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Von manchen Menschen kennen wir nicht einmal den Namen und werden uns dennoch immer an sie erinnern. Zwei Fremde begegnen sich morgens auf dem Weg zur Arbeit. Ohne jemals miteinander zu sprechen, gehören sie für die Dauer dieser S-Bahn-Fahrten unzweifelhaft zusammen. Ein Frau erhält zwei Briefe im November, in denen ein Unbekannter sie an seinem Leben teilhaben lässt. Ein alter Mann beobachtet auf einer Apfelplantage die Anfänge einer jungen Liebe und wird von der eigenen, die ein halbes Jahrhundert zurückliegt, ein zweites Mal erschüttert. Um Verlust und Flüchtigkeit geht es in Anja Jardines…mehr

Produktbeschreibung
Von manchen Menschen kennen wir nicht einmal den Namen und werden uns dennoch immer an sie erinnern.
Zwei Fremde begegnen sich morgens auf dem Weg zur Arbeit. Ohne jemals miteinander zu sprechen, gehören sie für die Dauer dieser S-Bahn-Fahrten unzweifelhaft zusammen. Ein Frau erhält zwei Briefe im November, in denen ein Unbekannter sie an seinem Leben teilhaben lässt. Ein alter Mann beobachtet auf einer Apfelplantage die Anfänge einer jungen Liebe und wird von der eigenen, die ein halbes Jahrhundert zurückliegt, ein zweites Mal erschüttert. Um Verlust und Flüchtigkeit geht es in Anja Jardines dichten Erzählungen - und um den unendlichen Reichtum, der selbst in der namenlosen Begegnung liegen kann. Selten geht es um Liebespaare im eigentlichen Sinn, und dennoch sind es ausnahmslos Geschichten von der Liebe.
Autorenporträt
Anja Jardine, 1967 bei Hamburg geboren, arbeitete nach einem Wirtschaftsstudium und dem Besuch der Henri-Nannen-Journalistenschule als Filmemacherin bei Radio Bremen Fernsehen, dann als Redakteurin beim Zeit-Magazin, beim Spiegel reporter und als Autorin für das Wirtschaftsmagazin Brand eins. Seit 2005 ist sie Redakteurin beim NZZ Folio. Anja Jardine lebt in Zürich.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.08.2008

Fertig ist das Mondgedicht
Ein Versuch über die Trägheit von Anja Jardine

Eine junge Frau wechselt in der Hamburger S-Bahn mit einem Mann tiefe Blicke. Das Glück scheint zum Greifen nahe, doch sie wagt nicht, ihn anzusprechen. Eine andere trauert um Jan B., der im Neubaugebiet vom höchsten Haus gesprungen ist. Vor zwanzig Jahren, als sie noch zur Schule gingen, himmelte er sie an. Damals hat sie ihn kaum beachtet, aber nun fehlt er ihr doch. Wenn Anja Jardines Figuren Rückschau auf das eigene Leben halten, ihre eigene Geschichte zu deuten versuchen, betrauern sie die Gelegenheiten, die sie haben verstreichen lassen. Vielleicht hätte ihr Leben eine Wende genommen, wenn sie nur im entscheidenden Augenblick entschlossener und aufmerksamer gewesen wären. Die preisgekrönte Journalistin Katrin, Heldin der Titelgeschichte, hat den Zeitpunkt versäumt, sich für ein Kind zu entscheiden: "Eine Tatsache, die ihr ab und zu - wenn auch selten - unversehens einen Stich gab, ein kurzes, schmerzliches Ziehen, das sie selbst überraschte." Sie schreibt eine Reportage über künstliche Befruchtung und beginnt eine halbherzige Affäre mit einem Regisseur. Aber das Verlieben strengt an, es rettet nicht vor der Unverbindlichkeit des eigenen Lebensentwurfs.

Die einen verpassen ihr Leben, die anderen möchten sich ihm ganz entziehen. Klein ist dabei der Schritt von der Lebensangst zur Todessehnsucht. Die Schülerin Nele fühlt sich fremd in der Welt. In einem Internetforum verabredet sie sich mit einem Norweger zum Doppelselbstmord. "Sie war immer anders gewesen, aber in letzter Zeit ließ es sich einfach nicht mehr überbrücken." Wer jedoch einen mutigen Anlauf unternimmt, sich zu einer entschlossenen Handlung durchringt, scheitert an der Realität: wie die Studentin Claudia, die im Winter eine lebensmüde Frau aus einem See ziehen möchte, aber, einmal ins eisige Wasser gestiegen, plötzlich verharrt, gelähmt von "einer Mischung aus Ohnmacht und Verzweiflung". Der Mangel an Tatkraft blockiert manche von Jardines Figuren so sehr, dass sie sich wie in Zeitlupe zu bewegen scheinen. Andere wiederum schöpfen aus ihren Erinnerungen Hoffnung, denn auch das Vergangene und die verlorenen Möglichkeiten leben in ihnen fort. Anja Jardine, Jahrgang 1967, seit 2005 Redakteurin beim "Folio"-Monatsheft der "Neuen Zürcher Zeitung", reduziert mit dem geübten Blick der Journalistin die elf Erzählungen und Kurzgeschichten, die sie in ihrem Debütband "Als der Mond vom Himmel fiel" versammelt, auf ihre narrative Essenz.

Die Welt, von der die Autorin erzählt, ist geprägt von Traurigkeit, Einsamkeit und Daseinsleere. Dennoch blitzt immer wieder die Hoffnung und die Sehnsucht nach Liebe auf. Die Melancholie des verpassten Augenblicks ist in den Erzählungen jederzeit präsent. Trost spendet jedoch die von all dem unberührte Natur: "im Sonnenlicht funkelnde Schneefelder, auf die es Sterne geregnet zu haben schien", ein kleiner schwarzer Schwan auf einem See, der Gedanke an die Weite des Universums und "die bizarre, unerträgliche Schönheit von all dem". Und so weht über Jardines Kosmos der unerfüllten Möglichkeiten trotz allem ein Hauch von Abgeklärtheit.

ANDREA NEUHAUS

Anja Jardine: "Als der Mond vom Himmel fiel".

Erzählungen. Verlag Kein & Aber, Zürich 2008.

302 S., geb., 18,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Eine von Traurigkeit, Einsamkeit und Leere geprägte Welt findet Andrea Neuhaus in Anja Jardines Erzählungen und Kurzgeschichten. Zwischendurch scheinen zwar auch Hoffnung und die Sehnsucht nach Liebe auf, hält sie fest, aber die melancholische Grundstimmung dominiert. Im Zentrum der Geschichten sieht sie Menschen, die ihr nicht gelebtes Leben betrauern, die zurückblicken auf versäumte Gelegenheiten, denen es an Tatkraft mangelt. Trost spende dagegen die unberührte Natur. Neuhaus bescheinigt der Autorin, mit dem "geübten Blick der Journalistin" die Geschichten in dem Debütband "Als der Mond vom Himmel fiel" auf ihre "narrative Essenz" zu reduzieren.

© Perlentaucher Medien GmbH