In Amerika würde man sagen: Vom Tellerwäscher zum Millionär. Wobei in dieser Geschichte die Probleme nicht in der Armut stecken sondern in der Drogensucht der Eltern, die es nicht möglich machte, der Hauptprotagonistin des Buches eine normale Kindheit zu verschaffen.
Liz Murray erzählt ihre
Lebensgeschichte. Sie ist die Tochter drogensüchtiger und später auch Aidskranker Eltern. Ihre Schwester…mehrIn Amerika würde man sagen: Vom Tellerwäscher zum Millionär. Wobei in dieser Geschichte die Probleme nicht in der Armut stecken sondern in der Drogensucht der Eltern, die es nicht möglich machte, der Hauptprotagonistin des Buches eine normale Kindheit zu verschaffen.
Liz Murray erzählt ihre Lebensgeschichte. Sie ist die Tochter drogensüchtiger und später auch Aidskranker Eltern. Ihre Schwester entscheidet sich schon früh, sich um sich selbst zu kümmern und mit der Schule weiterzukommen, um diesem Leben zu entkommen. Liz hingegen ist besorgt um ihre Eltern und hat keine Zeit für die Schule, da sie ihren Eltern helfen muss, durch den Tag zu kommen. Wenn es den Eltern schlecht geht, fühlt sie sich verantwortlich. Sie bleibt stets solange auf, bis beide wieder zu Hause sind. Völlig selbstvergessen gibt sie sich für alles Schlechte die Schuld, nicht nur für die Drogensucht, sondern auch die spätere Krankheit der Eltern. Mutter und Vater verbrauchen stets den Großteil des vom Sozialamt zur Verfügung stehenden Geldes für Drogen, so dass meist nicht mehr zu Essen da ist, als Eier. Selbst die Termine, an denen ihre Kinder kostenloses Essen bekommen könnte, verpasst die Mutter meist, da sie ihren Rausch ausschläft. Mühevoll versuchen die Kinder, ihr eigenes Leben in die Hand zu nehmen. Liz geht zum Beispiel Einkaufstüten packen, doch auch von diesem Geld nehmen die Eltern. Die Zustände in der Wohnung sind ekelerregend, wenn man nur darüber liest, allein schon das Bad, in das niemand mehr hineingeht, weil der Abfluss verstopft ist und sich niemand drum kümmert.
Ich will hier gar nicht das gesamte Elend der Kindheit beschreiben, sondern möchte eher deutlich machen, welcher psychische Druck in dieser Kindheit herrschte. Wie kann sich ein Kind für die Eltern verantwortlich fühlen? Wie können Eltern so etwas zulassen? Liz Murray schafft es auf grandiose Weise die Herbeiführung des Gefühls und ihre große Liebe zu den Eltern zu beschreiben. Auch ihr weiterer Lebensweg, wie sie sich später für die Schule entscheidet und auch Hilfe bekommt, bis hin zu ihrem Stipendium für das College, ihre Zeit der Obdachlosigkeit – Verlust von Freunden, der Kampf mit sich selbst und die Entscheidungen für weitere Schritte, die jeden Morgen zu treffen waren.
Das Buch ist wirklich nichts für schwache Gemüter. Gerade vor dem Einschlafen kann ich es nicht empfehlen, da es doch manche Bilder im Kopf entstehen lässt. Man spürt die Kälte draußen auf der Parkbank, die Beklemmung des Annehmens von Hilfe, die Angst entdeckt oder abgelehnt zu werden – das Gefühl des Andersseins. Aber es ist absolut lesenswert und lässt einem bewusst seine eigenen Schwächen und Stärken bewusst werden. Es gibt Mut, ohne eine Anleitung für Selbsthilfe zu sein. Die Sprache ist lebendig und macht die Herkunft deutlich – die Einfachheit des Lebens. Doch eben das macht das Lesen leicht. Trockene Darlegung von Tatsachen ist hier unangebracht. In den Beschreibungen der ersten Kinderjahre spürt man deutlich die kindlichen Eindrücke – ich finde es eine große Leistung der Autorin, dass sie diese ihr aus ihrer Erwachsenensicht falsch erscheinenden Ansichten nicht ausgetauscht hat. Die knapp 480 Seiten sind nicht sehr klein geschrieben, so dass es ein kurzweiliges Vergnügen ist. Doch der Roman hallt lange nach. Die Eindrücke sind groß und ein Griff zum nächsten Buch war für mich in den nächsten Tagen nicht möglich.
„Egal, ob Obdachloser oder Unternehmer, Arzt oder Lehrer, egal, welche Vorgeschichte man hat – eine Sache trifft auf uns alle zu: Das Leben bekommt die Bedeutung, die man ihm gibt.“
Ein offenes, ehrliches, ergreifendes Buch, was den empfindsamen Leser unter Euch Tränen in die Augen treibt und dem ein oder anderen vielleicht Mut gibt.
Ich wünschte mehr Menschen hätten die Willenskraft der Autorin.