Marcie Rendons tief in den Siebzigern angesiedelter, herbstlich stimmungsvoller Country Noir folgt einem ganz eigenen Erzählrhythmus. Cash ist eine traumhafte Hardboiled-Protagonistin: cool, wortkarg, tough und absolut instinktsicher. Das Porträt der ländlichen USA aus Sicht einer einzelgängerischen jungen Indianerin ist historisch akkurat und so poetisch wie illusionslos.
© BÜCHERmagazin, Sonja Hartl (sh)
Auf den Feldern
des Red River Valley
Die Päckchen sind verkrumpelt, die Zigaretten drin krumm, am liebsten aber raucht Cash eh alte Kippen. Sie ist Landarbeiterin im Red River Valley, zwischen Norddakota und Minnesota, sie fährt Traktoren und Laster. Renee Blackbear ist ihr richtiger Name, White Earth ist die Reservation, aus der sie kommt. Sie lehnt an ihrem Ranchero Pick-up und beobachtet die drei Männer auf dem Feld, die um den Toten stehen. Einer der Männer ist Sheriff Wheaton, der hat Cash behütet, als sie von Pflegefamilie zu Pflegefamilie gereicht wurde, eine billige Arbeitskraft, für die es Geld gab vom Staat. Jetzt will sie Wheaton helfen, bei dem Toten. Marcie Rendon gehört zum Stamm der Anishinabe White Earth Nation, sie erzählt Cashs Leben mit rauer Nüchternheit. Den Tag über arbeiten, abends schnell die Klamotten wechseln und ins Casbah, ein paar Dollars zusätzlich beim Poolbillard, mit dem Partner Jim, später mit Jim ins Bett, dann schickt sie ihn zurück zu Frau und Kind. Sie lehnt am Ranchero und zündet die Zigarette an, mit der linken Hand, das hat ihr ein Vietnamheimkehrer gezeigt: „Das brauchst du im Dschungel, damit du die andere Hand am Gewehr lassen kannst.“
FRITZ GÖTTLER
Marcie Rendon: Am roten Fluss. Aus dem Englischen von Laudan & Szelinski. Ariadne/Argument Verlag, Hamburg 2017. 220 Seiten, 13 Euro.
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