Franz Dahlem (geb. 1938 in München) ist ein Unikat im internationalen Kunstbetrieb: Er hat die deutsche Kunstgeschichte ab den 60er Jahren maßgeblich geprägt. Der Kriegswaise, gelernte Bierbrauer und Buchhändler gründete als Autodidakt 1962 mit Heiner und Six Friedrich die Galerie Friedrich+Dahlem, in der sie das Münchner Pub likum mit avantgardistischen Positionen herausforderten. Ab 1967 beriet Dahlem in Darmstadt den Wella-Erben Karl Ströher und vermittelte dessen Ankauf der kompletten ersten Beuys-Ausstellung in Mönchengladbach (heute Block Beuys im Hessischen Landesmuseum Darmstadt) sowie der bedeutenden amerikanischen Pop-Art Sammlung Kraushar aus New York. Die Kunsthistorikerin Franziska Leuthäußer (geb. 1984) besuchte Franz Dahlem 2016 im Chiemgau, um ihn vier Tage lang zu interviewen. Das Ergebnis ist ein von wenigen Fragen unterbrochener, höchst unterhaltsamer und substanzieller Monolog, in dem mit fulminanter erzählerischer Wucht und bestechender Subjektivität alle wichtigen Figuren der Kunst in Dahlems Leben, von Beuys über Warhol und Baselitz bis Uwe Lausen und Blinky Palermo, vor dem Auge des Lesers lebendig werden.
Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Rezensent Florian Illies hängt an den Lippen des Bierbrauers und Galeristen Franz Dahlem. Was der, angetrieben von den klugen, witzigen Fragen von Franziska Leuthäußer als Oral-History über den Aufschlag der neuen Kunst im bleiernen Nachkriegsdeutschland zum Besten gibt, schmeckt Illies wie Schweinsbraten mit Knödeln. Klatsch und Tratsch über Blinky Palermo, Gerhard Richter u. a., über die Geburt der West-Berliner Kunstszene, Autobiografisches, Schelmisches aus der Werkstatt eines Satansbratens, aber auch eine "Schule des Sehens" bekommt der Rezensent da geliefert.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH