 179 S., br., 19,90 DM.

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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Eugenie Bott fallen zwei Tendenzen in den jüngsten Beziehungsratgebern auf: Man spricht wieder von Liebe und davon, dass Männer und Frauen doch zusammen passen. Klar sei aber auch, dass die angebotenen Konzepte "in immer kürzeren Abständen überholt und durch neue ersetzt" würden. Rogers` Gesprächstherapie gelte als out, und die Ich- und Du-Botschaften hätten sich eindeutig als zu simpel herausgestellt. Liebe ist machbar, heiße die neue Devise, aber wieder mal, behauptet Bott, "geht die Liebe durch den Kopf".
1) John M. Gottmann: "Die 7 Geheinmnisse der glücklichen Ehe"
Seinem Namen alle Ehre machend, führe sich der Autor tatsächlich wie ein Gott auf, spottet Bott, als Herrscher und Lenker von 51 Paaren, die er im Labor beobachtet hat. Aus seinen empirischen Untersuchungen ziehe der amerikanische Wissenschaftler jedoch höchst unwissenschaftliche Erkenntnisse; auch Statistiken kämen bei Gottmann zuhauf vor, die völlig willkürlich verknüpft würden: tendenziös und unseriös. Gelten lässt Bott einzig Gottmans historische Ausführungen über Beziehungskonzepte. Als übel beschreibt die Rezensentin Gottmans Vorgehensweise, seinen Lesern Angst zu machen und sich nebenbei medizinischer Weisheiten zu bedienen, nach dem Motto: nur wer eine glückliche Ehe führt, bleibt auch gesund. Oder: Glückliche Ehe gleich ideales Körpergewicht. Gottman habe sich für diese Strategie die Erkenntnis zunutze gemacht, so Bott, dass Menschen, die sich für psychologische Fragen interessieren, oft auch Gesundheitsfanatiker sind. Da die Psyche aber als zu kompliziert erscheint, würden synonym verwandte Begriffe aus dem Gesundheitsbereich die "Seelenhygiene" erleichtern, lautet Botts Analyse. Bedenklich erscheint ihr die Tatsache, dass damit der alten Auffassung Vorschub geleistet werde, "krank sein könne und dürfe nur der Körper", nicht aber die Seele.
2) Steven Carter/ Julia Sokol: "Lauf nicht vor der Liebe weg!"
Bott konstatiert den herkömmlichen "qualvollen Ratgeberstil" und das übliche Mischmasch an Therapierezepten, die referiert, verworfen und mit kleinen Abänderungen als neu verkauft würden. Besondere Note dieses Ratgebers: er empfiehlt das Träumen, stärkt den Glauben an die Kraft der Sehnsucht. Nach Bott muss sich der Leser leider, um die Botschaft des Autorenteams zu vernehmen, durch seiten- und kapitellanges Therapeutenkauderwelsch kämpfen. Am Ende stehe dann die bittere Erkenntnis, dass man seinen eigenen Bindungswünschen im Weg steht. Als etwas naiv beschreibt Bott solche Empfehlungen ( Nr. 5) wie: "Mut, sich so zu zeigen, wie man ist". Noch nie Freud gelesen, fragt die Rezensentin und meint, dass die Menschen gelernt hätten, überall eine Rolle zu spielen haben - im Beruf wie privat.
3) Samuel Shem/ Janet Surrey: "Alphabete der Liebe"
Dieses Buch scheint so schlecht zu sein, das es von der Rezensentin schnell abgetan wird. "Besäße man doch etwas mehr von der stillen Einfalt manchen amerikanischen Ratgeberbuchs", seufzt Bott. Offensichtlich aber wusste sie nicht, ob sie eher lachen oder weinten sollte angesichts solcher Ratschläge, die - ganz im Fahrwasser von John M. Gottman (siehe erste Notiz) - auf der Gesundheitsschiene fahren. Die glückliche Ehe als "Helferzellen" im Immunsystem - wer unglücklich ist, kann man da nur mit Eugenie Bott schlussfolgern, züchtet erstens "Killerzellen" im eigenen Blut heran und ist zweitens auch noch selbst schuld. Schließlich hätte man doch, lautet nach Bott eine der glorreichen Empfehlungen, bloß zwanzig Minuten seines Fitness-Kurses seiner Ehe opfern müssen. Bott sieht in diesem Buch lauthals die Gesundheitsrezepte Gottmans nachgesungen - sprachlich manchmal nur geringfügig verändert.

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