Die Kleinen lässt man zahlen, die Großen lässt man laufen
Birgit Orths ist seit 20 Jahren Steuerfahnderin. Sie hat bei Clan-Kriminalität, bei Cum-Ex-Deals und Steuerhinterziehung, in Geldwäsche-Verfahren, bei den Panama Papers, bei Korruptionsvorwürfen und zuletzt beim systematischen Betrug mit Corona-Soforthilfen ermittelt. In diesem Buch erzählt sie aus der Insiderperspektive, wie sie versucht, gegen die Organisierte Kriminalität vorzugehen. Dabei geht es u.a. um europaweit bandenmäßig begangenen Umsatzsteuer-Betrug in Milliardenhöhe. Sie sieht sich konfrontiert mit Behinderungen durch die eigene Verwaltung, mangelhafter Ausrüstung für die Ermittlungsarbeit wie fehlende technische Ausrüstung und nicht vorhandene schusssichere Westen, aber auch verweigerter Amtshilfe und dem offenkundigen Unwillen an höherer Stelle, die Missstände bei den Ermittlungen aufzuklären und abzustellen.
Ihr Fazit: Wenn die Finanzverwaltung sich mit kriminell organisierter Steuerhinterziehung beschäftigt, zeigen sich erschreckende Defizite, die uns Steuerzahler Milliarden kosten.
Birgit Orths ist seit 20 Jahren Steuerfahnderin. Sie hat bei Clan-Kriminalität, bei Cum-Ex-Deals und Steuerhinterziehung, in Geldwäsche-Verfahren, bei den Panama Papers, bei Korruptionsvorwürfen und zuletzt beim systematischen Betrug mit Corona-Soforthilfen ermittelt. In diesem Buch erzählt sie aus der Insiderperspektive, wie sie versucht, gegen die Organisierte Kriminalität vorzugehen. Dabei geht es u.a. um europaweit bandenmäßig begangenen Umsatzsteuer-Betrug in Milliardenhöhe. Sie sieht sich konfrontiert mit Behinderungen durch die eigene Verwaltung, mangelhafter Ausrüstung für die Ermittlungsarbeit wie fehlende technische Ausrüstung und nicht vorhandene schusssichere Westen, aber auch verweigerter Amtshilfe und dem offenkundigen Unwillen an höherer Stelle, die Missstände bei den Ermittlungen aufzuklären und abzustellen.
Ihr Fazit: Wenn die Finanzverwaltung sich mit kriminell organisierter Steuerhinterziehung beschäftigt, zeigen sich erschreckende Defizite, die uns Steuerzahler Milliarden kosten.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.04.2023Maschinenraum der Fahndung
Insiderbericht im Kampf gegen den Steuerbetrug
Spektakuläre Strafprozesse, Enthüllungen über Banken und Anwälte sowie noch ungeklärte Verwicklungen bis auf die höchsten Ebenen der Bundespolitik: Selten waren Wirtschaftsstraftaten wie der organisierter Betrug und Steuerhinterziehung wie etwa bei den Cum-ex-Geschäften so präsent in der breiten Öffentlichkeit. Korrespondierend wuchs das Interesse weit über das Fachpublikum hinaus. Dieses Momentum nutzt Birgit Orths, hauptberuflich Steuerfahnderin aus Nordrhein-Westfalen, für sich, um aus dem Maschinenraum der Aufklärung und der Unterlegenheit des Staates gegenüber der organisierten Kriminalität zu berichten. In "Als Steuerfahnderin auf der Spur des Geldes" schreibt die Autorin auf mehr als 350 Seiten über einen internationalen Umsatzsteuerbetrug in Milliardenhöhe: beginnend von den ersten Verdachtsmomenten gegen ein Geflecht von Scheinfirmen 2009 bis hin zur Verurteilung der Strippenzieher 2016.
Orths spart dabei Rückschläge nicht aus, insbesondere die überbordende Bürokratie in den Behörden, die sich mehrfach in ihrer Arbeit als Hindernis erweist, hinterlässt bleibenden Eindruck. Sie selbst wirbt dafür, die Steuerfahndung mit mehr Befugnissen zu "einem eigenständigen Teil der Finanzverwaltung" zu machen. Weil die Autorin fortlaufend eigene, kritische Gedanken einbringt, man als Leser an der Weiterentwicklung ihrer Person teilnimmt und in den Dialogpassagen des Buches gerade nicht trockene Steuermaterie heruntergebetet wird, gewinnt das Buch an Authentizität. Vielen Lesern wird dieser "True Crime"-Ansatz zusagen, doch es gelingt Orths nicht, jeden bis zum Ende ihres Buch mitzunehmen.
Das liegt nicht an den Erzählsträngen und deren Protagonisten. Sondern an der strukturellen Unwucht der beiden Teile des Buches. Auf seinen letzten 40 Seiten ist "Als Steuerfahnderin auf der Spur des Geldes" zu stark komprimiert. Verstärkt wird der Eindruck durch Exkurse zu Betrügereien in der Corona-Pandemie und Cum-ex, wo die Fahnderin ab 2015 eine führende Position einer NRW-Sondereinheit übernimmt. Über diese Arbeit will man mehr erfahren, so aber wirkt die Passage am Ende des Buches deplatziert. MARCUS JUNG
Birgit E. Orths: Als Steuerfahnderin auf der Spur des Geldes. Econ, Berlin 2023. 363 Seiten, 19,99 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Insiderbericht im Kampf gegen den Steuerbetrug
Spektakuläre Strafprozesse, Enthüllungen über Banken und Anwälte sowie noch ungeklärte Verwicklungen bis auf die höchsten Ebenen der Bundespolitik: Selten waren Wirtschaftsstraftaten wie der organisierter Betrug und Steuerhinterziehung wie etwa bei den Cum-ex-Geschäften so präsent in der breiten Öffentlichkeit. Korrespondierend wuchs das Interesse weit über das Fachpublikum hinaus. Dieses Momentum nutzt Birgit Orths, hauptberuflich Steuerfahnderin aus Nordrhein-Westfalen, für sich, um aus dem Maschinenraum der Aufklärung und der Unterlegenheit des Staates gegenüber der organisierten Kriminalität zu berichten. In "Als Steuerfahnderin auf der Spur des Geldes" schreibt die Autorin auf mehr als 350 Seiten über einen internationalen Umsatzsteuerbetrug in Milliardenhöhe: beginnend von den ersten Verdachtsmomenten gegen ein Geflecht von Scheinfirmen 2009 bis hin zur Verurteilung der Strippenzieher 2016.
Orths spart dabei Rückschläge nicht aus, insbesondere die überbordende Bürokratie in den Behörden, die sich mehrfach in ihrer Arbeit als Hindernis erweist, hinterlässt bleibenden Eindruck. Sie selbst wirbt dafür, die Steuerfahndung mit mehr Befugnissen zu "einem eigenständigen Teil der Finanzverwaltung" zu machen. Weil die Autorin fortlaufend eigene, kritische Gedanken einbringt, man als Leser an der Weiterentwicklung ihrer Person teilnimmt und in den Dialogpassagen des Buches gerade nicht trockene Steuermaterie heruntergebetet wird, gewinnt das Buch an Authentizität. Vielen Lesern wird dieser "True Crime"-Ansatz zusagen, doch es gelingt Orths nicht, jeden bis zum Ende ihres Buch mitzunehmen.
Das liegt nicht an den Erzählsträngen und deren Protagonisten. Sondern an der strukturellen Unwucht der beiden Teile des Buches. Auf seinen letzten 40 Seiten ist "Als Steuerfahnderin auf der Spur des Geldes" zu stark komprimiert. Verstärkt wird der Eindruck durch Exkurse zu Betrügereien in der Corona-Pandemie und Cum-ex, wo die Fahnderin ab 2015 eine führende Position einer NRW-Sondereinheit übernimmt. Über diese Arbeit will man mehr erfahren, so aber wirkt die Passage am Ende des Buches deplatziert. MARCUS JUNG
Birgit E. Orths: Als Steuerfahnderin auf der Spur des Geldes. Econ, Berlin 2023. 363 Seiten, 19,99 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Wie die Steuerfahnderin Birgit Orth von ihrem Kampf gegen organisierten Betrug und Steuerhinterziehung berichtet, findet Rezensent Marcus Jung durchaus interessant. Er sieht sich von ihr in den "Maschinenraum der Aufklärung" versetzt, aber leider auch ins Herz der Bürokratie. So kann ihm Orth plausibel die strukturelle Unterlegenheit des Staates aufzeigen, ohne jemals in "trockene Steuermaterie" zu versinken. Auch ihren kritischen Einwänden und persönlichen Wandlungen folgt der Rezensent gern. Dass die Autorin dennoch nicht alle Leser mitnehmen wird, ahnt der Rezensent, der sich außerdem mehr Informationen zu Clan-Kriminalität und Betrug bei den Corona-Hilfen gewünscht hätte.
© Perlentaucher Medien GmbH
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"Liest sich phasenweise wie ein Thriller und erklärt, was sich dringend ändern muss, um Steuerhinterziehung besser zu bekämpfen." Beate Krol SWR2 Lesenswert 20230312