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Zum Kilimandscharo reist in diesem wundersamen Buch der Ich-Erzähler, hinter dem sein Autor Arnold Stadler gut zu erkennen ist. Eine Reportage soll er schreiben, aber er will weder auf den Gipfel noch auf Safari gehen. Im Gegenteil: Er hat Angst vor wilden Tieren und einen Smoking und Lackschuhe im Gepäck, weil er ja anschließend eine Einladung nach Bremen hat ... Und es genügt ihm völlig, einfach den wunderbaren Berg anzuschauen, der als Ölgemälde in der elterlichen Wohnstube hing und seither sein Sehnsuchtsziel ist. Die Reise nach Afrika wird für den Erzähler zu einer tragikomischen Tour de…mehr

Produktbeschreibung
Zum Kilimandscharo reist in diesem wundersamen Buch der Ich-Erzähler, hinter dem sein Autor Arnold Stadler gut zu erkennen ist. Eine Reportage soll er schreiben, aber er will weder auf den Gipfel noch auf Safari gehen. Im Gegenteil: Er hat Angst vor wilden Tieren und einen Smoking und Lackschuhe im Gepäck, weil er ja anschließend eine Einladung nach Bremen hat ... Und es genügt ihm völlig, einfach den wunderbaren Berg anzuschauen, der als Ölgemälde in der elterlichen Wohnstube hing und seither sein Sehnsuchtsziel ist.
Die Reise nach Afrika wird für den Erzähler zu einer tragikomischen Tour de Force durch deutsche Gegenwart, koloniale Vergangenheit und touristische Träume. Und, wie könnte es anders sein bei diesem Autor, zu einer kurvenreichen Erkundung des eigenen Inneren und des ganzen menschlichen Lebens. »Am siebten Tag flog ich zurück« ist ein poetisches Plädoyer, in einer sich wandelnden Welt das eigene Ich zu erhalten, die eigenen Wege zu gehen - und auf dem Glück zu bestehen.

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Autorenporträt
Arnold Stadler wurde 1954 in Meßkirch geboren. Er studierte katholische Theologie in München, Rom und Freiburg, anschließend Literaturwissenschaft in Freiburg, Bonn und Köln. Er lebt und schreibt in Berlin, in Sallahn unweit der Elbe und in Rast über Meßkirch. Arnold Stadler erhielt zahlreiche bedeutende Literaturpreise, darunter der Georg-Büchner-Preis. Zuletzt erschienen die Romane 'Rauschzeit' und 'Am siebten Tag flog ich zurück' sowie der Künstleressay 'Mein Leben mit Mark'. Literaturpreise: ¿ 1989 Literaturförderpreis der Jürgen-Ponto-Stiftung für 'Ich war einmal' ¿ 1994 Hermann-Hesse-Preis - Förderpreis für 'Feuerland' ¿ 1995 Nicolas-Born-Preis für Lyrik der Hubert-Burda-Stiftung ¿ 1996 Thaddäus-Troll-Preis ¿ 1996 Kulturpreis "Der Feldweg" von der Museumsgesellschaft Wald ¿ 1997 Märkisches Stipendium für Literatur ¿ 1998 Marie-Luise-Kaschnitz-Preis ¿ 1998/1999 Stadtschreiber von Bergen-Enkheim ¿ 1999 Alemannischer Literaturpreis ¿ 1999 Georg-Büchner-Preis, für seine autobiographisch gefärbten Romane ¿ 2002 Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg ¿ 2004 Stefan-Andres-Preis ¿ 2004/2005 Stipendiat des Internationalen Künstlerhauses Villa Concordia in Bamberg ¿ 2006 Ehrendoktorwürde der Freien Universität Berlin (FB Geschichts- und Kulturwissenschaften, Seminar für Katholische Theologie ¿ 2009 Kleist-Preis ¿ 2010 Johann-Peter-Hebel-Preis, der besonders Stadlers autobiographisch geprägte Trilogie 'Feuerland', 'Ich war einmal' und 'Mein Hund meine Sau mein Leben' würdigt ¿ 2014 Bodensee-Literaturpreis
Rezensionen
Rezensentin Ursula März gefällt, dass Arnold Stadler keine konventionelle Reiseerzählung über einen Trip zum Kilimandscharo vorlegt, sondern ein an Assoziationen, persönlichen Erinnerungen und allerhand Themen von der Schöpfungsgeschichte über Kolonialgeschichte bis zum Vietnamkrieg reiches buntes Allerlei. Dazu passt der schweifende Erzählflow, der März zufolge nur manchmal mehr Bändigung nötig gehabt hätte, und zwar immer dann, wenn der Autor, den März mit dem Erzähler gleichsetzt, ins Palavern verfällt.

© Perlentaucher Medien GmbH

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Oliver Jungen hat sich gern von Arnold Stadler, dem laut Kritiker vielleicht "katholischsten deutschen Schriftsteller", auf eine Pilgerreise zum Kilimandscharo mitnehmen lassen. Wobei der Roman dann doch eher eine Reise ins Innere ist, fährt der Rezensent fort, der hier ein ganzes Füllhorn an Gedanken, Analysen und poetischen Assoziationen vorfindet. Erinnerungen des Autors verbinden sich mit Referenzen auf dessen eigene Werke und kulturhistorischen Exkursen, aber auch mit Reflexionen über Kolonialismus, Geschichtsvergessenheit, "Sündenstolz" oder "Flugscham", klärt Jungen auf. Und wenn Stadlers misanthropischer Ich-Erzähler erstmal richtig loslegt, herrlich böse und "saukomisch", muss der Kritiker bei aller Besinnung auch herzlich lachen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.06.2021

Eine antiwilhelminische Donquichotterie
Der Berg ruft, und der Prophet gibt klein bei: Arnold Stadler reist zum Kilimandscharo und setzt dessen erhabenem Pathos ein kleines, schiefes Ich entgegen

Jede Reise ist auch eine Reise nach innen, in jene Echokammer, in der seit Kindertagen die Sehnsucht nach der Fremde, das Abenteurertum und all die bunten Vorurteile um die Wette tönen. Was nun Arnold Stadler, trotz aller Ironie und Theologiekritik des ehemaligen Priesteranwärters vielleicht der katholischste deutsche Schriftsteller (gegen die historisch-kritische Exegese hält er am Mysterium fest), mit seinem als Kilimandscharo-Reisebericht getarnten Besinnungs- und Bezichtigungsbuch, das einmal gar mit dem Titel "Reise nach innen" spielt, unternimmt, ist eine Inventur dieser intimen Kammer - aber zugleich doch viel mehr. Das umgestülpte Innere erweist sich als Rutschbahn in eine tragikomische, radikale Analyse postkolonialer Aporien. Lässt sich noch "ich" sagen, ohne damit schon schuldig zu werden? Siegen die Stärkeren einfach weiter? Ist unser aller Heimat der Tod?

Der Klappentext verspricht zunächst (und nicht falsch) den Abgleich einer kindlichen Paradiesvorstellung, die sich ihrerseits einem Abbild verdankt, einem Kilimandscharo-Gemälde des Stuttgarter Malers Fritz Lang aus dem Jahre 1931, das bis heute in Stadlers Elternhaus bei Meßkirch hängt, mit dem Urbild dieses Garten Eden: Der Autor sucht und findet die Stelle, an der Lang etwa gestanden haben muss. Just das hatte Stadler bereits im Januar 2017 getan, und zwar für die Reisebeilage einer Wochenzeitung. In dieser vier Jahre zurückliegenden Reportage näherte er sich sechs Tage lang, einem Pilger gleich, dem Ziel an, das ihm schließlich ein Epiphanie-Erlebnis bescherte, die Ahnung, "wie schön etwas sein könnte, das nicht vergeht". Für diese Lebenszäsur fand der Autor Worte vom Range eines Novalis: "dass die Sehnsucht nach diesem Berg, der so lange meine Zukunft war, nun in der Erinnerung mein Heimweh ist". So weit, so romantisch.

Auf den ersten Blick scheint das Buch, das dem Schlusssatz der Reportage auch seinen Titel verdankt (und den Genesis-Anklang noch ausweitet: "Und ich sah, dass es gut war"), eine poetisch-assoziative Ausfaltung dieser Vorlage zu sein. Der Bericht von der Pilgerreise umfasst jetzt zusätzlich köstliche Nahbeobachtungen eines geführten Touristen, hintersinnige Aperçus ("Der Mensch ist kein Baum, sondern ein Mensch, er hat auch keine Wurzeln"), Erinnerungen des Erzählers, der in Afrika viele Parallelen zu seiner Dorfherkunft entdeckt (virtuos bereits der Einstieg, der das Verschwinden der heimischen Feldwege unter dem Teer des nach John McAdam benannten Makadams zum Symbol einer ganz privaten Weltauslöschung macht), Verweise auf Stadler-Werke wie "Komm, gehen wir" oder "Salvatore", Überlegungen zum Kolonialismus, zur Geschichtsvergessenheit ("von Königgrätz wusste kein Schwein mehr") oder zur Vergänglichkeit. Zudem finden sich kulturgeschichtliche Exkurse, so zu Pascal Danels verträumtem Chanson von 1967, die aber eigensinnig bleiben, etwa Ernest Hemingway und die Verfilmung von "The Snows of Kilimanjaro" weitgehend ignorieren, dafür jedoch breit von Hemingways Bruder Leicester und dessen New-Atlantis-Gründung erzählen.

Und doch haben wir keinen handelsüblichen Reiseessay vor uns, sondern einen "Roman". Dort darf sich entfalten, was dem straffen Magazintext fehlte: der charakteristische Stadler-Sound, changierend zwischen kindlich entwaffnender Direktheit und dem Schwackenreuter Barock aus biblischer Devotion ("als wäre ich Moses"), Meßkircher Ontologie und erdfeuchtem Idiom, das mit Lust das Groteske streift. Stilistisch handelt es sich, wie gern bei Stadler, um eine meditative Litanei, die um einige variierte Basissätze herum wuchert. Inhaltlich schließlich ist das Buch vor allem ein Schelmenstück, eine Pikaro-Reise ins (immer noch schlagende) Herz des Kolonialismus.

Ein starkes Opfer war dazu nötig, das des Helden. Der skrupulöse, kulturmasochistische, alle Reisebekanntschaften mit misanthropischen Redeschwällen in die Flucht schlagende Ich-Erzähler, der nur "schauen", das Massiv aber gar nicht "bezwingen" will, der inmitten der Safari-Begeisterten einen Smoking und Lackschuhe durch Afrika schleppt, weil ihn der Rückflug gleich zur Eiswette in Bremen bringen soll, seine "Final Destination" also eine angestaubte Herrenclub-Sause ist (bis ihm schließlich, welch eine Pointe, Affen den Anzug und einen der Schuhe klauen), unterläuft programmatisch alles, was an heroischen Fantasien mit dem höchsten Berg Afrikas, der einige Jahrzehnte lang "Kaiser-Wilhelm-Spitze" hieß, einhergeht.

Das ist wunderbar bösartig und zugleich saukomisch. In der Fünf-Sterne-Lodge bringt den Erzähler die Angst vor Hyänen um den Schlaf. Die Safari hätte er am liebsten abgesagt und ist dann alles andere als begeistert, als er nach Stunden des Umhergefahrenwerdens eine Löwin ein Zebra abnagen sieht ("Das hätte aber dem Sultan von Sansibar gefallen, dem Kaiser Wilhelm ohnehin, Erich und Margot auch). Sein ganzes Leben, sein ganzer Glaube laufe jedoch auf den Einspruch dagegen hinaus, "dass die Mächtigen über die Ohnmächtigen triumphieren". Dass er selbst ein "Überlebender" sei, ein Erfolgsmensch aus dem reichen Europa, soll ihn nicht davon abhalten, selbst in der Steppe gegen den Darwinismus zu opponieren oder, schräg kombiniert, die Ceausescu-Hinrichtung zu billigen. Es ist ein Kampf gegen Windmühlen, den dieser Don Quichotte führt, aber ein nobler gleichwohl, leidet die Welt doch bis heute unter Windmühlenkriegern (wie Wilhelm zwo).

Doch auch zu den neuen Leitfiguren, in deren Kampfbegriffen wie "Flugscham" und "ökologischer Fußabdruck" auftrumpfende Askese mitschwingt (nah am "Sündenstolz"), will dieser Antiheld, "einer, der noch ,ich' sagte", nicht gehören. Er nähert sich "seinem Berg" nicht eisern wie Reinhold Messner, aber auch nicht mit dem geduckt taxierenden Blick des Teilnehmers einer an sich wenig ökologischen Weltklimakonferenz, sondern andächtig. Seit je zähle man ihn, einen "Taugenichts" ohne "Kampfgeist", zu denen, "die nicht zählten". Von dieser alleruntersten Warte aus, "als ein nicht überlebensfähiger Irrtum" im "Struggle for life", zieht der Protagonist hier - und zwar gerade hier, so nah am Paradies - allem aufgeblasen Heroischen und (Neo-)Kolonialistischen den Stöpsel, auf dass es in sich zusammenschrumpele: ein geradezu urchristlich gestimmter Angriff auf das endlose Machtspiel im Diesseits. Subversion durch Demut. Die Erhabenheit des unvergänglichen Bergmassivs (respektive Gottes) demonstriert dem Menschen in diesem denn doch besinnlichen Buch vor allem die eigene Kleinheit: "Es war ein schöner Anblick. Und ich sah, dass es gut war."

OLIVER JUNGEN

Arnold Stadler: "Am siebten Tag flog ich zurück". Meine Reise zum Kilimandscharo. Roman.

Verlag S. Fischer, Frankfurt am Main 2021. 240 S., geb., 23,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Es ist ein herrlich spitzes, spöttisches Buch Georg Patzer Badische Neueste Nachrichten 20210819