Zur selben Zeit, als die brasilianische Regierung mit dem Bau ihrer neuen Hauptstadt Brasília die Abkehr von jeglicher Traditionsorientierung im Städtebau zementierte, vollzog sich in Brüssel eine entgegengeSetzte Entwicklung. Auf Beschluss des Gemeinderats erhielt die belgische Hauptstadt ab 1960 ein dezidiert historisches Aussehen. Kurz darauf Setzte im französischen Lyon eine ähnliche Entwicklung ein. Handelt es sich in beiden Fällen um den besonders frühen Ausdruck von Fortschrittskritik und damit um zwei bislang unbeachtete Wegbereiter der nostalgischen Wende, die sich ab den 1970er Jahren in den Städten ganz Europas vollzog?Dominik Scholz eröffnet mit einer innovativen Akteurs- und Diskursgeschichte völlig neue Perspektiven auf den europäischen Städtebau. Pointiert fragt er nach den Gründen für die in den 1950er bis 1970er Jahren beobachteten Prozesse des Altstadtneubaus. Er findet sie, nicht etwa im Lokalpatriotismus von Kommunalpolitikern, sondern in einem komplexen Wirkungsgeflecht aus offizieller Baupolitik, zivilgesellschaftlichem Protest und sozioökonomischem Entfaltungsdrang.
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