In "Als ich einmal in den Canal Grande fiel" wirft Petra Reski einen wehmütigen Blick hinter die Kulissen Venedigs und erzählt, wie es ist, in einer Stadt zu leben, der es zum Verhängnis wird, dass sie von aller Welt geliebt wird.
Von Touristen überrannt, vom Hochwasser bedroht - und dennoch die schönste Stadt der Welt: Petra Reski, die seit den Neunzigern in der Lagunenstadt lebt und sie kennt wie keine Zweite, erzählt so atmosphärisch wie schonungslos vom Leben in Venedig. Einst hat sie ihr Herz an einen Venezianer verloren - längst hat sie sich in dessen Heimatstadt verliebt. Doch Kreuzfahrttourismus, Immobilienspekulation und gewissenlose Bürgermeister setzen der Stadt zu. Petra Reski kennt sie noch, die alten Venezianer und die Geheimnisse dieser Stadt, sie zeichnet ein wehmütiges Bild von Venedig, dessen Untergang es unbedingt zu verhindern gilt.
"Als ich einmal in den Canal Grande fiel" ist eine mitreißende und die Augen öffnende Lektüre für alle Venedig-Liebhaber.
Von Touristen überrannt, vom Hochwasser bedroht - und dennoch die schönste Stadt der Welt: Petra Reski, die seit den Neunzigern in der Lagunenstadt lebt und sie kennt wie keine Zweite, erzählt so atmosphärisch wie schonungslos vom Leben in Venedig. Einst hat sie ihr Herz an einen Venezianer verloren - längst hat sie sich in dessen Heimatstadt verliebt. Doch Kreuzfahrttourismus, Immobilienspekulation und gewissenlose Bürgermeister setzen der Stadt zu. Petra Reski kennt sie noch, die alten Venezianer und die Geheimnisse dieser Stadt, sie zeichnet ein wehmütiges Bild von Venedig, dessen Untergang es unbedingt zu verhindern gilt.
"Als ich einmal in den Canal Grande fiel" ist eine mitreißende und die Augen öffnende Lektüre für alle Venedig-Liebhaber.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensent Andreas Rossmann glaubt Venedig noch nicht verloren, solange es Petra Reski gibt und ihre herzhaften Interventionen gegen den Verfall der Lagunenstadt. Wie Reski von der Ruhrpotterin zur fast echten Venezianerin wurde, welche Rolle ihr Partner dabei spielt, wie sie den Kampf aufnimmt gegen Touristen in Radlerhosen und was und wen sie in Venedig so alles kennenlernt, dünkelhafte Gondolieri und singende Fischer etc., erfährt Rossmann in den "offenherzigen", witzigen, auch mal sentimentalen Beiträgen im Band.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.07.2021Der Stadt beim Sterben zuschauen
Wo das Neue der Feind des Guten ist: Petra Reski porträtiert ihre Wahlheimat Venedig.
Die aus dem Ruhrgebiet stammende Petra Reski lebt seit dreißig Jahren in Venedig und schreibt, wenn sie nicht gerade zur Mafia in Sizilien, Duisburg und Erfurt recherchiert oder auf Reportagereise ist, regelmäßig über die Lagunenstadt, über deren Ausverkauf und Vermarktung wie über den Alltag zwischen Vaporetto und Supermarkt. Venedig hat sich in den vergangenen drei Jahrzehnten verändert, die Gefährdungen durch Massentourismus, Hochwasser, Umweltzerstörung und Politikversagen sind gewachsen, aber der Widerstand dagegen auch.
In vielen Beiträgen hat Petra Reski auch für diese Zeitung darüber berichtet: über den Ansturm der Tagesbesucher, die sich vom Bahnhof zum Markusplatz schieben, über die Vertreibung der Einwohner, die - seit 1980 hat sich ihre Zahl von hundert- auf fünfzigtausend halbiert - aufs Festland ziehen, über die Umwandlung von Wohnungen in Airbnbs und von Werkstätten in Boutiquen, über gierige Bürgermeister, die mit dem Kulturerbe merkantilistisch umgehen, über Kreuzfahrtriesen, die Müll und Feinstaub zurücklassen und die Fundamente der Stadt angreifen, über das "Milliardengrab" Mose, dessen Fluttore die Strömungsverhältnisse und das fragile Ökosystem der Lagune verändern.
Das Leben in Venedig bestehe, so Petra Reski, vor allem darin, der "Stadt beim Sterben zuzuschauen". Doch da sie um den Zauber des "realen Traumgebildes" weiß, kann sie sich damit nicht abfinden: Sie wird zur sendungsbewussten Aktivistin, die "in meiner Heimatstadt" auf der Bürgerliste "Terra e Acqua" für den Stadtrat kandidiert.
In ihrem neuen Buch werden all diese Themen zusammengeführt und mit persönlichen Erlebnissen, Begegnungen, auch mit (kunst)historischen Lektüren und Episoden verbunden. Petra Reski erzählt von ihrem Freund Alberto, einem Opernarien schmetternden Fischer, der immer auf San Pietro di Castello wohnte und sich auf einmal in Mestre wiederfindet, von ihren Nachbarn, einem Rentnerpaar aus Ohio, das den Gartenschlauch im Innenhof mit einem Hängeschloss sichert, von dem Schriftsteller Gaston Salvatore, der auf San Michele beerdigt wurde, von dem alten Conte, der sich mit Wassereimern gegen die Gondelserenaden wehrte, vom Dünkel der Gondolieri und von einem Aufenthalt im Krankenhaus, schließlich von der Pandemie, als plötzlich alles anders ist: "In unseren Ohren dröhnt die Stille."
Die Komposition der Texte ergibt mehr als die Summe ihrer Teile. Denn enthalten ist auch die Geschichte einer Integration, Petra Reskis langwierige Aufnahme in eine traditionsstolze, sich durch Abkapselung schützende Stadtgesellschaft, die sich nicht vom Festland aus verwalten lässt. Als der Mann in der Bar Al Teatro, der ihr fünf Jahre lang, ohne ein Wort zu sagen, Zigaretten verkaufte, sie auf einmal und das gleich sehr persönlich anspricht ("Hast du dich gestritten?"), ist das die erste Anerkennung. Als sie, was nur Venezianern gestattet ist, eine Anlegestelle für ein Boot, eine "topetta", erwirbt, ist das die symbolische Eintrittskarte. Und als sie, "glücklicherweise nicht kopfüber", in den Canal Grande fällt, ist das ein Fauxpas, der sich als profane Initiation deuten lässt. Jetzt müsste sie nur noch Venezianisch lernen, "kein Dialekt, sondern eine gemeinsame Vergangenheit, eine Kultur, ein Zusammengehörigkeitsgefühl".
Mit dem Aufstieg zur Venezianerin lernt Petra Reski eine andere Lebenswelt kennen, die sich ihren Sinn für Schönheit und ihre Werte bewahrt hat. Verkörpert wird sie von dem "Venezianer an meiner Seite", der, mit Diskretion porträtiert, die geheime Hauptperson des Buches ist: Dass er seit Jahrzehnten einen Palazzo restauriert und (so ein Stück Venedig) rettet und dafür alte Mauersteine aufkauft, die "von den Arbeitern Stück für Stück beäugt, abgebürstet und gereinigt" werden, oder dass er sich darüber empört, dass die Kirche von San Moisè im neunzehnten Jahrhundert abgerissen werden sollte, macht ihn zu einer allegorischen Figur der Stadt, die nicht ausschließlich auf Nutzen ausgerichtet ist und "nicht in Jahrzehnten, sondern in Jahrhunderten" denkt. Die Vergangenheit ist hier ständige Gegenwart und das Neue der Feind des Guten. Wie dieses einzigartige Venedig gegen die Vereinheitlichung der Welt zu verteidigen ist, macht den Kern des Buches aus, seine kulturkritische Essenz.
Petra Reski entgeht nichts, auch nicht die "Männer in Radlerhosen, die im Säulengang des Dogenpalastes schwitzend Liegestütze machen, beobachtet von staunenden Nonnen im Gegenlicht". Sie schreibt offenherzig, mit Verve, Humor und Selbstironie, das kann sich auch mal sentimental, melodramatisch oder kokett anhören. Dem Buch sind viele Leser zu wünschen. Ins Chinesische und Japanische übersetzt werden aber sollte es besser nicht. Denn nicht auszudenken, was passieren würde, wenn die vielen "Venedig-in-zwei-Stunden-Kreuzfahrttouristen" sich auf Petra Reskis Spuren begäben und die Stadt bis in die hinteren Winkel erkundeten. Es wäre der Untergang der Serenissima. ANDREAS ROSSMANN
Petra Reski: "Als ich einmal in den Canal Grande fiel". Vom Leben in Venedig.
Droemer Verlag, München 2021. 272 S., geb., 18,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Wo das Neue der Feind des Guten ist: Petra Reski porträtiert ihre Wahlheimat Venedig.
Die aus dem Ruhrgebiet stammende Petra Reski lebt seit dreißig Jahren in Venedig und schreibt, wenn sie nicht gerade zur Mafia in Sizilien, Duisburg und Erfurt recherchiert oder auf Reportagereise ist, regelmäßig über die Lagunenstadt, über deren Ausverkauf und Vermarktung wie über den Alltag zwischen Vaporetto und Supermarkt. Venedig hat sich in den vergangenen drei Jahrzehnten verändert, die Gefährdungen durch Massentourismus, Hochwasser, Umweltzerstörung und Politikversagen sind gewachsen, aber der Widerstand dagegen auch.
In vielen Beiträgen hat Petra Reski auch für diese Zeitung darüber berichtet: über den Ansturm der Tagesbesucher, die sich vom Bahnhof zum Markusplatz schieben, über die Vertreibung der Einwohner, die - seit 1980 hat sich ihre Zahl von hundert- auf fünfzigtausend halbiert - aufs Festland ziehen, über die Umwandlung von Wohnungen in Airbnbs und von Werkstätten in Boutiquen, über gierige Bürgermeister, die mit dem Kulturerbe merkantilistisch umgehen, über Kreuzfahrtriesen, die Müll und Feinstaub zurücklassen und die Fundamente der Stadt angreifen, über das "Milliardengrab" Mose, dessen Fluttore die Strömungsverhältnisse und das fragile Ökosystem der Lagune verändern.
Das Leben in Venedig bestehe, so Petra Reski, vor allem darin, der "Stadt beim Sterben zuzuschauen". Doch da sie um den Zauber des "realen Traumgebildes" weiß, kann sie sich damit nicht abfinden: Sie wird zur sendungsbewussten Aktivistin, die "in meiner Heimatstadt" auf der Bürgerliste "Terra e Acqua" für den Stadtrat kandidiert.
In ihrem neuen Buch werden all diese Themen zusammengeführt und mit persönlichen Erlebnissen, Begegnungen, auch mit (kunst)historischen Lektüren und Episoden verbunden. Petra Reski erzählt von ihrem Freund Alberto, einem Opernarien schmetternden Fischer, der immer auf San Pietro di Castello wohnte und sich auf einmal in Mestre wiederfindet, von ihren Nachbarn, einem Rentnerpaar aus Ohio, das den Gartenschlauch im Innenhof mit einem Hängeschloss sichert, von dem Schriftsteller Gaston Salvatore, der auf San Michele beerdigt wurde, von dem alten Conte, der sich mit Wassereimern gegen die Gondelserenaden wehrte, vom Dünkel der Gondolieri und von einem Aufenthalt im Krankenhaus, schließlich von der Pandemie, als plötzlich alles anders ist: "In unseren Ohren dröhnt die Stille."
Die Komposition der Texte ergibt mehr als die Summe ihrer Teile. Denn enthalten ist auch die Geschichte einer Integration, Petra Reskis langwierige Aufnahme in eine traditionsstolze, sich durch Abkapselung schützende Stadtgesellschaft, die sich nicht vom Festland aus verwalten lässt. Als der Mann in der Bar Al Teatro, der ihr fünf Jahre lang, ohne ein Wort zu sagen, Zigaretten verkaufte, sie auf einmal und das gleich sehr persönlich anspricht ("Hast du dich gestritten?"), ist das die erste Anerkennung. Als sie, was nur Venezianern gestattet ist, eine Anlegestelle für ein Boot, eine "topetta", erwirbt, ist das die symbolische Eintrittskarte. Und als sie, "glücklicherweise nicht kopfüber", in den Canal Grande fällt, ist das ein Fauxpas, der sich als profane Initiation deuten lässt. Jetzt müsste sie nur noch Venezianisch lernen, "kein Dialekt, sondern eine gemeinsame Vergangenheit, eine Kultur, ein Zusammengehörigkeitsgefühl".
Mit dem Aufstieg zur Venezianerin lernt Petra Reski eine andere Lebenswelt kennen, die sich ihren Sinn für Schönheit und ihre Werte bewahrt hat. Verkörpert wird sie von dem "Venezianer an meiner Seite", der, mit Diskretion porträtiert, die geheime Hauptperson des Buches ist: Dass er seit Jahrzehnten einen Palazzo restauriert und (so ein Stück Venedig) rettet und dafür alte Mauersteine aufkauft, die "von den Arbeitern Stück für Stück beäugt, abgebürstet und gereinigt" werden, oder dass er sich darüber empört, dass die Kirche von San Moisè im neunzehnten Jahrhundert abgerissen werden sollte, macht ihn zu einer allegorischen Figur der Stadt, die nicht ausschließlich auf Nutzen ausgerichtet ist und "nicht in Jahrzehnten, sondern in Jahrhunderten" denkt. Die Vergangenheit ist hier ständige Gegenwart und das Neue der Feind des Guten. Wie dieses einzigartige Venedig gegen die Vereinheitlichung der Welt zu verteidigen ist, macht den Kern des Buches aus, seine kulturkritische Essenz.
Petra Reski entgeht nichts, auch nicht die "Männer in Radlerhosen, die im Säulengang des Dogenpalastes schwitzend Liegestütze machen, beobachtet von staunenden Nonnen im Gegenlicht". Sie schreibt offenherzig, mit Verve, Humor und Selbstironie, das kann sich auch mal sentimental, melodramatisch oder kokett anhören. Dem Buch sind viele Leser zu wünschen. Ins Chinesische und Japanische übersetzt werden aber sollte es besser nicht. Denn nicht auszudenken, was passieren würde, wenn die vielen "Venedig-in-zwei-Stunden-Kreuzfahrttouristen" sich auf Petra Reskis Spuren begäben und die Stadt bis in die hinteren Winkel erkundeten. Es wäre der Untergang der Serenissima. ANDREAS ROSSMANN
Petra Reski: "Als ich einmal in den Canal Grande fiel". Vom Leben in Venedig.
Droemer Verlag, München 2021. 272 S., geb., 18,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Dieses aufrüttelnde Buch ist ein unbedingtes Muss für jeden Venedig-Fan und eine wundervolle, informative Hommage an diese zauberhafte Stadt." Lesen & Hören (Blog) 20210622
Rezensent Marc Peschke gefällt es, dass Petra Reski in ihrem Buch kein Blatt vor den Mund nimmt. "Bissig" und bestens informiert, so Peschke, schreibt die Autorin, die seit 1991 in Venedig lebt und sich dort auch politisch engagiert, über die Folgen und Hintergründe der Zerstörung der Stadt: über Korruption und Massentourismus, die scheiternden Projekte des Bürgermeisters Luigi Brugnaro, die Vereinnahmung von ausländischen Investoren. Aber auch Reskis Liebe zur Stadt spürt der Rezensent, den diese Mischung aus "Leidenschaft und Kampfeslust" anspricht. Aktuell herrsche zwar einmal eine ungewohnte Ruhe in Venedig, wie Reski beschreibe - der Zukunft der Stadt sieht der Rezensent aber ebenso ratlos entgegen wie die Autorin.
© Perlentaucher Medien GmbH
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