Lakonisch und kritisch - Arnold Höllriegels »Amerika-Bilderbuch« zeigt die Gesellschaft der USA am Ende der 1920er Jahre jenseits aller Klischees.Arnold Höllriegel gehört zu den populärsten Feuilletonisten und Reiseschriftstellern der Weimarer Republik. Wie viele seiner Kollegen besuchte auch er in den 1920er Jahren gleich mehrmals die USA. Mit dem »Amerika-Bilderbuch« liegen nun erstmals seine Aufzeichnungen einer Reise aus den späten 1920er Jahren vor, die ihn mit dem Auto durch ganz Amerika, von New York bis Los Angeles, von Chicago bis Mexiko führte. Seine Betrachtungen der amerikanischen Gesellschaft im Alltag, aber auch der einzigartigen Natur eröffnen einen ebenso lakonischen wie kritischen Blick auf die noch junge Geschichte der Vereinigten Staaten, jenseits stereotyper und auf die großen Städte fixierter Betrachtungen.Der erstmals aus dem Nachlass edierte Text wird von Michael Grisko in einem Essay historisch eingeordnet. Ergänzt wird diese außergewöhnliche Neuedition durch zahlreiche, ebenfalls erstmals veröffentlichte Fotos von einer späteren Reise Arnold Höllriegels durch Nordamerika mit Hans Casparius.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.07.2013Unter Indianern
Auf einer Autoreise durch Amerika merkte Arnold Höllriegel in "drei, vier, sechs" Städten, dass sich das größte Restaurant stets an derselben Straßenecke befand: "Wir hatten einfach schon die Gewohnheit, hier und nicht anderswo zu essen, waren Stammgäste sozusagen." Da es aber freilich jedes Mal ein anderes Lokal war, liegt in diesem "Stammgäste sozusagen" ein feiner Spott über die Gleichförmigkeit der Orte. 1883 als Richard Bermann in Wien geboren, reüssierte Höllriegel als Journalist und Reiseschriftsteller in der Weimarer Republik, wurde 1933 jedoch wegen seiner jüdischen Herkunft vom "Berliner Tageblatt" entlassen und starb 1939 im amerikanischen Exil. Zweimal hatte er Ende der zwanziger Jahre die Vereinigten Staaten besucht und danach einzelne Feuilletons zu diesem "Amerika-Bilderbuch" vereint, das allerdings unveröffentlicht blieb. Der nun vorliegende kleine Band beginnt mit Skizzen zum New Yorker Kulturleben, dann führt er in die - bereits touristisch erschlossene - Natur des Westens und Südwestens. Verbunden fühlt sich Höllriegel dort eher der siebzigjährigen Yosemite-Indianerin Yohma als den im Luxuszug anbrausenden Reisenden. Er erwähnt auch die Filmaufnahmen, die sein Reisebegleiter Max Goldschmidt machte - von Hollywoodstars, von Cowboys und Indianern, von der Natur und den Städten. Mit Bedauern erfährt man daher im Anhang des lesenswerten Zeitdokuments, dass kein Film erhalten ist. (Arnold Höllriegel: "Amerika-Bilderbuch". Hrsg. von Michael Grisko. Wallstein Verlag, Göttingen 2012. 190 S., Abb., geb., 19,90 [Euro].)
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Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Auf einer Autoreise durch Amerika merkte Arnold Höllriegel in "drei, vier, sechs" Städten, dass sich das größte Restaurant stets an derselben Straßenecke befand: "Wir hatten einfach schon die Gewohnheit, hier und nicht anderswo zu essen, waren Stammgäste sozusagen." Da es aber freilich jedes Mal ein anderes Lokal war, liegt in diesem "Stammgäste sozusagen" ein feiner Spott über die Gleichförmigkeit der Orte. 1883 als Richard Bermann in Wien geboren, reüssierte Höllriegel als Journalist und Reiseschriftsteller in der Weimarer Republik, wurde 1933 jedoch wegen seiner jüdischen Herkunft vom "Berliner Tageblatt" entlassen und starb 1939 im amerikanischen Exil. Zweimal hatte er Ende der zwanziger Jahre die Vereinigten Staaten besucht und danach einzelne Feuilletons zu diesem "Amerika-Bilderbuch" vereint, das allerdings unveröffentlicht blieb. Der nun vorliegende kleine Band beginnt mit Skizzen zum New Yorker Kulturleben, dann führt er in die - bereits touristisch erschlossene - Natur des Westens und Südwestens. Verbunden fühlt sich Höllriegel dort eher der siebzigjährigen Yosemite-Indianerin Yohma als den im Luxuszug anbrausenden Reisenden. Er erwähnt auch die Filmaufnahmen, die sein Reisebegleiter Max Goldschmidt machte - von Hollywoodstars, von Cowboys und Indianern, von der Natur und den Städten. Mit Bedauern erfährt man daher im Anhang des lesenswerten Zeitdokuments, dass kein Film erhalten ist. (Arnold Höllriegel: "Amerika-Bilderbuch". Hrsg. von Michael Grisko. Wallstein Verlag, Göttingen 2012. 190 S., Abb., geb., 19,90 [Euro].)
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