Jennifer lebt sehr zurückgezogen: Bloß kein Kontakt zu anderen Menschen! Liebe? Völlig undenkbar. Sex? Schon, aber nur als eher mechanische und wortkarge Notwendigkeit. Dieser Frau schneit eines Tages ein Mann ins Haus. Ein ängstlicher Mann, der sein Gedächtnis verloren hat, der sehr schutzbedürftig ist. Er behauptet, Cyrano de Bergerac zu sein und Jennifer unterliegt seinem unzeitgemäßen Charme. Auf wunderbare Weise heilt die Liebe bei den beiden "verlorenen Seelen" alle Verwundungen, die ihnen das Leben zugefügt hat.
Wie aus einer anderen Welt wirkt der neue Mitbewohner, der eines Morgens in der Küchentür steht. Er bricht so vehement in Jennifers wohlgeordnetes Leben ein, dass eine Halsentzündung der Radiosprecherin prompt die Sprache verschlägt. Dieser grandiose Liebesroman ist A. L. Kennedys zärtlichstes Buch.
Es hat sie kalt erwischt. Jennifer Wilson erzählt selbst die Geschichte dieser unmöglichen Liebe, noch fassungslos über Gefühle, die sie nie zulassen wollte. Sie lebt zurückgezogen, ihr Beruf, die Anonymität des Radios ermöglichen es ihr, den Kontakt zu anderen Menschen fast ausschließlich auf ihre Stimme zu beschränken. Liebe? Undenkbar. Sex ja, aber als eher mechanische und wortkarge Notwendigkeit. Die Leidenschaft, mit der ihre Eltern ihre Liebe lebten - gern auch vor den Augen des Kindes -, ist ihr unbegreiflich.
Ihre scheinbar so festgefügte Welt gerät durch einen neuen Mitbewohner ins Wanken, einen ängstlichen Mann, der sein Gedächtnis verloren hat, schutzbedürftig ist. "Ich binhierher gefallen", gesteht er, und bald darauf auch, daß er nicht der erwartete "Martin" ist, sondern: Cyrano de Bergerac. Aber da ist Jennifer längst seinem unzeitgemäßen Charme erlegen und - hat sich verliebt.
Wie aus einer anderen Welt wirkt der neue Mitbewohner, der eines Morgens in der Küchentür steht. Er bricht so vehement in Jennifers wohlgeordnetes Leben ein, dass eine Halsentzündung der Radiosprecherin prompt die Sprache verschlägt. Dieser grandiose Liebesroman ist A. L. Kennedys zärtlichstes Buch.
Es hat sie kalt erwischt. Jennifer Wilson erzählt selbst die Geschichte dieser unmöglichen Liebe, noch fassungslos über Gefühle, die sie nie zulassen wollte. Sie lebt zurückgezogen, ihr Beruf, die Anonymität des Radios ermöglichen es ihr, den Kontakt zu anderen Menschen fast ausschließlich auf ihre Stimme zu beschränken. Liebe? Undenkbar. Sex ja, aber als eher mechanische und wortkarge Notwendigkeit. Die Leidenschaft, mit der ihre Eltern ihre Liebe lebten - gern auch vor den Augen des Kindes -, ist ihr unbegreiflich.
Ihre scheinbar so festgefügte Welt gerät durch einen neuen Mitbewohner ins Wanken, einen ängstlichen Mann, der sein Gedächtnis verloren hat, schutzbedürftig ist. "Ich binhierher gefallen", gesteht er, und bald darauf auch, daß er nicht der erwartete "Martin" ist, sondern: Cyrano de Bergerac. Aber da ist Jennifer längst seinem unzeitgemäßen Charme erlegen und - hat sich verliebt.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.03.2004Wo der Maulwurf wühlt
A. L. Kennedy mit dem Roman "Also bin ich froh" im Literaturhaus
"I am empty. I don't have any moles." Was ist ein "mole"? Ein Parasit oder ein Symbiont, fragte sich der unbedarfte Hörer im Literaturhaus. Zum Glück waren die Besucher, die gekommen waren, um A. L. Kennedy zu lauschen, der englischen Muttersprache der schottischen Schriftstellerin so kundig, daß sie jede Pointe sogleich mit wohlwollendem Lachen quittieren konnten. Aber auch wer nicht begriff, daß die Ich-Erzählerin keine "Maulwürfe" in ihrem Innenleben beherbergte, die ihre Seele wie bei anderen Menschen emotional durchwühlen und entlüften konnten, erfuhr aus der Eingangspassage des Romans, daß das erzählende Ich ein gestörtes Verhältnis zum Sex hatte, ein noch gestörteres zum Gefühlsleben und ein unmögliches zu menschlicher Nähe überhaupt.
"Also bin ich froh" - das klingt beinahe, als müßte sich die Protagonistin selbst dazu überreden. Unter diesem Titel ist der jüngste, in Wahrheit jedoch älteste Roman von Alison Louise Kennedy im Wagenbach Verlag erschienen. Schon 1993 hatte ihn die damals erst 28 Jahre alte Schottin aus Dundee verfaßt, aber er klingt nicht so, als hätte sie sich damit als Autorin erst ausprobiert. Dieser Ansicht war auch Felicitas von Lovenberg, Literaturredakteurin dieser Zeitung, die die Schriftstellerin und deren Werk jetzt im Literaturhaus vorstellte, bevor diese das Wort ergriff. Die Schauspielerin und Sprecherin Ursula Illert trug einige Passagen aus der Übersetzung von Ingo Herzke vor, doch der englische O-Ton dominierte den Abend zum Vergnügen des Publikums.
A. L. Kennedy hat ein Buch über die Liebe geschrieben, über zwei Menschen, die sich niemals begegnet wären, wenn nicht zwischen diesen zwei Buchdeckeln. Wo sonst hätten sich eine neurotische Rundfunksprecherin aus der Regierungszeit John Majors und ein poetisierender Soldat aus dem Zeitalter der Religionskriege über den Weg laufen sollen, wenn nicht im Traumreich der Literatur und ihrer elaborierten Symbole. Von der Sprache zehren sie beide: Jennifer Mercy Wilson und Savinien de Cyrano de Bergerac, der wie ein Deus ex machina plötzlich in der WG-Küche steht. Ohne Erinnerung an seine Heldentaten und empfindsamen Liebesbriefe und verunsichert in einer ihm fremd gewordenen Welt, weckt er das Erbarmen der Erbarmungswürdigen, die ihre eigenen Erinnerungen verdrängt. Wechselseitiges sprachliches Abtasten zeitigt therapeutische Wirkung und bahnt einer Liebe den Weg, die bisher unmöglich schien.
Daß diese märchenhafte Handlung nicht zur billigen Kolportage oder zur esoterischen Science-fiction verkommen ist, verdankt der Roman vor allem dem trockenen Witz seiner Verfasserin und ihrer schonungslosen Offenheit, die sich nur der Sentimentalität verschließt. Fasziniert von Cyranos lebendiger Stimme, hat sie dieselbe kongenial ins Englische übertragen und damit eine Entwicklung in ihrer versehrten und daher gefühlsstarren Heldin freigesetzt, wie sie keine andere ihrer spröden, alkoholisierten, spleenigen Sinnsucher-Figuren durchmacht. Von prägenden Einflüssen auf ihr Schreiben will sie allerdings gar nichts wissen. Wichtig sei es, sagte A. L. Kennedy in dem Gespräch nach der Lesung, daß jeder zu seiner eigenen Stimme finde.
Sie hat den eigenen Ton längst gefunden. Das belegt ihr Erzählband "Gleißendes Glück", der sie hierzulande bekannt machte, aber auch ihre zwei weiteren Romane, die beiden Bände mit Kurzgeschichten und der autobiographische "Stierkampf"-Essay sprechen eine unverwechselbare Sprache. Inzwischen arbeitet die Autorin an ihrem nächsten Roman "über Tod und Sex", aus dem sie jetzt vorab eine Passage über das schottische Landleben zum besten gab.
CLAUDIA SCHÜLKE
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
A. L. Kennedy mit dem Roman "Also bin ich froh" im Literaturhaus
"I am empty. I don't have any moles." Was ist ein "mole"? Ein Parasit oder ein Symbiont, fragte sich der unbedarfte Hörer im Literaturhaus. Zum Glück waren die Besucher, die gekommen waren, um A. L. Kennedy zu lauschen, der englischen Muttersprache der schottischen Schriftstellerin so kundig, daß sie jede Pointe sogleich mit wohlwollendem Lachen quittieren konnten. Aber auch wer nicht begriff, daß die Ich-Erzählerin keine "Maulwürfe" in ihrem Innenleben beherbergte, die ihre Seele wie bei anderen Menschen emotional durchwühlen und entlüften konnten, erfuhr aus der Eingangspassage des Romans, daß das erzählende Ich ein gestörtes Verhältnis zum Sex hatte, ein noch gestörteres zum Gefühlsleben und ein unmögliches zu menschlicher Nähe überhaupt.
"Also bin ich froh" - das klingt beinahe, als müßte sich die Protagonistin selbst dazu überreden. Unter diesem Titel ist der jüngste, in Wahrheit jedoch älteste Roman von Alison Louise Kennedy im Wagenbach Verlag erschienen. Schon 1993 hatte ihn die damals erst 28 Jahre alte Schottin aus Dundee verfaßt, aber er klingt nicht so, als hätte sie sich damit als Autorin erst ausprobiert. Dieser Ansicht war auch Felicitas von Lovenberg, Literaturredakteurin dieser Zeitung, die die Schriftstellerin und deren Werk jetzt im Literaturhaus vorstellte, bevor diese das Wort ergriff. Die Schauspielerin und Sprecherin Ursula Illert trug einige Passagen aus der Übersetzung von Ingo Herzke vor, doch der englische O-Ton dominierte den Abend zum Vergnügen des Publikums.
A. L. Kennedy hat ein Buch über die Liebe geschrieben, über zwei Menschen, die sich niemals begegnet wären, wenn nicht zwischen diesen zwei Buchdeckeln. Wo sonst hätten sich eine neurotische Rundfunksprecherin aus der Regierungszeit John Majors und ein poetisierender Soldat aus dem Zeitalter der Religionskriege über den Weg laufen sollen, wenn nicht im Traumreich der Literatur und ihrer elaborierten Symbole. Von der Sprache zehren sie beide: Jennifer Mercy Wilson und Savinien de Cyrano de Bergerac, der wie ein Deus ex machina plötzlich in der WG-Küche steht. Ohne Erinnerung an seine Heldentaten und empfindsamen Liebesbriefe und verunsichert in einer ihm fremd gewordenen Welt, weckt er das Erbarmen der Erbarmungswürdigen, die ihre eigenen Erinnerungen verdrängt. Wechselseitiges sprachliches Abtasten zeitigt therapeutische Wirkung und bahnt einer Liebe den Weg, die bisher unmöglich schien.
Daß diese märchenhafte Handlung nicht zur billigen Kolportage oder zur esoterischen Science-fiction verkommen ist, verdankt der Roman vor allem dem trockenen Witz seiner Verfasserin und ihrer schonungslosen Offenheit, die sich nur der Sentimentalität verschließt. Fasziniert von Cyranos lebendiger Stimme, hat sie dieselbe kongenial ins Englische übertragen und damit eine Entwicklung in ihrer versehrten und daher gefühlsstarren Heldin freigesetzt, wie sie keine andere ihrer spröden, alkoholisierten, spleenigen Sinnsucher-Figuren durchmacht. Von prägenden Einflüssen auf ihr Schreiben will sie allerdings gar nichts wissen. Wichtig sei es, sagte A. L. Kennedy in dem Gespräch nach der Lesung, daß jeder zu seiner eigenen Stimme finde.
Sie hat den eigenen Ton längst gefunden. Das belegt ihr Erzählband "Gleißendes Glück", der sie hierzulande bekannt machte, aber auch ihre zwei weiteren Romane, die beiden Bände mit Kurzgeschichten und der autobiographische "Stierkampf"-Essay sprechen eine unverwechselbare Sprache. Inzwischen arbeitet die Autorin an ihrem nächsten Roman "über Tod und Sex", aus dem sie jetzt vorab eine Passage über das schottische Landleben zum besten gab.
CLAUDIA SCHÜLKE
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
"Fasziniert vom "stupenden Reichtum" dieses Romans sieht Rezensentin Felicitas von Lovenberg in A.L. Kennedy eine der mutigsten Schriftstellerinnen der Gegenwart, deren herausragenden Rang sie auch von diesem Buch bestätigt findet, das jetzt mit zehnjähriger Verspätung in Deutschland erschien: die "berückende Geschichte von Liebe, Erlösung und einer wundersamen gegenseitigen Rettung". Wieder frappiert Kennedy die Rezensentin mit ihrer Art, über das Leben, die Liebe und den Tod, über Sex, Gewalt, Einsamkeit und Sehnsucht mit einer Unmittelbarkeit zu schreiben, die "aufs Ganze geht und dabei stets mit schmerzlicher Präzision die richtigen Worte findet". Jeder dritte Satz des Romans ist es nach Ansicht der Rezensentin wert, zitiert und im Gedächtnis behalten zu werden. Die alltägliche Geschichte des Romans sieht Lovenberg dem Leser "mit einer geradezu märchenhaften Verpackung" auf den Leib rücken. Insgesamt empfiehlt sie, das Buch langsam und behutsam zu lesen, es sich im Kopf und im Herzen zergehen zu lassen, weil sie darin Stilhöhe und Gedankentiefe einander ebenbürtig findet.
© Perlentaucher Medien GmbH"
© Perlentaucher Medien GmbH"