Marktplatzangebote
3 Angebote ab € 2,90 €
  • Broschiertes Buch

1 Kundenbewertung

Dem Auswanderer Karl Roßmann treten im Land der unbegrenzten Möglichkeiten ungeheure Widerstände entgegen. Der Versuch, ein neues Leben zu beginnen, scheint zu scheitern.

Produktbeschreibung
Dem Auswanderer Karl Roßmann treten im Land der unbegrenzten Möglichkeiten ungeheure Widerstände entgegen. Der Versuch, ein neues Leben zu beginnen, scheint zu scheitern.
Autorenporträt
Franz Kafka wurde am 3. Juli 1883 in Prag geboren und starb am 3. Juni 1924. Er zählt zu den bedeutendsten Autoren deutschsprachiger Literatur und veröffentlichte neben seinen Romanen eine Vielzahl von Erzählungen. Ein Großteil seines Werks erschien erst posthum durch seinen Freund und Nachlassverwalter Max Brod.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 20.11.2004

Band 36
Willkommen in der bösen Neuen Welt
Franz Kafkas Romanfragment „Amerika”
Seit der Entdeckung Amerikas hat man sich immer wieder darangemacht, es literarisch neu zu erfinden. Die in der deutschen Literatur wohl folgenreichsten Kreationen der Neuen Welt stammen von Karl May und Franz Kafka. Unter der günstigen Voraussetzung einer profunden Unkenntnis Nordamerikas machten sie sich mit ganz ähnlichen Recherchemethoden an die Arbeit. Die Ergebnisse unterschieden sich in etwa so wie ihre phantastischen Sendlinge, der Mittelschüler Karl Roßmann und Old Shatterhand, der Landvermesser. Von dem würde man nicht glauben, dass ihn mit 17 Jahren ein Dienstmädchen auf Grauen erregende Weise hätte verführen können, woraufhin es nötig gewesen wäre, ihn als illegitimen Vater auf ein Schiff nach New York zu setzen - wie es Karl geschah.
Amerika muss nicht nur erfunden, es muss zur Kenntlichkeit hin verfälscht werden auf der Suche nach seiner tieferen, archaisch-futuristischen Gestalt. So erkundet in den Vorkriegsjahren 1912 bis 1914 Franz Kafka, das Genie der Unfreiheit, literarisch das große Leuchtfeuer der europäischen Emigranten. Nichts geht geradeaus, nichts geht voran. Der naive Held Karl ist immer schon auf dem Lost Highway, auf dem er betrogen, ausgenutzt und fortwährend sexuell belästigt wird. Der reiche Onkel, der wundersam auftaucht, verstößt ihn bald ohne Grund. In der stets bedrohlichen Gesellschaft von Zufallsbekannten, den zwei Beckettschen Galgenstricken Delaware und Robinson, kann alles nur schlimmer, komischer und kläglicher werden auf der Tour durch die böse Neue Welt.
Denn was wir Weg nennen, ist Zögern. Der Kafkasche Aphorismus ist nachgerade die Definition eines Road-Movies, das an Mark Twain und Charles Dickens erinnert, aber auch schon das Filmtheater eines Charles Chaplin und Orson Welles vorwegnimmt. Die Stationen eines sozialen Abstiegs werden aneinander gereiht, etwa das gespenstische Landhaus des Mr. Pollunder und seiner der asiatischen Kampfkunst kundigen Tochter, das Hotel „Occidental” mit seinen enormen Aufzügen und der infernalischen Portiersloge, die Gefangenschaft in der vermüllten Wohnung der unsäglichen Opernsängerin Brunelda, von wo aus eine turbulente Bezirksrichterwahl mit tobender Menge und singenden verfeindeten Balkonmannschaften beobachtet werden kann.
Das Amerika, durch das Karl fährt, ist offensichtlich nicht für ihn da. Es ist für alle da, ein demokratischer Albtraum, ein schmerzhaft moderner Kontinent, von dem es anfänglich aus dem Mund des launigen Tycoon-Onkels heißt, ihn zu betreten sei nur etwas weniger schlimm, als geboren zu werden. Aber die Verheißung wird eingelöst - in einem Schlussfragment des unter dem Arbeitstitel „Der Verschollene” geschriebenen, konsequent „ins Endlose” angelegten Romans. Das große „Naturtheater von Oklahoma” des letzten Kapitels bietet sämtlichen armen Teufeln, Tramps und Besitzlosen ein üppiges Bankett und eine feste Anstellung in einer ergreifenden und komischen Gnadenvision, die sich wie ein helles Negativ zu den düsteren Arbeiten „Das Schloss” und „Der Prozess” verhält. Wer aber den Aktualitätsbezug sucht, mag sich an die Beschreibung der Theaterloge des Präsidenten der Vereinigten Staaten halten, denn man konnte sich darin „kaum Menschen vorstellen, so selbstherrlich sah alles aus”.
THOMAS LEHR
Franz Kafka
Foto: dpa
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
…mehr