Produktdetails
- Verlag: Knopf
- ISBN-13: 9780375411441
- ISBN-10: 0375411445
- Artikelnr.: 25219763
- Herstellerkennzeichnung Die Herstellerinformationen sind derzeit nicht verfügbar.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.07.2000Williard allein zu Haus
Joe Eszterhas über Hollywood und die Clinton-Jahre
NEW YORK, 24. Juli
In Hollywood sind Drehbuchautoren ein notwendiges Übel. Sie sind weder beliebt, noch werden sie berühmt, und der Witz von dem Starlet, das alles für seine Karriere tun würde und kalten Herzens mit einem Drehbuchschreiber ins Bett geht, ist gleichzeitig schon die Pointe. Das galt zu Hollywoods Glanzzeiten, und das gilt auch heute noch. Mit einer Ausnahme: Joe Eszterhas.
Seine Bücher zu "Basic Instinct", "Sliver", "Jade" und "Showgirls" waren den Studios viele Millionen Dollar wert, und Eszterhas wurde, was bis dahin undenkbar war, ein Star. Doch nachdem ein großer Haufen Geld auf seinem Konto angekommen und er in jeder Talkshow des Landes zu Gast gewesen war, fiel Eszterhas auf, dass er unterwegs zum Ruhm etwas verloren hatte, und das war, man ahnt es schon, seine Persönlichkeit. Vielen Jahren seriellen Ehebruchs folgte eine hässliche Scheidung, die Drogenräusche wurden schal, und Eszterhas sah sich umgeben von Leuten, die genau das Leben führten oder erträumten, von dem er plötzlich genug hatte. Er verschwand nach Maui, nahm seine neue Frau und seine Kinder mit und ließ eine Weile nichts von sich hören. Zurück kam er als treuer Gatte und Buchautor, wobei Ersteres sich der Bewertung entzieht, während Letzteres nach Gottes Erbarmen schreit. Denn Eszterhas hat die Jahre des Rückzugs zum eigenen Ich dazu genutzt, sich intensiv mit Bill Clinton zu beschäftigen und alles über die Monica-Lewinsky-Affäre zu lesen.
Nun waren auch seine Filmideen nicht immer die frischesten, doch dass er mit einem so erschöpften Thema die Jahre verbrachte, hat eine deprimierende Dimension, die nicht jedem Schicksal aus dem Kreis der Filmmillionäre anhaftet. Viertausend Seiten Starr-Report, dreitausend Seiten Linda-Tripp-Transkripte, dazu keineswegs metaphorische Berge von Zeitungs- und Zeitschriftenartikeln, Internetausdrucken und etwa ein Meter anderer Bücher - und das alles für "American Rhapsody", ein neunhundert Seiten dickes Buch, mit dem er seine Wiederkehr in die Welt heraustrompetet.
Die Geheimniskrämerei des Verlags, der von Rezensenten Schweigeabkommen bis zum Erscheinungstag am 18. Juli unterzeichnen ließ, ist angesichts des Themas absurd. Und nicht weniger, dass "American Rhapsody" als Sachbuch vermarktet wird. Da sprechen, allerdings typografisch deutlich gemacht, die handelnden Personen, und der Erzähler des letzten Kapitels ist seine Herrlichkeit "Williard", des Präsidenten Penis. Eszterhas, der vor seiner Drehbuchkarriere als Journalist bei "Rolling Stone" gearbeitet hat, nennt Clinton den "ersten Rock-'n'-Roll-Präsidenten", und auf diesem Originalitätsniveau schlurft das Buch voran. Da wird eine Parallele zwischen dem Showgeschäft und Washington D.C. entdeckt, die Vermischung von Politik und Unterhaltung beklagt und, so heißt es, niemand geschont, nicht im Osten und nicht im Westen. Neben zahllosen Anekdoten aus den Klatschküchen an beiden Küsten ist das Einzige, was wir bisher nicht wussten, die Enthüllung einer Art identifikatorischer Hassliebe des Autors zu seinem Generationsgenossen, dem Präsidenten. Wahrscheinlich war sie die Quelle der Energie, die es braucht, neunhundert Seiten zu schreiben. Eszterhas ist als wiedergeborener Moralist nach Hollywood zurückgekehrt und hofft offenbar, dass auch Bill Clinton nach dreißig Jahren unter dem Banner der sexuellen Revolution den rechten Weg finden wird. Ob der Präsident, der die Position des Moralisten ja niemals aufgegeben hat, das ebenfalls erstrebenswert findet, ist eine Frage, die naturgemäß offen bleibt. Nicht ganz so unbestimmt ist die Vermutung, dass sie außer Eszterhas kaum einen Amerikaner interessieren dürfte.
VERENA LUEKEN
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Joe Eszterhas über Hollywood und die Clinton-Jahre
NEW YORK, 24. Juli
In Hollywood sind Drehbuchautoren ein notwendiges Übel. Sie sind weder beliebt, noch werden sie berühmt, und der Witz von dem Starlet, das alles für seine Karriere tun würde und kalten Herzens mit einem Drehbuchschreiber ins Bett geht, ist gleichzeitig schon die Pointe. Das galt zu Hollywoods Glanzzeiten, und das gilt auch heute noch. Mit einer Ausnahme: Joe Eszterhas.
Seine Bücher zu "Basic Instinct", "Sliver", "Jade" und "Showgirls" waren den Studios viele Millionen Dollar wert, und Eszterhas wurde, was bis dahin undenkbar war, ein Star. Doch nachdem ein großer Haufen Geld auf seinem Konto angekommen und er in jeder Talkshow des Landes zu Gast gewesen war, fiel Eszterhas auf, dass er unterwegs zum Ruhm etwas verloren hatte, und das war, man ahnt es schon, seine Persönlichkeit. Vielen Jahren seriellen Ehebruchs folgte eine hässliche Scheidung, die Drogenräusche wurden schal, und Eszterhas sah sich umgeben von Leuten, die genau das Leben führten oder erträumten, von dem er plötzlich genug hatte. Er verschwand nach Maui, nahm seine neue Frau und seine Kinder mit und ließ eine Weile nichts von sich hören. Zurück kam er als treuer Gatte und Buchautor, wobei Ersteres sich der Bewertung entzieht, während Letzteres nach Gottes Erbarmen schreit. Denn Eszterhas hat die Jahre des Rückzugs zum eigenen Ich dazu genutzt, sich intensiv mit Bill Clinton zu beschäftigen und alles über die Monica-Lewinsky-Affäre zu lesen.
Nun waren auch seine Filmideen nicht immer die frischesten, doch dass er mit einem so erschöpften Thema die Jahre verbrachte, hat eine deprimierende Dimension, die nicht jedem Schicksal aus dem Kreis der Filmmillionäre anhaftet. Viertausend Seiten Starr-Report, dreitausend Seiten Linda-Tripp-Transkripte, dazu keineswegs metaphorische Berge von Zeitungs- und Zeitschriftenartikeln, Internetausdrucken und etwa ein Meter anderer Bücher - und das alles für "American Rhapsody", ein neunhundert Seiten dickes Buch, mit dem er seine Wiederkehr in die Welt heraustrompetet.
Die Geheimniskrämerei des Verlags, der von Rezensenten Schweigeabkommen bis zum Erscheinungstag am 18. Juli unterzeichnen ließ, ist angesichts des Themas absurd. Und nicht weniger, dass "American Rhapsody" als Sachbuch vermarktet wird. Da sprechen, allerdings typografisch deutlich gemacht, die handelnden Personen, und der Erzähler des letzten Kapitels ist seine Herrlichkeit "Williard", des Präsidenten Penis. Eszterhas, der vor seiner Drehbuchkarriere als Journalist bei "Rolling Stone" gearbeitet hat, nennt Clinton den "ersten Rock-'n'-Roll-Präsidenten", und auf diesem Originalitätsniveau schlurft das Buch voran. Da wird eine Parallele zwischen dem Showgeschäft und Washington D.C. entdeckt, die Vermischung von Politik und Unterhaltung beklagt und, so heißt es, niemand geschont, nicht im Osten und nicht im Westen. Neben zahllosen Anekdoten aus den Klatschküchen an beiden Küsten ist das Einzige, was wir bisher nicht wussten, die Enthüllung einer Art identifikatorischer Hassliebe des Autors zu seinem Generationsgenossen, dem Präsidenten. Wahrscheinlich war sie die Quelle der Energie, die es braucht, neunhundert Seiten zu schreiben. Eszterhas ist als wiedergeborener Moralist nach Hollywood zurückgekehrt und hofft offenbar, dass auch Bill Clinton nach dreißig Jahren unter dem Banner der sexuellen Revolution den rechten Weg finden wird. Ob der Präsident, der die Position des Moralisten ja niemals aufgegeben hat, das ebenfalls erstrebenswert findet, ist eine Frage, die naturgemäß offen bleibt. Nicht ganz so unbestimmt ist die Vermutung, dass sie außer Eszterhas kaum einen Amerikaner interessieren dürfte.
VERENA LUEKEN
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