Am Südpol stehen sich die Pinguine die Beine in den Bauch. Geduldig harren sie der Dinge, die da kommen werden, und sie sind immer perfekt im Frack. Worauf sie warten? Elke Heidenreich hat es Gott sei Dank herausgefunden: Nicht allzu oft, doch dann und wann, kommt das Opernschiff aus Wien und lädt die Pinguine zur großen Operngala an Bord. Für diesen Tag wollen sie jederzeit gerüstet sein. Was diesmal wohl gespielt wird? Wer dieses Mal wohl singt? Man glaubt es kaum, die drei Tenöre. Und wenn sie "La Traviata" trällern, wird selbst den unterkühlten Pinguinen ganz heiß - aber auch nach der Vorstellung stehen sie so adrett da wie immer! "Wunderbar spöttische Verse, komisch und übermütig." SÜDDEUTSCHE ZEITUNG
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.10.1998Pavarotti und Pinguin
Elke Heidenreich im Paarreim mit den drei Tenören
Menschen, die längere Zeit mit Pinguinen Tür an Tür gelebt haben, Polarforscher etwa, beschreiben diese Nachbarn als possierlich, neugierig und ziemlich beschränkt. Letzteres, so fügen sie hinzu, erkläre sich umstandslos aus der antarktischen Umwelt: In solch reizarmem Ambiente könne man nur zum Einfaltspinsel werden; auch sie selbst hätten hart gegen Verpinguinisierung zu kämpfen gehabt.
Als Warenzeichen, Sympathieträger und Zeichentrickpersonal watschelt der Pinguin neuerdings in unserer Welt herum - es ist beängstigend. Elke Heidenreich und Quint Buchholz nun, die haben ihn da gelassen, wo er hingehört: in seinen Gefilden aus Schnee und Eis. Da sollte es ja nun so zugehen wie oben beschrieben, kärglich und eher dumpf. So wäre es auch, gäbe es nicht alle drei, vier Jahre den Mega-Event: "Da kommt es gerade - seht mal hin! / Das ist - das Opernschiff aus Wien. / An Bord: ein Dirigent, zwei Chöre, / und guckt doch bloß: DIE DREI TENÖRE!!!! / Es will sie niemand sonst mehr sehn, / sie müssen bis zum Südpol gehn!"
Dort sind sie aber goldrichtig, denn, so der Knaller des Buches: Pinguine sind Opern-Liebhaber, immer (und einzig deshalb) korrekt gekleidet, kennen die diesbezügliche Literatur, würden "Undine" bevorzugen, applaudieren aber auch bei "La Traviata", daß es Pavarotti warm ums Herz wird. Und so könnten alle zufrieden sein, die Tenöre und die Pinguine. Nur die Leser der Geschichte nicht! Denn Elke Heidenreichs Text in Paarreimen - mit Ausnahme der Aufführungsschilderung, die im anspruchsvollen Kreuzreim daherkommt - gelangt über ein Sammelsurium beliebiger, in sich unlogischer Klischees nicht hinaus, und die rollen obendrein zwischen der erwachsenen und der kindlichen Zielgruppe wie ein Mehlklößchen ins Gebüsch. Erwachsene wissen schon, daß der Tenöre-Boom vorbei ist, deren Kinder aber nichts von Pavarotti und Co., um nur ein Beispiel zu geben.
Wo nun Elke Heidenreich mit Gedanken zur Erderwärmung und menschlicher Beziehungsunfähigkeit ihre verhuschte Geschichte vorstellt, malt Quint Buchholz in seinem pointillistisch-phantastischen Fotorealismus höchst poetische, mit hübschen Details und Running Gags versehene Bilder, die einen fast mit dem Werk versöhnen könnten. Aber nur fast. buk.
Elke Heidenreich / Quint Buchholz: "Am Südpol, denkt man, ist es heiß." Carl Hanser Verlag, München 1998. 63 S., geb., 25,- DM. Für jedes Alter.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Elke Heidenreich im Paarreim mit den drei Tenören
Menschen, die längere Zeit mit Pinguinen Tür an Tür gelebt haben, Polarforscher etwa, beschreiben diese Nachbarn als possierlich, neugierig und ziemlich beschränkt. Letzteres, so fügen sie hinzu, erkläre sich umstandslos aus der antarktischen Umwelt: In solch reizarmem Ambiente könne man nur zum Einfaltspinsel werden; auch sie selbst hätten hart gegen Verpinguinisierung zu kämpfen gehabt.
Als Warenzeichen, Sympathieträger und Zeichentrickpersonal watschelt der Pinguin neuerdings in unserer Welt herum - es ist beängstigend. Elke Heidenreich und Quint Buchholz nun, die haben ihn da gelassen, wo er hingehört: in seinen Gefilden aus Schnee und Eis. Da sollte es ja nun so zugehen wie oben beschrieben, kärglich und eher dumpf. So wäre es auch, gäbe es nicht alle drei, vier Jahre den Mega-Event: "Da kommt es gerade - seht mal hin! / Das ist - das Opernschiff aus Wien. / An Bord: ein Dirigent, zwei Chöre, / und guckt doch bloß: DIE DREI TENÖRE!!!! / Es will sie niemand sonst mehr sehn, / sie müssen bis zum Südpol gehn!"
Dort sind sie aber goldrichtig, denn, so der Knaller des Buches: Pinguine sind Opern-Liebhaber, immer (und einzig deshalb) korrekt gekleidet, kennen die diesbezügliche Literatur, würden "Undine" bevorzugen, applaudieren aber auch bei "La Traviata", daß es Pavarotti warm ums Herz wird. Und so könnten alle zufrieden sein, die Tenöre und die Pinguine. Nur die Leser der Geschichte nicht! Denn Elke Heidenreichs Text in Paarreimen - mit Ausnahme der Aufführungsschilderung, die im anspruchsvollen Kreuzreim daherkommt - gelangt über ein Sammelsurium beliebiger, in sich unlogischer Klischees nicht hinaus, und die rollen obendrein zwischen der erwachsenen und der kindlichen Zielgruppe wie ein Mehlklößchen ins Gebüsch. Erwachsene wissen schon, daß der Tenöre-Boom vorbei ist, deren Kinder aber nichts von Pavarotti und Co., um nur ein Beispiel zu geben.
Wo nun Elke Heidenreich mit Gedanken zur Erderwärmung und menschlicher Beziehungsunfähigkeit ihre verhuschte Geschichte vorstellt, malt Quint Buchholz in seinem pointillistisch-phantastischen Fotorealismus höchst poetische, mit hübschen Details und Running Gags versehene Bilder, die einen fast mit dem Werk versöhnen könnten. Aber nur fast. buk.
Elke Heidenreich / Quint Buchholz: "Am Südpol, denkt man, ist es heiß." Carl Hanser Verlag, München 1998. 63 S., geb., 25,- DM. Für jedes Alter.
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