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Das "Glockengeläut" zum Tag der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 konnte Günter Grass nicht feierlich stimmen. Mit Leidenschaft hatte er dafür gefochten, der DDR Zeit zur Regeneration zu lassen, statt sie durch Anschluß zur politischen und wirtschaftlichen "Kolonie" des Westens zu machen, zu einem "Schnäppchen" um den Preis gewachsener Identität. Mit Reden und Essays hat Grass die Zeit kritisch begleitet. In seinem "Tagebuch 1990" ist von der Entwicklung ihrer Grundgedanken zu lesen, auch von ihrer Motivation und Resonanz. Dieser Band versammelt die damals entstandenen Texte, unter ihnen…mehr

Produktbeschreibung
Das "Glockengeläut" zum Tag der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 konnte Günter Grass nicht feierlich stimmen. Mit Leidenschaft hatte er dafür gefochten, der DDR Zeit zur Regeneration zu lassen, statt sie durch Anschluß zur politischen und wirtschaftlichen "Kolonie" des Westens zu machen, zu einem "Schnäppchen" um den Preis gewachsener Identität. Mit Reden und Essays hat Grass die Zeit kritisch begleitet. In seinem "Tagebuch 1990" ist von der Entwicklung ihrer Grundgedanken zu lesen, auch von ihrer Motivation und Resonanz. Dieser Band versammelt die damals entstandenen Texte, unter ihnen die "Kurze Rede eines vaterlandslosen Gesellen" und "Einige Ausblicke vom Platz der Angeschmierten".
Autorenporträt
Günter Grass wurde am 16. Oktober 1927 in Danzig geboren, absolvierte nach der Entlassung aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft eine Steinmetzlehre, studierte dann Grafik und Bildhauerei in Düsseldorf und Berlin. 1956 erschien der erste Gedichtband mit Zeichnungen, 1959 der erste Roman 'Die Blechtrommel'. 1965 erhielt der Autor den Georg-Büchner-Preis, 1994 den Karel-Capek-Preis. 1999 wurde ihm der Nobelpreis für Literatur verliehen und 2009 wurde er zum Ehrenpräsidenten des P.E.N. ernannt. Günter Grass starb am 13. April 2015 in Lübeck.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.03.2009

Was rede ich

Günter Grass ist bekanntlich ein radikaler Kapitalismuskritiker, an geschickter Vermarktung seiner Produkte hindert ihn das nicht. Dem zum Jubiläumsjahr der deutschen Einheit auf den Markt geworfenen Tagebuch von 1990 folgt nun zum Schnäppchenpreis eine Sammlung von bereits mehrfach abgedruckten Reden und Essays aus demselben Jahr. Im Gebinde tritt die Schlichtheit seiner ressentimentgeladenen Einwände noch peinlicher hervor als im Tagebuch. Weil Auschwitz im Einheitsstaat möglich wurde, steht den Deutschen das Selbstbestimmungsrecht nicht ungeteilt zu, folglich darf die Einheit nicht sein. Der "Artikel 23 ist als Ermächtigungsgesetz missbraucht" worden: "Ein Gaunerstück". In einer "brutal vollzogenen Staatsaktion" sind die "Angeschmierten" aus dem Osten "schutzlos den Methoden des Frühkapitalismus ausgesetzt" und sozial deklassiert worden. Das freudlos dumme Volk hat sich von der D-Mark ködern lassen. Der "menschenverachtenden Gewalttätigkeit dieser Politik, die fürchterlich ist und Angst verbreitet", entspricht die Gleichschaltung der öffentlichen Meinung. Selbst die Feuilletons "sind zu Hinrichtungsstätten umfunktioniert worden". Das "Nachdenken über Deutschland ist Teil meiner literarischen Arbeit", behauptet Grass. Das scheint aber in den letzten zwanzig Jahren nicht mehr stattgefunden zu haben; in dem Band findet sich kein Wort einer selbstkritischen Überprüfung. So bleibt es bei der auch literarisch kläglichen Methode Beweis durch ständiges Wiederholen der gleichen Behauptung in einem Stil, der Faustschlägen auf den Biertisch gleicht. An der totalitären Überheblichkeit, mit der er die wahren Interessen des irregeleiteten Volks zu vertreten meint, hat sich auch nichts geändert. Dass sich Günter Grass als letzter linksintellektueller Neinsager aufspielt, kann jene nur genieren, die sich um eine fundierte Kritik an den sozialen Verwerfungen und den Demokratiedefiziten in Deutschland und Europa bemühen. (Günter Grass: "Als der Zug abfuhr". Rückblicke auf die Wende. Steidl Verlag, Göttingen 2009. 96 S., br., 6,- [Euro].) fap

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