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Auf der Suche nach sich selbst verlässt Marc seine Heimatstadt London und fliegt auf die kleine Insel im Indischen Ozean, wo sein Großvater geboren wurde und sein Vater ums Leben kam, als Marc noch ein Kind war. Von der Insel hieß es früher, dass sie am Rand des Himmels liege. Doch inzwischen haben Bürgerkriege sie verwüstet; das Paradies scheint verloren. An einem kleinen, einsam gelegenen See begegnet Marc der änigmatischen Uva, einer Öko-Aktivistin. Doch ihre leidenschaftliche Romanze findet schon bald ein brutales Ende, als sie durch eine militärische Offensive voneinander getrennt werden.…mehr

Produktbeschreibung
Auf der Suche nach sich selbst verlässt Marc seine Heimatstadt London und fliegt auf die kleine Insel im Indischen Ozean, wo sein Großvater geboren wurde und sein Vater ums Leben kam, als Marc noch ein Kind war. Von der Insel hieß es früher, dass sie am Rand des Himmels liege. Doch inzwischen haben Bürgerkriege sie verwüstet; das Paradies scheint verloren.
An einem kleinen, einsam gelegenen See begegnet Marc der änigmatischen Uva, einer Öko-Aktivistin. Doch ihre leidenschaftliche Romanze findet schon bald ein brutales Ende, als sie durch eine militärische Offensive voneinander getrennt werden. Marc kann der Militärgewalt schließlich entkommen und macht sich auf die Suche nach seiner Geliebten, über deren Schicksal er nichts weiß. Es beginnt eine gefährliche, atemberaubende Reise quer über die Insel ...
Autorenporträt
Romesh Gunesekera ist 1953 in Sri Lanka geboren und lebt heute in London.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.03.2006

Im Prototyp des Pfaus
Verlorene Wurzeln: Romesh Gunesekera erträumt sich Sri Lanka

Trauminsel und Zufluchtsort sind die Schlüsselwörter in Romesh Gunesekeras drittem Roman. Ein harmonisches Idyll darf man deshalb aber nicht erwarten. Die Handlung findet an einem namenlosen Ort statt, der zwar in Sichtweite von "Heaven's Edge" liegt, aktuell aber eher unter der unmittelbaren Nachbarschaft der Hölle leidet. Wie schon in früheren Büchern bildet die Geschichte des Postkolonialismus und von Bürgerkriegen in einem Land wie Sri Lanka den Hintergrund. Dort wurde Gunesekera 1954, sechs Jahre nach der Unabhängigkeit, geboren. Seit Anfang der Siebziger lebt er im Londoner Exil und versteht sich als englischer Autor.

Gunesekera entwirft in diesem Buch eine imaginäre Heimat als einen Raum, der aus dem Blickwinkel der Migration mit erzählten Erinnerungen, sentimentalen Phantasien, aber auch mit ererbten Ängsten ausgefüllt wird. Der alte Begriff der Utopie taugt dafür nicht, weil der ersehnte Gegenort fremd und vertraut zugleich ist. Ein junger Mann namens Marc begibt sich von London aus dorthin, nicht um einen anderen, besseren Platz zu finden, sondern auf der Suche nach seiner eigenen Geschichte, seiner Herkunft und Identität. Marc erzählt rückblickend von dieser Reise, die er - ungefähr im Jahre 2015 - auf jene "scheinbar paradiesische Insel" unternahm, von der seine Familie stammt. Die Großeltern Eldon und Cleo, bei denen er nahe London aufwächst, wurden dort geboren, und sein Vater Lee kam dort ums Leben. Der Großvater berichtet dem Jungen viel über die Vergangenheit, über Pazifismus und seine humanitären Flugeinsätze in England während des Zweiten Weltkrieges.

Als Marc zu seiner Erkundungsreise aufbricht, führt er im Geiste nichts als Erzählungen und spärliche Dokumente seiner Familie mit. Von seinem Vater besitzt er nur eine Videoaufnahme und einen Brief, die dieser als Kampfflieger aus der gleichen Region nach Hause schickte. Lee hätte seinem Sohn gerne "ihre Insel" mit all den Geheimnissen gezeigt, wie er es selbst mit Eldon erlebt hatte. Doch er kehrt von dort nicht zurück, und Marcs Mutter nimmt sich wenig später das Leben. So beginnt der Ich-Erzähler - von Neugierde getrieben - selbst nach den mythischen Zufluchtsorten der Familie zu suchen.

Seit seiner Ankunft in einem Allerweltshotel verwandelt sich Marc von einem Touristen in einen "neuen Robinson". Es zieht ihn in den tropischen Busch, der sich unmittelbar hinter der abgeschirmten Ferienanlage öffnet. Marc trifft dort Uva, die sich auf der Flucht vor dem Bürgerkrieg eine Naturoase als autarken Lebensraum geschaffen hat. Doch dieser Schutzraum wird schon bald von Soldaten zerstört. Uva verschwindet spurlos, und Marc begibt sich auf eine langwierige Odyssee. Er versucht einen anderen, südlichen Zufluchtsort zu erreichen, wo er auf Uva und Spuren seiner Familie zu stoßen hofft.

Ob das am Ende gelingt, soll an dieser Stelle nicht verraten werden. Marcs Weg, den er mit zwei engen Vertrauten Uvas einschlägt, ist von intensiven Beobachtungen und Abenteuern geprägt. Die drei Männer flüchten aus der Hauptstadt, durchstreifen verwüstete Regionen, treffen auf verlassene Dörfer und herumirrende Bewohner. Dazwischen finden sich Flecken unberührter Natur, behagliche Höhlen und entlegene Landhäuser, die immer nur so lange Schutz gewähren, bis blutrünstige Soldaten sie stürmen. Wie waghalsig die Flucht vor dem nachrückenden Militär zuweilen ausfällt, zeigt Marcs Flug in einem Hängegleiter in Gestalt eines Pfaus, dessen Prototyp vor viereinhalbtausend Jahren auf der Insel entwickelt worden sein soll: "Irgendwie mußte ich fliegen lernen." Die Szene zeigt exemplarisch die teilweise abstrusen Aufschwünge ins Phantastische. Marc soll das Unwahrscheinliche offenbar gelingen, weil Eldon und Lee ihm ihre Fähigkeiten als Piloten wundersam vererbten.

Andere Szenen wirken wie Versatzstücke aus Liebes- oder Actionfilmen. Durch die Luft schwirrende Superhelden stehen einfach in zu schroffem Kontrast zu Marcs transkultureller Identitätssuche. Sicher kann man überlegen, ob er London je verlassen hat und der ganze Reisebericht nicht eher eine traumhafte Voyage intérieur oder Wunschphantasie ist. Doch dafür erscheint das Buch zu unentschieden. Die ohnehin überladene Handlung wird zusätzlich durch die heikle Frage belastet, wieviel Gewalt unter dem hier entworfenen Terror blind wütender Kriegsherren gerechtfertigt sei. Marc kämpft mit starken Zweifeln, ob die durch Eldon vermittelte pazifistische Erziehung den erlebten oder eben nur imaginierten Situationen gerecht werden kann. Duldet sein frei nach Kant formulierter Grundsatz, "daß all unsere Handlungen immer daran gemessen werden, wie sie idealerweise sein sollten", eine Ausnahme zur Selbsterhaltung?

Damit gerät er in tieferes Fahrwasser, als die zuweilen etwas naive Abenteuergeschichte verkraften kann. Sicher verliert der Held zwischen London und der Insel seiner Vorfahren die Unschuld. Daß er aber auf die komplexe ethische Frage nach der Gewalt schließlich eine Antwort findet, die er sich kurz zuvor noch nicht hätte träumen lassen, führt nicht wirklich zu einer Einsicht und greift als Ergebnis des Romans zu kurz.

ALEXANDER KOSENINA

Romesh Gunesekera: "Am Rand des Himmels". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Bernhard Kleinschmidt. Berlin Verlag, Berlin 2005. 270 S., geb., 22,- [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Hin und her gerissen ist Rezensentin Claudia Kramatschek von diesem Roman, in dem der in London lebende Romesh Gunesekera von seiner Heimat Sri Lanka erzählt, jener Insel, deren Schönheit alle Sinne betört und die doch ein von Krieg und Gewalt heimgesuchter Ort ist. Diese Ambivalenz schildere Gunesekera zwar sehr eindrücklich, räumt Kramatschek ein, doch hat sie auch den Eindruck, als diene sie nur als "schrecklich-schöne Kulisse" für die Liebesgeschichte zwischen dem aus London heimkehrenden Marc und der ökologisch engagierten Uva. Etwas unglaubwürdig erscheint ihr auch Marcs schnelle Wandlung vom "städtischen Greenhorn zum kampferbrobten Dschungel-Romeo". Manchmal nimmt für die Rezensentin der Kitsch in dieser Erzählung überhand, dann wieder die Poesie und schließlich eine verstörende Unversöhnlichkeit. Denn Hoffnung, so die Rezensentin, "gibt es aus der Feder von Gunesekera stets nur wenig bis keine".

© Perlentaucher Medien GmbH