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In "Aminas Briefe" erzählt Jonas T. Bengtsson, der erfolgreichste dänische Autor seiner Generation, die ergreifende Geschichte einer außerordentlichen Liebe zwischen den Welten. Mit seiner präzisen und eindringlichen Prosa gelingt es Bengtsson, dem Leser ungewöhnliche Figuren nahezubringen, als wären es gute Freunde.
Viele Jahre waren für den schizophrenen Janus, der zu Beginn des Romans aus einer psychiatrischen Anstalt entlassen wird, die Briefe seiner kurdischen Klassenkameradin Amina die einzige Verbindung zur Außenwelt. Doch eines Tages bricht der Kontakt ab. Er erfährt, dass seine
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Produktbeschreibung
In "Aminas Briefe" erzählt Jonas T. Bengtsson, der erfolgreichste dänische Autor seiner Generation, die ergreifende Geschichte einer außerordentlichen Liebe zwischen den Welten. Mit seiner präzisen und eindringlichen Prosa gelingt es Bengtsson, dem Leser ungewöhnliche Figuren nahezubringen, als wären es gute Freunde.

Viele Jahre waren für den schizophrenen Janus, der zu Beginn des Romans aus einer psychiatrischen Anstalt entlassen wird, die Briefe seiner kurdischen Klassenkameradin Amina die einzige Verbindung zur Außenwelt. Doch eines Tages bricht der Kontakt ab. Er erfährt, dass seine Freundin mit einem gewalttätigen Kurden verheiratet ist. Und so macht sich Janus auf den Weg. Die Reise führt ihn an die Grenzen seiner Kultur, seines Verstehens und seiner seelischen Möglichkeiten, konfrontiert ihn mit Konflikten und Gewalt.
Autorenporträt
Jonas T. Bengtsson, geboren 1976, lebt in Kopenhagen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.12.2008

Dänischer Doppelkopf
Jonas T. Bengtsson hat eine moderne Odyssee verfasst

Dieser junge dänische Autor hat sich viel vorgenommen, so gleich beim ersten Mal. Elementare Themen, die wohl alle Großstädte der Welt beschäftigen, hat er in sein dabei ganz ungekünsteltes Debüt gesteckt. Ein schizophrener junger Mann sucht seine kurdische Brieffreundin, eine alte Klassenkameradin, er irrt durch ein Kopenhagen der Junkies, Verlierer und halbkriminellen Parallelgesellschaften. Jonas T. Bengtsson, Jahrgang 1976, hat das sehr gut gelöst: Er hat einen souveränen Roman in Gestalt einer modernen Odyssee geschrieben.

Am Anfang denkt der zweiundzwanzigjährige Janus vier Jahre zurück, als er eines Morgens im Bus einfach sitzen blieb. "Damals wusste ich nicht, dass ich krank war, ich dachte bloß, ich würde mich langweilen. Ich saß ganz hinten, es regnete, und ich blickte durch die beschlagenen Scheiben, beobachtete, ob es dem Busfahrer gelang, die Fußgänger nasszuspritzen, wenn er durch die Pfützen fuhr." Janus guckt sich Schaufenster an, füttert Enten und isst einen Hamburger. Und geht nicht mehr zur Schule. Dafür kommt er in die geschlossene Anstalt. Im Ton erinnert Bengtssons Debüt an Peter Stamm oder Annette Pehnt. So klar und ruhig klingt das Buch, obwohl es später mit Action und Szenen aus der Szene nicht spart.

Dass der schizophrene Janus den Namen des doppelköpfigen römischen Gottes trägt, ist fast ein wenig aufdringlich. Seine Brieffreundin hat auch so einen sprechenden Namen: Amina ist im Arabischen "die Frau, der man vertraut", und es ist ein Anagramm zum lateinischen "anima", "Leben", sie ist eine, die Janus am Leben erhält. Aminas Briefe in die Anstalt waren in den letzten Jahren seine Verbindung zur Welt gewesen, besonders aber zu einer Welt, die außerhalb seines Kopfes lag: Ihre Briefe haben ihn von sich selbst befreit, weil sie ihm Dinge erzählten, die scheinbar nicht sein Problem waren, aber uns alle angehen. Seit Monaten hatte er nichts mehr von ihr gehört. Janus will Amina finden. Er strengt sich sehr an, um entlassen zu werden. Er schafft es.

Damit beginnt seine Odyssee. Janus-Odysseus will zu seiner Amina-Penelope, er muss mit Zyklopen kämpfen und einer Kalypso widerstehen, die hier Anna heißt und ihn mit Liebe und gutem Essen zu verführen sucht. Er erfährt, dass Amina einen Landsmann heiraten musste, der "nicht ganz einfach" ist. Aber Janus gibt nicht auf. Irgendwann stößt er auf eine Türkenkneipe, in der der Vetter von Aminas Mann verkehrt. Jetzt wird es blutig und brutal, eben wie bei Homer. Weil aber alles faul ist im Staate Dänemark, gibt es am Schluss zwar auch eine gerechte Rache wie auf Ithaka, aber Janus kriegt seine Amina trotzdem nicht, denn Bengtsson erzählt keine Sage, sondern die Wirklichkeit, er schildert auch die Schizophrenie der Immigranten, die in die Gesellschaft aufgenommen werden wollen und ständig ihr Anderssein betonen und sich selbst isolieren. "Du bist keine Dänin, vergiss das nicht!", wird Amina, die Dänin werden möchte, von der Schwester eingetrichtert.

Der schroffe, durch trockenen Witz gewürzte Sozialrealismus Bengtssons erinnert an zwei andere dänische Bücher: Jan Sonnergaards "Radiator", auf Deutsch im Jahr 2000 erschienen, sowie "Nordkraft" (2004) des früh verstorbenen Jakob Ejersbo. "Aminas Briefe" sind nicht einzigartig, aber präzise und unprätentiös, die Handlung ist ergreifend, hier und da klischeehaft, aber nicht kitschig; 2005 erhielt Bengtsson dafür einen Preis für das beste dänische Debüt.

PETER URBAN-HALLE

Jonas T. Bengtsson: "Aminas Briefe". Roman. Aus dem Dänischen von Günther Frauenlob. Tropen Verlag, Stuttgart 2008. 240 S., geb., 22,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Aldo Keel hat sich von Jonas Bengtssons Romandebüt "Aminas Briefe" fesseln lassen, das neben aller Brutalität und Schonungslosigkeit aber auch Komik zu bieten hat, wie er erleichtert feststellt. Ein aus der Psychiatrie Entlassener macht sich auf die Suche nach seiner Schulfreundin Amina und wirft dabei nicht nur einen Blick in Kopenhagener Sozialämter, Frauenhäuser und schäbige Absteigen, sondern auch in die "islamische Parallelgesellschaft", erklärt der Rezensent. Das alles wird realistisch, mitunter recht gewalttätig, aber eben auch witzig erzählt, so Keel. Übrigens habe Bengtsson für diesen Roman, als er vor vier Jahren im dänischen Original erschien, einen Preis für das "beste Debüt" bekommen, sein zweiter Roman stehe kurz vor der Verfilmung, teilt der Rezensent abschließend mit.

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