"Ich stellte mir vor, wie viele Menschen sich gerade in dieser Stadt befanden - die gehalten und geliebt werden wollten. Wer war ich, dass ich mich von einer Person so quälen ließ?"
Seine Liebe zu Aurora und der Kummer, der damit seinen Anfang nimmt, ist für Luca unerträglich. Er tröstet sich mit unzähligen neuen Bekanntschaften und lernt dabei Frauen und Männer kennen, die allerdings die Sehnsucht nach Aurora eher noch verstärken. Er genießt die Aufmerksamkeit und Zuneigung all dieser Menschen, denen er begegnet und verletzt sie mit seiner Zurückweisung. Im Laufe dieser Erfahrungen kommt er sich jedoch selbst immer näher. Schließlich weiß er, was Glück für ihn bedeutet.
Seine Liebe zu Aurora und der Kummer, der damit seinen Anfang nimmt, ist für Luca unerträglich. Er tröstet sich mit unzähligen neuen Bekanntschaften und lernt dabei Frauen und Männer kennen, die allerdings die Sehnsucht nach Aurora eher noch verstärken. Er genießt die Aufmerksamkeit und Zuneigung all dieser Menschen, denen er begegnet und verletzt sie mit seiner Zurückweisung. Im Laufe dieser Erfahrungen kommt er sich jedoch selbst immer näher. Schließlich weiß er, was Glück für ihn bedeutet.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 25.04.2020Geschliffenes Schreiben
Im Diederichs Verlag erscheinen zwei Romandebüts aus der Münchner Autorengruppe Prosathek
München – Die andauernde Zwangsisolation entpuppt sich für viele Menschen als eine Art Selbsterfahrung. Auch wenn es um den Buchmarkt gerade eher schlecht bestellt ist, hätte Alexander Wachters Debütroman „Am Ende bin ich“ in diesem Sinne kaum zu einem besseren Zeitpunkt erscheinen können. Denn auch Luca, Protagonist dieser textgewordenen Sinnkrise, sieht sich plötzlich mit dem Mysterium seines Selbst konfrontiert. „Ich verstehe mich immer weniger, je länger ich über mich selbst nachdenke“, gesteht Luca seinen Freunden.
Dabei erweckt „Am Ende bin ich“ zunächst den Anschein einer gewöhnlichen Liebestragödie. Luca verliebt sich in Aurora, Aurora sich vermeintlich auch in ihn. Die beiden verbringen ein paar glückliche Wochen, tauchen im Starnberger See, radeln die Isar entlang. Doch dann geht Aurora fremd. Der Vertrauensbruch lässt Luca nicht nur mit einem gebrochenen Herzen zurück, sondern auch mit dem Gefühl, sich selbst gar nicht zu kennen. Er stürzt sich von einer Affäre in die nächste. „Ariadne“, „Bernhard“ und „Janis“ heißen seine wechselnden Sexualpartner, wie auch die Kapitel im Buch. Und so kurz wie diese Kapitel sind auch diese Begegnungen. Auf seiner Flucht vor sich selbst verliert Luca unversehens Schicht um Schicht seine Masken. Lernt seine Ängste, seine Bedürfnisse, seine Sexualität, ja sogar seine Geschichte neu kennen.
Mit seinen Texten wolle er „einen Denkprozess, ein Umdenken beim Leser auslösen“, sagt Wachter. Er hoffe, dass bei der Lektüre von „Am Ende bin ich“ auch die Leser „schrittweise erkennen, wie sie ticken“. Solch eine Selbsterkenntnis, ein Umdenken hat es jüngst auch bei Wachter selbst gegeben. Eigentlich wollte er einmal Lektor werden. 2015 kam der gebürtige Österreicher deshalb nach München. Studierte an der Ludwig-Maximilians-Universität zunächst Germanistik und Informatik. Später wechselte er zur Anglistik. Geschrieben habe er schon immer gerne, sagt Wachter. Den Workshop für kreatives Schreiben, den er dann 2016 an der LMU besuchte, bezeichnet er heute als „großen Glücksgriff“. Denn dort lernte er zwei Mitglieder der Autorengruppe Prosathek kennen, die sich zuvor ebenfalls aus einem Schreibworkshop entwickelt hatte. Wachter stieg bei Prosathek ein. Das gemeinsame Arbeiten, den Austausch, das Feedback aus den Schreibworkshops will man dort dauerhaft fortführen.
„Wir versuchen das Schreiben wie eine Art Werkzeug zu sehen“, sagt Wachter, „benutzt du es nicht, rostet es ein, gibst du allerdings ständig Input, schleifst du dein Werkzeug“. So wird bei Prosathek ständig geschrieben, redigiert, „fein geschliffen“, wie Wachter sagt. Jeden Freitag erscheint ein solcher Text auf dem Blog von Prosathek. Mal sind sie humorvoll, mal traurig, mal regen sie zum Nachdenken an. Kurz sind sie immer, haben die richtige Länge, „um innerhalb einer durchschnittlich langen Fahrt mit einem öffentlichen Verkehrsmittel gelesen zu werden“, wie die Gruppe verspricht. Als die Verlagsleitung des Diederichs Verlags Prosathek das Angebot unterbreitete, ihre Romane zu verlegen, reichte Wachter relativ schnell sein Konzept ein. „So etwas kommt so gut wie nie vor, das ist großes Glück“, betont Wachter. Entstanden ist „Am Ende bin ich“ dann in relativ kurzer Zeit, sagt er, in acht Monaten. Der Qualität dieser Persönlichkeitsstudie, die dennoch erfrischend leicht erzählt ist, tut das allerdings keinen Abbruch. Vom ehemaligen Traumberuf Lektor hat sich Wachter erst einmal verabschiedet. Fortan wolle er sein Leben dem Schreiben widmen, sagt er. Zurecht, denn „Am Ende bin ich“ überzeugt als Debütroman.
So wie „Die letze Flaschenpost“ von Wachters Prosathek-Kollegin Annika Kemmeter. In ihrem Romandebüt erzählt sie von Janis, der sich in Angelina, die Enkelin des von ihm verehrten Dichters Otto Maaßen, verliebt. Vor seinem Tod schickt Maaßen einen letzten Gedichtzyklus als Flaschenpost in die Welt. Die Jagd nach den Flaschen führt Angelina und Janis nicht nur in verschiedene Städte entlang des Rheins, sondern auch zu einem dunklen Familiengeheimnis. Über Kemmeter sagt Wachter: „Sie ist das Zugpferd unserer Gruppe.“ Einer Gruppe, von der man mit Sicherheit auch in Zukunft noch viel erwarten darf.
ISABELL NINA SCHIRRA
Alexander Wachter: „Am Ende bin ich“, Diederichs, 224 Seiten, 18 Euro; Annika Kemmeter: „Die letzte Flaschenpost“, Diederichs, 256 Seiten, 18 Euro
Der Verlag bot der Gruppe an,
ihre Romane zu verlegen –
ein seltenes Glück
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Im Diederichs Verlag erscheinen zwei Romandebüts aus der Münchner Autorengruppe Prosathek
München – Die andauernde Zwangsisolation entpuppt sich für viele Menschen als eine Art Selbsterfahrung. Auch wenn es um den Buchmarkt gerade eher schlecht bestellt ist, hätte Alexander Wachters Debütroman „Am Ende bin ich“ in diesem Sinne kaum zu einem besseren Zeitpunkt erscheinen können. Denn auch Luca, Protagonist dieser textgewordenen Sinnkrise, sieht sich plötzlich mit dem Mysterium seines Selbst konfrontiert. „Ich verstehe mich immer weniger, je länger ich über mich selbst nachdenke“, gesteht Luca seinen Freunden.
Dabei erweckt „Am Ende bin ich“ zunächst den Anschein einer gewöhnlichen Liebestragödie. Luca verliebt sich in Aurora, Aurora sich vermeintlich auch in ihn. Die beiden verbringen ein paar glückliche Wochen, tauchen im Starnberger See, radeln die Isar entlang. Doch dann geht Aurora fremd. Der Vertrauensbruch lässt Luca nicht nur mit einem gebrochenen Herzen zurück, sondern auch mit dem Gefühl, sich selbst gar nicht zu kennen. Er stürzt sich von einer Affäre in die nächste. „Ariadne“, „Bernhard“ und „Janis“ heißen seine wechselnden Sexualpartner, wie auch die Kapitel im Buch. Und so kurz wie diese Kapitel sind auch diese Begegnungen. Auf seiner Flucht vor sich selbst verliert Luca unversehens Schicht um Schicht seine Masken. Lernt seine Ängste, seine Bedürfnisse, seine Sexualität, ja sogar seine Geschichte neu kennen.
Mit seinen Texten wolle er „einen Denkprozess, ein Umdenken beim Leser auslösen“, sagt Wachter. Er hoffe, dass bei der Lektüre von „Am Ende bin ich“ auch die Leser „schrittweise erkennen, wie sie ticken“. Solch eine Selbsterkenntnis, ein Umdenken hat es jüngst auch bei Wachter selbst gegeben. Eigentlich wollte er einmal Lektor werden. 2015 kam der gebürtige Österreicher deshalb nach München. Studierte an der Ludwig-Maximilians-Universität zunächst Germanistik und Informatik. Später wechselte er zur Anglistik. Geschrieben habe er schon immer gerne, sagt Wachter. Den Workshop für kreatives Schreiben, den er dann 2016 an der LMU besuchte, bezeichnet er heute als „großen Glücksgriff“. Denn dort lernte er zwei Mitglieder der Autorengruppe Prosathek kennen, die sich zuvor ebenfalls aus einem Schreibworkshop entwickelt hatte. Wachter stieg bei Prosathek ein. Das gemeinsame Arbeiten, den Austausch, das Feedback aus den Schreibworkshops will man dort dauerhaft fortführen.
„Wir versuchen das Schreiben wie eine Art Werkzeug zu sehen“, sagt Wachter, „benutzt du es nicht, rostet es ein, gibst du allerdings ständig Input, schleifst du dein Werkzeug“. So wird bei Prosathek ständig geschrieben, redigiert, „fein geschliffen“, wie Wachter sagt. Jeden Freitag erscheint ein solcher Text auf dem Blog von Prosathek. Mal sind sie humorvoll, mal traurig, mal regen sie zum Nachdenken an. Kurz sind sie immer, haben die richtige Länge, „um innerhalb einer durchschnittlich langen Fahrt mit einem öffentlichen Verkehrsmittel gelesen zu werden“, wie die Gruppe verspricht. Als die Verlagsleitung des Diederichs Verlags Prosathek das Angebot unterbreitete, ihre Romane zu verlegen, reichte Wachter relativ schnell sein Konzept ein. „So etwas kommt so gut wie nie vor, das ist großes Glück“, betont Wachter. Entstanden ist „Am Ende bin ich“ dann in relativ kurzer Zeit, sagt er, in acht Monaten. Der Qualität dieser Persönlichkeitsstudie, die dennoch erfrischend leicht erzählt ist, tut das allerdings keinen Abbruch. Vom ehemaligen Traumberuf Lektor hat sich Wachter erst einmal verabschiedet. Fortan wolle er sein Leben dem Schreiben widmen, sagt er. Zurecht, denn „Am Ende bin ich“ überzeugt als Debütroman.
So wie „Die letze Flaschenpost“ von Wachters Prosathek-Kollegin Annika Kemmeter. In ihrem Romandebüt erzählt sie von Janis, der sich in Angelina, die Enkelin des von ihm verehrten Dichters Otto Maaßen, verliebt. Vor seinem Tod schickt Maaßen einen letzten Gedichtzyklus als Flaschenpost in die Welt. Die Jagd nach den Flaschen führt Angelina und Janis nicht nur in verschiedene Städte entlang des Rheins, sondern auch zu einem dunklen Familiengeheimnis. Über Kemmeter sagt Wachter: „Sie ist das Zugpferd unserer Gruppe.“ Einer Gruppe, von der man mit Sicherheit auch in Zukunft noch viel erwarten darf.
ISABELL NINA SCHIRRA
Alexander Wachter: „Am Ende bin ich“, Diederichs, 224 Seiten, 18 Euro; Annika Kemmeter: „Die letzte Flaschenpost“, Diederichs, 256 Seiten, 18 Euro
Der Verlag bot der Gruppe an,
ihre Romane zu verlegen –
ein seltenes Glück
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