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Das Tor, vor dem ich steh, hat das Wetter gerostet. Rostberge stecken in der Öffnung, sie haben das Schlüsselloch ringsum verengt. Ein Nagel war noch reinzustecken. Irgendwo mag der Schlüssel liegen, vielleicht unter der Brücke, im Kanal oder hinter dem Beton in den Sand getreten. Der Eingang hinterm Tor ist liederlich zugemauert und nicht verputzt. Die Mauerwände stehen spröde und kahl, der Panzereinschuss ist noch gut zu sehn. Die alten Fugen sind weniger wellig als die neuen hinterm Tor, wo weder Mauer noch Fugen hingehören. Kriegsprovisorium hat sich zur Endgültigkeit erhoben an einem…mehr

Produktbeschreibung
Das Tor, vor dem ich steh, hat das Wetter gerostet. Rostberge stecken in der Öffnung, sie haben das Schlüsselloch ringsum verengt. Ein Nagel war noch reinzustecken. Irgendwo mag der Schlüssel liegen, vielleicht unter der Brücke, im Kanal oder hinter dem Beton in den Sand getreten. Der Eingang hinterm Tor ist liederlich zugemauert und nicht verputzt. Die Mauerwände stehen spröde und kahl, der Panzereinschuss ist noch gut zu sehn. Die alten Fugen sind weniger wellig als die neuen hinterm Tor, wo weder Mauer noch Fugen hingehören. Kriegsprovisorium hat sich zur Endgültigkeit erhoben an einem einst gepflegten Platz, an dem fünf Generationen bauten. Wind wogt über Felder, dass der Keimling im Boden zittert. Sturm schlägt stehendes Getreide nieder und macht das Schöpfungswerk zunichte. Das Kind fragt den Vater auf dem Felde, was es bedeutet. Der Vater schüttelt den Kopf, dass das Kind Tränen in die Augen bekommt. Der Vater nimmt das Kind an die Hand und sieht auf das zerzauste Feld. Ersagt, dass es nicht gut mit der Ernte gegen den Hunger steht. Das Kind hält den Blick ins verwüstete Feld und fragt den Vater, ob das an den Menschen liegt, die nicht immer gut zu Kindern sind. Das verschlägt dem Vater die Sprache, der sich wundert, woher das Kind das weiß. Das Kind fragte nicht weiter und hörte auf die tiefen Atemzüge des Vaters.
Autorenporträt
Lauschke, Helmut- Kindheitserlebnisse von der "Reichskristallnacht" und den Bombennächten über Köln- Übersiedlung nach Bautzen, wo der Vater als Gynäkologe eine kleine Frauenklinik betreibt- sieht als 10-Jähriger wenige Monate vor Kriegsende, wie ein Zug von Häftlingen in KZ-Kleidung von der SS bewacht durch die Stadt zieht- 1951 Rückkehr nach Köln, um dem "roten" Polit-Terror zu entgehen- Medizinstudium in Köln und München- seit 1960 Arzt, 1961 promoviert- dreijährige Ausbildung in der pathologischen Anatomie (Universität Köln)- Facharzt der Chirurgie (Universität Köln), der Traumatologie und plastisch rekonstruktiven Chirurgie (Ruhr-Universität Bochum)- 1985-1998 Arzt und Chirurg am Hospital in Oshakati- zum "Honorary Professor of the University of Namibia" ernannt (1997