Allen Frances warnt davor, die Wahl Trumps als Ausnahmefall oder Ausrutscher zu betrachten und nicht als Spiegelbild unserer Demokratie. Denn wir müssen uns mit der Frage beschäftigen, was seine Wahl über den Zustand der USA aussagt. In der Psychiatrie wird eine Wahnidee oder ein Irrglaube als eine tief sitzende, abwegige Überzeugung definiert. Und an genau solchen wahnhaften Überzeugungen hält die amerikanische Gesellschaft fest - aber auch viele andere westliche Gesellschaften. Lieber begegnen wir der bedrohlichen Realität mit Verleugnung, Wunschdenken und abwegigen Verhaltensweisen. Doch die Einsicht, dass wir uns selbst ein tiefes Loch graben, ist der erste und unerlässliche Schritt, um aus ihm herauszuklettern.
Der Job eines Psychiaters ist es, Patienten zu helfen, aus ihren Fehlern zu lernen, das Irrationale ihres Denkens freizulegen und den Teufelskreis selbstzerstörerischen Verhaltens zu beenden. Diesen Heilungsprozess braucht nicht nur der Einzelne, sondern die gesamte westliche Welt. Denn wir müssen uns dem Wahnsinn in unserer Gesellschaft stellen - bevor es zu spät ist.
»Allen Frances argumentiert schlüssig, dass es deutlich dringender ist, die nationale Psyche zu entschlüsseln, als uns mit Debatten über Trumps geistigen Zustand abzulenken. Die viel wichtigere Frage ist: Was hat unsere Politik bis an diesen Punkt geführt?«
THE NEW YORKER
»Ein überragender Psychiater«
THE NEW YORK TIMES
Der Job eines Psychiaters ist es, Patienten zu helfen, aus ihren Fehlern zu lernen, das Irrationale ihres Denkens freizulegen und den Teufelskreis selbstzerstörerischen Verhaltens zu beenden. Diesen Heilungsprozess braucht nicht nur der Einzelne, sondern die gesamte westliche Welt. Denn wir müssen uns dem Wahnsinn in unserer Gesellschaft stellen - bevor es zu spät ist.
»Allen Frances argumentiert schlüssig, dass es deutlich dringender ist, die nationale Psyche zu entschlüsseln, als uns mit Debatten über Trumps geistigen Zustand abzulenken. Die viel wichtigere Frage ist: Was hat unsere Politik bis an diesen Punkt geführt?«
THE NEW YORKER
»Ein überragender Psychiater«
THE NEW YORK TIMES
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.07.2018Ein Land wird zum Therapiefall
Psychiatrische Analyse des Trump-Zeitalters
Ist der 45. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, Donald J. Trump, geisteskrank? Der renommierte amerikanische Psychiater Allen Frances, emeritierter Professor an der Duke University, verneint diese Frage in seinem lesenswerten Buch. Natürlich sei Donald Trump ein "Narzisst ersten Grades", daraus aber eine narzisstische Persönlichkeitsstörung abzuleiten, bringe das eigentliche Problem nicht auf den Punkt. Schließlich seien die auffälligsten Lügner meistens nicht verrückt.
Die Zeitung "Washington Post" mag da ruhig die Lügen des derzeit mächtigsten Mannes der Welt weiter dokumentieren und schon bei mehr als 3000 angelangt sein. Eine psychische Krankheit lasse sich aus diesem Befund aber nicht einfach diagnostizieren. Können wir aufatmen? Nicht zwingend, denn eine Gefahr für die Welt ist der Mann im Weißen Haus für Frances schon. Schließlich repräsentiert Trump geradezu prototypisch etwas, was der Psychiater kurz und bündig als "amerikanischen Irrsinn" diagnostiziert. Für Frances sind viele seiner Landsleute einer Reihe höchst beunruhigender "gesellschaftlicher Wahnideen" verfallen.
Dazu zählt die Vorstellung, dass der wachsende Reichtum schon zu allen anderen durchsickern wird, aber auch die mancherorts höchst populäre Vorstellung, dass eine Mauer zu Mexiko die Einwanderungsprobleme des Landes lösen könnte. Für Frances ist es auch eine Wahnidee, dass mehr Waffen in den Händen der Amerikaner das Land sicherer machen könnten oder dass die anthropogene Klimaerwärmung keine Megabedrohung für die Zukunft seines Landes darstellt. So sieht er nicht Trump als unzurechnungsfähig an, sondern erhebliche Teile des amerikanischen Demos.
Der verstörende Präsident ist für den Psychiater nicht mehr als ein Bote, der aufdeckt, dass es in einem größeren Teil der amerikanischen Gesellschaft starke Momente der "wahnhaften Verleugnung" der Realität gibt. Da ist es belanglos, ob Trump nun verrückt ist oder nicht. Damit ist freilich noch nicht geklärt, warum er in den Präsidentenwahlen 2016 triumphieren konnte. Frances bietet auch dazu im zweiten Teil seines Buches Antworten an, die allerdings weniger plastisch und überzeugend ausfallen als seine vorangehenden psychiatrischen Betrachtungen.
Ungleiche Lebensbedingungen, stagnierende Lebensstandards, prekäre Krankenversicherungen, rapide soziostrukturelle Veränderungen der amerikanischen Gesellschaft, gepaart mit einer stetig wachsenden parteipolitischen Polarisierung, das kann man auch an anderer Stelle und dort genauer nachlesen. Richtig ist: Der Populismus in den Händen von Autokraten kann zum Friedhof der Demokratie werden. Denn die Präsidentschaft Trumps stellt für Frances auch einen ernsten Angriff auf die Demokratie dar. Für den Psychiater ist es an der Zeit, sich zu verteidigen und die Polarisierung in der amerikanischen Gesellschaft rückgängig zu machen.
Dabei könnten die Zivilgesellschaft und mit ihr die Politik aus seiner Sicht durchaus von der Psychotherapie lernen. Wenn man Wähler wie Patienten betrachte, dann werde klar, dass man die Sprache der Patienten sprechen müsse. Also doch ein Plädoyer für den Populismus, nur eben nicht Trumpscher Provenienz? Hier zeigt sich, wie schwer es ist, über die psychotherapeutische Diagnose hinaus eine politische Diskursanalyse zu betreiben. Schließlich sind die Trump-Wähler im republikanischen Lager nun auch fast 18 Monate nach seiner Amtsübernahme mehrheitlich mit seiner Amtsführung zufrieden, wie verstörend sich der Präsident auch immer wieder über Twitter gebärden mag.
Ganz so einfach dürfte es also doch nicht werden, die gesellschaftlichen Wahnideen, die Frances für die Vereinigten Staaten diagnostiziert hat, zu überwinden. Bleibt also nur die Tragödie der Osterinseln als mahnende Metapher, um die Gesellschaftswelt wachzurütteln? Frances gibt sich hier überraschend schwarzweiß: "Für das kommende Jahrhundert gibt es exakt zwei mögliche Szenarien", schreibt er und fügt hinzu: "Entweder rauft sich unsere Spezies zusammen - oder sie wird sich selbst zerfleischen." Bleibt zu hoffen, dass Frances sein nächstes, hoffentlich ebenso lesenswertes Buch dann doch nicht so unterkomplex beendet.
JÜRGEN WILZEWSKI
Allen Frances: Amerika auf der Couch. Ein Psychiater analysiert das Trump-Zeitalter.
DuMont Buchverlag, Köln 2018. 479 S., 26,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Psychiatrische Analyse des Trump-Zeitalters
Ist der 45. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, Donald J. Trump, geisteskrank? Der renommierte amerikanische Psychiater Allen Frances, emeritierter Professor an der Duke University, verneint diese Frage in seinem lesenswerten Buch. Natürlich sei Donald Trump ein "Narzisst ersten Grades", daraus aber eine narzisstische Persönlichkeitsstörung abzuleiten, bringe das eigentliche Problem nicht auf den Punkt. Schließlich seien die auffälligsten Lügner meistens nicht verrückt.
Die Zeitung "Washington Post" mag da ruhig die Lügen des derzeit mächtigsten Mannes der Welt weiter dokumentieren und schon bei mehr als 3000 angelangt sein. Eine psychische Krankheit lasse sich aus diesem Befund aber nicht einfach diagnostizieren. Können wir aufatmen? Nicht zwingend, denn eine Gefahr für die Welt ist der Mann im Weißen Haus für Frances schon. Schließlich repräsentiert Trump geradezu prototypisch etwas, was der Psychiater kurz und bündig als "amerikanischen Irrsinn" diagnostiziert. Für Frances sind viele seiner Landsleute einer Reihe höchst beunruhigender "gesellschaftlicher Wahnideen" verfallen.
Dazu zählt die Vorstellung, dass der wachsende Reichtum schon zu allen anderen durchsickern wird, aber auch die mancherorts höchst populäre Vorstellung, dass eine Mauer zu Mexiko die Einwanderungsprobleme des Landes lösen könnte. Für Frances ist es auch eine Wahnidee, dass mehr Waffen in den Händen der Amerikaner das Land sicherer machen könnten oder dass die anthropogene Klimaerwärmung keine Megabedrohung für die Zukunft seines Landes darstellt. So sieht er nicht Trump als unzurechnungsfähig an, sondern erhebliche Teile des amerikanischen Demos.
Der verstörende Präsident ist für den Psychiater nicht mehr als ein Bote, der aufdeckt, dass es in einem größeren Teil der amerikanischen Gesellschaft starke Momente der "wahnhaften Verleugnung" der Realität gibt. Da ist es belanglos, ob Trump nun verrückt ist oder nicht. Damit ist freilich noch nicht geklärt, warum er in den Präsidentenwahlen 2016 triumphieren konnte. Frances bietet auch dazu im zweiten Teil seines Buches Antworten an, die allerdings weniger plastisch und überzeugend ausfallen als seine vorangehenden psychiatrischen Betrachtungen.
Ungleiche Lebensbedingungen, stagnierende Lebensstandards, prekäre Krankenversicherungen, rapide soziostrukturelle Veränderungen der amerikanischen Gesellschaft, gepaart mit einer stetig wachsenden parteipolitischen Polarisierung, das kann man auch an anderer Stelle und dort genauer nachlesen. Richtig ist: Der Populismus in den Händen von Autokraten kann zum Friedhof der Demokratie werden. Denn die Präsidentschaft Trumps stellt für Frances auch einen ernsten Angriff auf die Demokratie dar. Für den Psychiater ist es an der Zeit, sich zu verteidigen und die Polarisierung in der amerikanischen Gesellschaft rückgängig zu machen.
Dabei könnten die Zivilgesellschaft und mit ihr die Politik aus seiner Sicht durchaus von der Psychotherapie lernen. Wenn man Wähler wie Patienten betrachte, dann werde klar, dass man die Sprache der Patienten sprechen müsse. Also doch ein Plädoyer für den Populismus, nur eben nicht Trumpscher Provenienz? Hier zeigt sich, wie schwer es ist, über die psychotherapeutische Diagnose hinaus eine politische Diskursanalyse zu betreiben. Schließlich sind die Trump-Wähler im republikanischen Lager nun auch fast 18 Monate nach seiner Amtsübernahme mehrheitlich mit seiner Amtsführung zufrieden, wie verstörend sich der Präsident auch immer wieder über Twitter gebärden mag.
Ganz so einfach dürfte es also doch nicht werden, die gesellschaftlichen Wahnideen, die Frances für die Vereinigten Staaten diagnostiziert hat, zu überwinden. Bleibt also nur die Tragödie der Osterinseln als mahnende Metapher, um die Gesellschaftswelt wachzurütteln? Frances gibt sich hier überraschend schwarzweiß: "Für das kommende Jahrhundert gibt es exakt zwei mögliche Szenarien", schreibt er und fügt hinzu: "Entweder rauft sich unsere Spezies zusammen - oder sie wird sich selbst zerfleischen." Bleibt zu hoffen, dass Frances sein nächstes, hoffentlich ebenso lesenswertes Buch dann doch nicht so unterkomplex beendet.
JÜRGEN WILZEWSKI
Allen Frances: Amerika auf der Couch. Ein Psychiater analysiert das Trump-Zeitalter.
DuMont Buchverlag, Köln 2018. 479 S., 26,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
»Allen Frances ist eine Institution in Bereich Psychologie.« Daniel Pontzen, ZDF Auslandsjournal »Seine Stimme hat besonderes Gewicht, denn Frances hat im Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM), einem der wichtigsten psychiatrischen Diagnosehandbücher, jene Kriterien erarbeitet und beschrieben, die für eine narzisstische Persönlichkeitsstörung erfüllt sein müssen - just jenes Leiden, das Donald Trump am häufigsten attestiert wird.« Jan Schweitzer, DIE ZEIT »Man mag ihm nicht widersprechen.« Birgit Schmid, NEUE ZÜRCHER ZEITUNG »Der Psychiatrie-Papst Amerikas.« Thomas Jahn, HANDELSBLATT »Ist [...] Donald J. Trump geisteskrank? Der renommierte amerikanische Psychiater Allen Frances [...] verneint diese Frage in seinem lesenswerten Buch.« Jürgen Wilzewski, FAZ »Allen Frances lenkt unseren Blick vom vermeintlich psychisch labilen Trump auf eine psychisch definitiv instabile Gesellschaft.« Kolja Mensing, DEUTSCHLANDFUNK KULTUR »Ein ganz komplexes, sehr sehr vielschichtiges Buch, das unglaubliche viele Perspektiven einbindet. [...] und das ist gleichzeitig saftig und wuchtig und schmissig geschrieben, also ein riesen Lesevergnügen.« Susanne Billig, DLF KULTUR »In dem Buch 'Amerika auf der Couch' erklärt der Psychiater Allen Frances den krankhaften Zustand der USA und was Staaten von Ameisenkolonien lernen können.« ZEIT MAGAZIN »Halldis Engelhardt erzählt in 'Sieh dich nicht um' die geheime Geschichte ihrer Eltern während des Einmarsches des Deutschen in Norwegen im Jahr 1940.« Susanne Walsleben, FÜR SIE »Frances einer der profiliertesten Psychiater weltweit legt in diesem fundamentalen zur politischen Lage nicht Trump auf die Couch, sondern die Nation, die ihn gewählt hat.« BUCH-MAGAZIN »'Amerika auf der Couch' heißt sein neuestes, im Februar erschienenes Buch. Darin analysiert der renommierte Psychiater Allen Frances das Trump-Zeitalter. Er betrachtet den Aufstieg des derzeitigen US-Präsidenten als symptomatisch für eine tiefere gesellschaftliche Notlage. Diese gelte es zu verstehen, wenn man weltweit dem Wiedererstarken irrationaler Tendenzen Einhalt gebieten wolle.« Lilo Berg, BERLINER ZEITUNG »Mit den Mitteln des Therapeuten und Verhaltensforschers analysiert er, warum heute so viele dem Nationalwahn, dem Dissozialen und Selbstbetrug erlegen sind, und zeigt Lösungswege auf.« Angelika Bachmann, SCHWÄBISCHES TAGBLATT »Das Buch ist so gut, dass ich mir wünschen würde, dies zur Pflichtlektüre eines jeden angehenden Lehrers, jedes Mandatsträgers, jedes BWL - Studenten, etc., oder was auch immer zu machen, um all diesen Menschen die Augen zu öffnen, um was es heute geht: Demokratie nicht nur zu retten, sondern zu verstehen. « Fred Ape