Björn Kuhligk ist einer dieser seltenen gewalttätigen Dichter, die ihr Publikum sofort in einen Zustand gespannter Wachheit versetzen. Er erzielt diesen Effekt nicht durch die Form seiner Gedichte, diese ist von besänftigender, ruhiger Schönheit - aufrüttelnd ist vielmehr die Gnadenlosigkeit, mit der er die Welt aufrastert und jede falsche Gelassenheit aufhebt. Mit seiner kraftvollen, anschaulichen und ungezwungenen Metaphorik führt er den Leser in Gebiete, in denen sich im Alltäglichen plötzlich die Türen zu den Passionsgeschichten des Lebens öffnen. In Lyrikerkreisen längst kein Unbekannter mehr, wird Björn Kuhligk vor allem für seine zeitdiagnostische Schärfe geschätzt. In diesem Gedichtband wagt er sich erstmals in die poetische Gefahrenzone des erotischen Liebesgedichts vor. Voller Bewunderung stellt man fest: Björn Kuhligks zielgenaue Lakonik erobert auch die Haut der Geliebten und es entstehen verstörende Kalligraphien des Begehrens. Leidenschaft wird als säkularisierte Passionsgeschichte lesbar, vergleichbar mit den frühen Werken Pasolinis.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Unter den jungen Schriftstellern der Berliner Literaturszene ist Björn Kuhligk bereits so etwas wie ein Star, weiß Rezensent Thomas Wild. Ihn beeindruckt das allerdings wenig, findet er doch Kuhligks neuen Gedichtband wenig gelungen. Wie Wild ausführt, folgen die meisten Gedichte, die sich um Liebe, Sex, Geburt, Tod, Trinken, Reisen, Berlin und Musik drehen, dem Prinzip der Collagetechnik, "die Bildfetzen, Gedankensplitter, Sinnesmomente und einzelne Wörter in schnellen Schnitten aneinander setzt". So weit, so gut. Nur lässt sich der Zusammenhang dieser Sequenzen nach Ansicht von Wild oft genug nicht erschließen. Auch die deutlich signalisierte Intention zum Nicht-Zusammenhang werde letztlich nicht schlüssig umgesetzt. Was Wild aber am meisten an Kuhligks Gedichten stört, ist, dass sie dem Beschriebenen eine "Audienz in Augenhöhe mit dem lyrischen Ich" verwehren. Er erblickt darin eine Haltung, "die man im Umgang mit Menschen abschätzig oder arrogant nennen würde". Wild mutmaßt, dass Kuhligk beim Blick in den Spiegel gerne einen Rolf Dieter Brinkmann wiedererkennen möchte. Davon ist er nach Ansicht Wilds allerdings weit entfernt: "Im Vergleich zu Autoren wie Brinkmann fehlt Kuhligks Texten jedoch viel", resümiert der Rezensent, "vor allem: der innere Antrieb".
© Perlentaucher Medien GmbH
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