Produktdetails
- Verlag: Grasset
- Seitenzahl: 494
- Französisch
- Abmessung: 205mm
- Gewicht: 506g
- ISBN-13: 9782246683919
- ISBN-10: 2246683912
- Artikelnr.: 20825879
- Herstellerkennzeichnung Die Herstellerinformationen sind derzeit nicht verfügbar.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.03.2007Verzerrte Reisebilder
Bernard-Henry Lévy liest aus "American Vertigo"
Reisen bildet. Zumindest unter der Voraussetzung, dass der Besucher die bereisten Orte für sich sprechen lässt, was eben nicht immer der Fall ist. Gelegentlich endet der Ausflug in die Fremde wieder beim eigenen Standpunkt, der Reisebericht entpuppt sich als Monolog. Diesen Eindruck hinterließ Bernard-Henry Lévy in der Frankfurter Romanfabrik, in der er aus seinem kürzlich erschienenen Buch "American Vertigo" vorlas, dem Ergebnis einer neunmonatigen Reise durch die Vereinigten Staaten, die der französische Philosoph und Publizist auf Bitten des Magazins "Atlantic Monthly" unternahm. So literarisch sein Werk auch anmutet: Amerika bleibt stumm.
Ursprünglich sollte Lévy in die Fußstapfen von Alexis de Tocqueville treten, der vor 185 Jahren auszog, die amerikanische Demokratie zu studieren. Abermals bereiste ein Franzose in politischer Mission die Neue Welt, eine wirkliche Auseinandersetzung mit dem Gegenstand fand diesmal allerdings nicht statt. Lévy eröffnete die Lesung mit einer Persönlichkeitsanalyse von George W. Bush, die kaum mit neuen Erkenntnissen zu glänzen vermochte: Bush im Schatten seines Vaters, der geborene Verlierer, der nicht nur als Geschäftsmann, sondern auch als Politiker gescheitert ist, sich in letzter Instanz aber auf religiöse Erweckungserlebnisse beruft. Eine wohlwollendere Behandlung erfuhr Hillary Clinton, die als aufrechte und schöne Frau verehrt wurde. Verblüffte Lévy zuvor mit hohem Sprechtempo, schlug er nun sanftere Töne an. Hatte er zuvor wild gestikuliert und zur Bekräftigung seiner Thesen gelegentlich bedeutend die Faust erhoben, zeigte er sich nun von seiner versöhnlichen Seite. Nachdem er noch einmal die Eskapaden von Clintons Ehemann Bill aufgefrischt hatte, feierte er die Präsidentschaftskandidatin als willkommene Fügung der Universalgeschichte. Amerika aber blieb stumm.
In der anschließenden Diskussion, die von Michel Friedman moderiert wurde, bemühte sich Lévy um Erklärungen für antiamerikanische Ressentiments, die jedoch in allgemeinen Ansätzen steckenblieben. Ähnlich pauschal verliefen seine Ausführungen zur Bedrohung durch den Islamismus, zum Antisemitismus und zur Lage der Intellektuellen. Spekulative Rundumschläge folgten auf abgedroschene Sichtweisen. Möge der nächste Franzose Amerika wieder zum Sprechen bringen.
ERIK ZYBER
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Bernard-Henry Lévy liest aus "American Vertigo"
Reisen bildet. Zumindest unter der Voraussetzung, dass der Besucher die bereisten Orte für sich sprechen lässt, was eben nicht immer der Fall ist. Gelegentlich endet der Ausflug in die Fremde wieder beim eigenen Standpunkt, der Reisebericht entpuppt sich als Monolog. Diesen Eindruck hinterließ Bernard-Henry Lévy in der Frankfurter Romanfabrik, in der er aus seinem kürzlich erschienenen Buch "American Vertigo" vorlas, dem Ergebnis einer neunmonatigen Reise durch die Vereinigten Staaten, die der französische Philosoph und Publizist auf Bitten des Magazins "Atlantic Monthly" unternahm. So literarisch sein Werk auch anmutet: Amerika bleibt stumm.
Ursprünglich sollte Lévy in die Fußstapfen von Alexis de Tocqueville treten, der vor 185 Jahren auszog, die amerikanische Demokratie zu studieren. Abermals bereiste ein Franzose in politischer Mission die Neue Welt, eine wirkliche Auseinandersetzung mit dem Gegenstand fand diesmal allerdings nicht statt. Lévy eröffnete die Lesung mit einer Persönlichkeitsanalyse von George W. Bush, die kaum mit neuen Erkenntnissen zu glänzen vermochte: Bush im Schatten seines Vaters, der geborene Verlierer, der nicht nur als Geschäftsmann, sondern auch als Politiker gescheitert ist, sich in letzter Instanz aber auf religiöse Erweckungserlebnisse beruft. Eine wohlwollendere Behandlung erfuhr Hillary Clinton, die als aufrechte und schöne Frau verehrt wurde. Verblüffte Lévy zuvor mit hohem Sprechtempo, schlug er nun sanftere Töne an. Hatte er zuvor wild gestikuliert und zur Bekräftigung seiner Thesen gelegentlich bedeutend die Faust erhoben, zeigte er sich nun von seiner versöhnlichen Seite. Nachdem er noch einmal die Eskapaden von Clintons Ehemann Bill aufgefrischt hatte, feierte er die Präsidentschaftskandidatin als willkommene Fügung der Universalgeschichte. Amerika aber blieb stumm.
In der anschließenden Diskussion, die von Michel Friedman moderiert wurde, bemühte sich Lévy um Erklärungen für antiamerikanische Ressentiments, die jedoch in allgemeinen Ansätzen steckenblieben. Ähnlich pauschal verliefen seine Ausführungen zur Bedrohung durch den Islamismus, zum Antisemitismus und zur Lage der Intellektuellen. Spekulative Rundumschläge folgten auf abgedroschene Sichtweisen. Möge der nächste Franzose Amerika wieder zum Sprechen bringen.
ERIK ZYBER
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