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Inhalt: I. Nationaler Fordismus? Zur 'Paßgenauigkeit' industrieller Rationalisierung: R. Hachtmann: Nazi- Deutschland, der Blick auf die USA und die "Amerikanisierung" der industriellen Produktionsstrukturen im "Dritten Reich" U. Nienhaus: Rationalisierung und "Amerikanismus" in Büros der zwanziger Jahre M. Wildt: Amerika als zwiespältiges Vorbild für die Arbeit in der Küche, 1920-1960 P. Hübner: Zur Geschichte der Produktionsbrigaden in der DDR
II. Image 'Amerika' und Massenkultur: E. Rosenhaft: Zur (geschlechter-)politischen Relevanz neuer Massenmedien in den 1920er Jahren I. Marßolek:
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Produktbeschreibung
Inhalt:
I. Nationaler Fordismus? Zur 'Paßgenauigkeit' industrieller Rationalisierung:
R. Hachtmann: Nazi- Deutschland, der Blick auf die USA und die "Amerikanisierung" der industriellen Produktionsstrukturen im "Dritten Reich"
U. Nienhaus: Rationalisierung und "Amerikanismus" in Büros der zwanziger Jahre
M. Wildt: Amerika als zwiespältiges Vorbild für die Arbeit in der Küche, 1920-1960
P. Hübner: Zur Geschichte der Produktionsbrigaden in der DDR

II. Image 'Amerika' und Massenkultur:
E. Rosenhaft: Zur (geschlechter-)politischen Relevanz neuer Massenmedien in den 1920er Jahren
I. Marßolek: Internationalität und kulturelle Klischees am Beispiel der John-Kling-Heftromane der 1920er und 1930er Jahre
M. Hansen: America, Paris, the Alps: Kracauer and Benjamin on Cinema and Modernity
A. Lüdtke: Eine Skizze zu Bild-Symbolen und politischen Orientierungen in den 1920er und 1930er Jahren in Deutschland

III. 'Amerikanismus' im Kreuzfeuer:
A. von Saldern: Überfremdungsängste
I. Merkel: Vorstellungen von Nordamerika in der DDR der fünfziger Jahre

IV. Sieg des Amerikanismus?:
A. Schildt: Zur Bedeutung der Amerikahäuser in den 1950er Jahren
P. Betts: Die Bauhaus-Legende
K. Maase: Demonstrative Vulgarität und kulturelle Hegemonie in der Bundesrepublik der 50er Jahre
Autorenporträt
Adelheid von Saldern, geb. 1938, em. Professorin für Neuere Geschichte an der Leibniz Universität Hannover. Forschungsschwerpunkte: Sozial- und Kulturgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.01.1997

Der Lustgarten aus der Mikrowelle
Wie die amerikanische Kultur in Deutschland angekommen ist

Rock 'n' Roll, Whopper, Cola-Dosen, Care-Pakete - wen überkommt da nicht ein warmes Schaudern ob der Segnungen durch die amerikanische Zivilisation? Nur wenige widerstehen dem Duft von Gel und Benzin, dem Geschmack von Fried Chicken mit Ketchup, der Ausstrahlung eines Elvis Presley oder James Dean. Aber einige europäische Kulturbanausen vermuteten im Hüftschwung die Gestik einer Entkleidungstänzerin, im Jazz die "in Klang und Rhythmus umgesetzte Philosophie des Häßlichen" (so 1956 die "Deutsche Allgemeine Lehrerzeitung"). Ein neuer Sammelband setzt sich mit beiden Aspekten der Amerikanisierung auseinander: der "American Dream" der jungen wurde zum Albtraum der älteren Generation.

"Demonstrative Vulgarität und kulturelle Hegemonie" überschreibt Kaspar Maase seinen Beitrag über die Bundesrepublik der fünfziger Jahre. Er spricht von einem "Krieg der Zeichen", den die Teenager ihren Eltern erklärten, vom schlechten Geschmack der Proletarier als kulturellem Kapital. Die unterdrückten Gruppen ersannen auffällig-anstößige Symbole, mit denen sie die kleinbürgerliche Adenauer-Republik attackierten. Der Rock 'n' Roll ließ die Gesellschaft in ihren Grundfesten erbeben, mit schwarzem Jazz ging man dem Bürgertum an seinen weißen Kragen. Amerikanismus war weniger Amerikaverehrung denn eine Waffe im Generationen- und Klassenkampf. Die Bourgeoisie, die die Kultur gepachtet zu haben glaubte, reagierte verärgert auf populäre Alternativen.

Doch Thomas Manns "Zauberberg" wurde nicht nur von unten, von der Arbeiterklasse, untergraben, er wurde auch noch von oben, vom Kunstschnee der Hollywood-Industrie, zugeschneit. Das Recht auf Konsum stärkte das Selbstwertgefühl einfacher Leute. Es wurde aber nicht vom Markt, sondern in schmerzlichen Auseinandersetzungen der Kinder mit den Eltern, der unteren Schichten mit den Eliten durchgesetzt. Amerikanisierung ist milieuabhängig: Maase unterscheidet zwischen Halbstarken, Teenagern und Halbintellektuellen in der Kulturrezeption: Während der wilde, körperbetonte Rock 'n' Roll die "Realschullinie" fahre, sei der studentische Jazz Sache eines sich von der Masse streng und nicht ohne einigen Snobismus abgrenzenden Kreises.

In ihrem Essay "Lesewut, Kinosucht und Radiotismus" untersucht Eve Rosenhaft den Einfluß der Massenmedien auf das Deutschland der zwanziger Jahre - zu jener Zeit also, als Amerikas Sterne erstmals sanfte Strahlen auf Europa warfen. Auf die "Lesewut" des achtzehnten und neunzehnten Jahrhunderts, die geistige Mobilmachung des Bürgertums, folgte eine von rosa Heften und bewegten Bildern eingelullte Passivität. Die Ausbreitung "amerikanischer" Kommunikationssysteme ging mit politischer Demokratisierung einher. Die Frauen, die erst kurz zuvor das Wahlrecht erhalten hatten, zeigten sich dem innovativen Kino besonders zugetan. Die gewandelte Wahrnehmung, der Übergang vom Diskursiven zum Visuellen, barg emanzipatorische Möglichkeiten. Die Zwanziger nahmen weiche, weibliche Konturen an. Amerika als Lustgarten der Medien und des Konsums zog auch Deutschland in seinen Bann. Der "Little Tramp" sah noch "Mensch-Masse-Maschine" als Triade der Modernität, doch die ersten Filmdiven umgab die Aura einer erträglichen Leichtigkeit des Seins.

Zu letzterer tragen auch amerikanische Küchenmaschinen bei. Michael Wildt betrachtet die Einbauküche - im Gegensatz zur bürgerlichen Wohnküche - als zwielichtigen Angriff auf die deutsche Zivilisation. Die kräutersammelnde Hausfrau mutierte zur Tiefkühlhexe, ihr Gatte stand als Konservenknacker Gewehr bei Fuß. Die Küchenarbeit wurde nach den Prinzipien Fords und Taylors in Einzelteile zerlegt. Doch manche Kanonen, mit denen man auf den Mikrokosmos der Küche schoß, waren von einem Spatzenhirn ersonnen: den Zeitgewinn eines neuen Mixers machte der umständliche Auf- und Abbau, die Reinigung der Maschine wieder wett. In der Werbung wurden Koch- und Backhilfen als Mittel zur Leistung glorifiziert.

Der Krieg, sagt Wildt, sei ein Kontinuitätsknick im deutschen Küchenleben gewesen, die Mikrowelle ein gewollter Bruch mit den Provisorien der Vergangenheit. Und vielleicht schmecken "Fried Chicken" gar nicht anders als ostdeutsche Broiler, ist ein Hamburger zum Frühstück nicht das letzte Wort westlicher Lebenskunst. Wir unbedeutenden Eurobürger denken bei jedem Bissen an die große weite Welt, vergessen bei jedem Schluck brausender Cola das Trauerspiel der Existenz: das alltägliche Korsett, die kleingeistigen Gartenzwerge, die Bretter vor den Köpfen der Nachbarn und vor dem eigenen Haus. Wir denken an Amerika, doch im Grunde - wer mag es uns verdenken - verdrängen wir nur uns selbst. STEFFEN GNAM

Alf Lüdtke, Inge Marßolek, Adelheid

von Saldern (Hrsg.): "Amerikanisierung". Traum und Alptraum im Deutschland des 20. Jahrhunderts. Steiner Verlag, Stuttgart 1996. 317 S., Schwarzweißabb., geb., 72,- DM.

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"Most of the chapters in this book will open up new perspectives for readers, but its greatest strength lies in its well balanced survey of the subject, well introduced with a clear, concise historical background on the Americanization concept and a thematic overview of the individual essays." (German Studies Review)

"...auf jeden Fall ein Buch, das jede seriöse Amerikabibliothek anschaffen sollte sollte."

H-Soz-u-Kult
"...auf jeden Fall ein Buch, das jede seriöse Amerikabibliothek anschaffen sollte sollte."
H-Soz-u-Kult