Peter Rosegger (1843-1918) war im besten Sinn ein Volksschriftsteller. Aufgewachsen auf einem Berghof in der Steiermark, zunächst ohne formale Schulbildung, arbeitete er sich mit Eigeninitiative, Ausdauer und einer Prise Glück nach oben und konnte später von den Einnahmen aus seiner
schriftstellerischen Tätigkeit gut leben. Seine autobiografische Erzählungssammlung „Waldheimat“ erschien ab 1877 in…mehrPeter Rosegger (1843-1918) war im besten Sinn ein Volksschriftsteller. Aufgewachsen auf einem Berghof in der Steiermark, zunächst ohne formale Schulbildung, arbeitete er sich mit Eigeninitiative, Ausdauer und einer Prise Glück nach oben und konnte später von den Einnahmen aus seiner schriftstellerischen Tätigkeit gut leben. Seine autobiografische Erzählungssammlung „Waldheimat“ erschien ab 1877 in vier Bänden, die in einer leicht gekürzten Fassung unter dem Titel „Als ich noch der Waldbauernbub war“ im Jahr 1900 zusammengefasst wurden.
Alle Geschichten der Sammlung sind jeweils eigenständig und nur insofern miteinander verbunden, als dass sie in etwa chronologisch sortiert sind. Auch wenn seine eigenen Erlebnisse im Fokus stehen, erzählt Rosegger ebenso von seinen Vorfahren und dem einfachen Leben der Bergbauern. Er ist Chronist einer Zeit, die damals bereits im Schwinden begriffen ist. Ganz langsam erreicht die Moderne auch die entlegenen Regionen und Rosegger, der zwar nie ein „Städter“ wurde, aber mittlerweile in Wohlstand lebt, beschreibt seine Jugend im Spannungsfeld zwischen Idylle und hartem Alltag. Seine Naturschilderungen, für die er besonders berühmt war, sind in einfachen, aber wahrhaftigen Worten gehalten, sie sind sehr stimmungsvoll und schaffen den Spagat zwischen Naturidylle und der Natur als permanenter Bedrohung. Sein Stil ist ausgesprochen lebendig, durchsetzt mit viel sprachlichem Lokalkolorit, ohne dass es für den heutigen Leser anstrengend würde, ihm zu folgen. Es hat mich in seiner anrührenden Aufrichtigkeit ein wenig an Anna Wimschneiders „Herbstmilch“ erinnert, auch wenn Rosegger seine Geschichten deutlich stärker dramatisiert.
Familiensinn, Naturverehrung, Religiosität, eine leicht kritische Distanz zur Obrigkeit und die tiefe Verehrung für das „einfache Leben“ spricht aus diesen Geschichten, also die Werte, für die Rosegger stand und die er auch öffentlich vertrat. Er war ein Vorreiter der Naturschutzbewegung, der sozialen Bildungsförderung und Heimatkundler. Seine Walbauernbub-Geschichten stecken voller hochinteressanter kultur- und sozialgeschichtlicher Beobachtungen, die er aber in so unaufdringlicher Weise vermittelt, dass seine immer vorhandene erzieherische Botschaft niemals mit dem Dreschflegel daherkommt. Da dürfen sich unsere übergriffigen Woke-Aktivisten gerne mal eine Scheibe abschneiden.
Ich habe den Waldbauernbub mit 16 zum ersten Mal gelesen und fand ihn wunderbar. Ich habe ihn jetzt wieder gelesen und finde ihn immer noch wunderbar, diesmal aus anderen Gründen. Dass ein Buch über Generationen hinweg so gut „funktioniert“, ist wirklich selten. Die meisten Bücher meiner Jugendzeit stehen jedenfalls nur noch aus nostalgischen Gründen im Regal, lesen kann ich Enid Blyton & Co auch mit viel gutem Willen leider heute nicht mehr...
(Dieses Buch wurde mir vom Verlag kostenfrei zur Verfügung gestellt. Auf meine Rezension wurde kein Einfluss genommen, der Inhalt stellt meine persönliche Meinung dar.)