Es ist ein Schock, der ihr ganzes Selbstverständnis erschüttert: Mit 38 Jahren erfährt Jennifer Teege durch einen Zufall, wer sie ist. In einer Bibliothek findet sie ein Buch über ihre Mutter und ihren Großvater Amon Göth. Millionen Menschen kennen Göths Geschichte. In Steven Spielbergs Film «Schindlers Liste» ist der brutale KZ-Kommandant der Saufkumpan und Gegenspieler des Judenretters Oskar Schindler. Göth war verantwortlich für den Tod tausender Menschen und wurde 1946 gehängt. Seine Lebensgefährtin Ruth Irene, Jennifer Teeges geliebte Großmutter, begeht 1983 Selbstmord.
Jennifer Teege ist die Tochter einer Deutschen und eines Nigerianers. Sie wurde bei Adoptiveltern groß und hat danach in Israel studiert. Jetzt ist sie mit einem Familiengeheimnis konfrontiert, das sie nicht mehr ruhen lässt. Wie kann sie ihren jüdischen Freunden noch unter die Augen treten? Und was soll sie ihren eigenen Kindern erzählen? Jennifer Teege beschäftigt sich intensiv mit der Vergangenheit. Sietrifft ihre Mutter wieder, die sie viele Jahre nicht gesehen hat.
Gemeinsam mit der Journalistin Nikola Sellmair recherchiert sie ihre Familiengeschichte, sucht die Orte der Vergangenheit noch einmal auf, reist nach Israel und nach Polen. Schritt für Schritt wird aus dem Schock über die Abgründe der eigenen Familie die Geschichte einer Befreiung.
Jennifer Teege ist die Tochter einer Deutschen und eines Nigerianers. Sie wurde bei Adoptiveltern groß und hat danach in Israel studiert. Jetzt ist sie mit einem Familiengeheimnis konfrontiert, das sie nicht mehr ruhen lässt. Wie kann sie ihren jüdischen Freunden noch unter die Augen treten? Und was soll sie ihren eigenen Kindern erzählen? Jennifer Teege beschäftigt sich intensiv mit der Vergangenheit. Sietrifft ihre Mutter wieder, die sie viele Jahre nicht gesehen hat.
Gemeinsam mit der Journalistin Nikola Sellmair recherchiert sie ihre Familiengeschichte, sucht die Orte der Vergangenheit noch einmal auf, reist nach Israel und nach Polen. Schritt für Schritt wird aus dem Schock über die Abgründe der eigenen Familie die Geschichte einer Befreiung.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Ob Selbsttherapie oder nicht - Alex Rühle ist fassungslos angesichts der Familiengeschichte, die die Autorin mit Hilfe der Journalistin Nikola Sellmair aufgeschrieben hat. Das Buch, in dem Jennifer Teege erzählt, wie sie hinter das Geheimnis ihrer Herkunft, der Abstammung von Amon Göth, dem SS-Führer und Schlächter von Plaszow, kam, erscheint dem Rezensenten als zweifache Spurensuche, da das Adoptivkind Jennifer Teege auch mit ihrer leiblichen Mutter abrechnet. Besonders beeindruckt hat Rühle, wie es der Autorin gelingt, die guten Erinnerungen von den schlimmen Enthüllungen zu trennen. Die hier ansatzweise ans Licht tretenden unsichtbaren Kräfte, die innerhalb von Familien wirksam sind, bringen Rühle außerdem ins Grübeln über die Frage, wie frei der Mensch wirklich ist.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.09.2013Die Enkelin von Amon Göth
Buchkategorien gibt es wie Sand am Meer. Umso schwieriger ist die Einteilung von Werken, die versuchen, mehrere Kategorien zu vereinen. Um einen am Ende gelungenen Versuch handelt sich bei der vorliegenden Behandlung einer persönlichen Tragödie. Die Tragödie einer Frau, die im Alter von achtunddreißig Jahren erfährt, dass sie die Enkelin von KZ-Kommandeur Amon Göth ist (Jennifer Teege und Nikola Sellmair: "Amon". Mein Großvater hätte mich erschossen. Rowohlt Verlag, Reinbek 2013. 272 S., geb., 19,95 [Euro]).
Jennifer Teege spricht darin über ihren Großvater und seine Verbrechen und versucht dadurch ihr Leben und ihre Vergangenheit zu bewältigen. Kann man von einer solche Tragödie durch das Schreiben eines Buchs erlöst werden? Jennifer, Tochter eines nigerianischen Vaters, ist vier Jahre alt, als sie von einer Pflegefamilie aus dem Kinderheim geholt wird, sieben als sie von dieser adoptiert wird. Der Kontakt zu ihrer leiblichen Mutter bricht ab; die Großmutter Ruth Irene Göth, bei der Jennifer als kleines Mädchen noch zu Besuch war, bringt sich 1983 um.
Jennifer hat Glück, sie wächst in einem gutbürgerlichen Vorort von München auf. Nach ihrem Abitur geht sie nach Paris, studiert in Israel und kommt dann nach Deutschland zurück. Hier findet sie einen Mann, mit dem sie zwei Kinder bekommt. Vollkommen glücklich wird sie jedoch nicht: Depressionen plagen sie, und so sucht sie in einer Bibliothek nach Hilfe, nach einem Ratgeber. Gefunden hat sie stattdessen die Biographie ihrer leiblichen Mutter, Monika Göth: "Ich muss doch meinen Vater lieben, oder?" heißt das 2002 erschienene Buch. Erst durch diesen Zufall erfährt sie, dass sie die Enkelin Amon Göths ist.
Wie geht man mit solch einem Schicksalsschlag um? Jennifer Teege stellt sich ihrer Vergangenheit. Sie recherchiert, reist und stellt Fragen. So entsteht das Buch, sechs Kapitel in denen sie unter anderen ihren Großvater, ihre Großmutter und ihre Mutter beschreibt. Begleitet werden diese subjektiven Schilderungen von einer Ko-Autorin, der Journalistin Nikola Sellmair, mit Passagen, die historische Hintergründe auffächern. So entsteht einer Mischung aus (Auto-)Biographie, Familienchronik und historischem Buch.
Ein wichtiges Thema ist die Adoption von Teege - ihre Adoptiveltern thematisierten die Hintergründe zu keiner Zeit. Damals eine gängige Methode. Teege findet schließlich sogar ihre leibliche Mutter wieder, aber auch diese will höchstens über die Familie reden, aber nicht, warum sie ihr Kind zur Adoption freigegeben hat. Die Begegnung bringt nicht die erhoffte Wende.
Der Beitrag Nikola Sellmairs für das Buch ist entscheidend: Ohne deren nüchtern einordnenden Ton würde Jennifer Teeges Text in seiner starken subjektiven Emotionalität weniger überzeugend wirken. So gelingt Jennifer Teege mit ihrem Buch die Balance zwischen Vergangenheitsbewältigung und dem Aufbruch in eine neue, befreite Identität.
JURI MÜLLER
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Buchkategorien gibt es wie Sand am Meer. Umso schwieriger ist die Einteilung von Werken, die versuchen, mehrere Kategorien zu vereinen. Um einen am Ende gelungenen Versuch handelt sich bei der vorliegenden Behandlung einer persönlichen Tragödie. Die Tragödie einer Frau, die im Alter von achtunddreißig Jahren erfährt, dass sie die Enkelin von KZ-Kommandeur Amon Göth ist (Jennifer Teege und Nikola Sellmair: "Amon". Mein Großvater hätte mich erschossen. Rowohlt Verlag, Reinbek 2013. 272 S., geb., 19,95 [Euro]).
Jennifer Teege spricht darin über ihren Großvater und seine Verbrechen und versucht dadurch ihr Leben und ihre Vergangenheit zu bewältigen. Kann man von einer solche Tragödie durch das Schreiben eines Buchs erlöst werden? Jennifer, Tochter eines nigerianischen Vaters, ist vier Jahre alt, als sie von einer Pflegefamilie aus dem Kinderheim geholt wird, sieben als sie von dieser adoptiert wird. Der Kontakt zu ihrer leiblichen Mutter bricht ab; die Großmutter Ruth Irene Göth, bei der Jennifer als kleines Mädchen noch zu Besuch war, bringt sich 1983 um.
Jennifer hat Glück, sie wächst in einem gutbürgerlichen Vorort von München auf. Nach ihrem Abitur geht sie nach Paris, studiert in Israel und kommt dann nach Deutschland zurück. Hier findet sie einen Mann, mit dem sie zwei Kinder bekommt. Vollkommen glücklich wird sie jedoch nicht: Depressionen plagen sie, und so sucht sie in einer Bibliothek nach Hilfe, nach einem Ratgeber. Gefunden hat sie stattdessen die Biographie ihrer leiblichen Mutter, Monika Göth: "Ich muss doch meinen Vater lieben, oder?" heißt das 2002 erschienene Buch. Erst durch diesen Zufall erfährt sie, dass sie die Enkelin Amon Göths ist.
Wie geht man mit solch einem Schicksalsschlag um? Jennifer Teege stellt sich ihrer Vergangenheit. Sie recherchiert, reist und stellt Fragen. So entsteht das Buch, sechs Kapitel in denen sie unter anderen ihren Großvater, ihre Großmutter und ihre Mutter beschreibt. Begleitet werden diese subjektiven Schilderungen von einer Ko-Autorin, der Journalistin Nikola Sellmair, mit Passagen, die historische Hintergründe auffächern. So entsteht einer Mischung aus (Auto-)Biographie, Familienchronik und historischem Buch.
Ein wichtiges Thema ist die Adoption von Teege - ihre Adoptiveltern thematisierten die Hintergründe zu keiner Zeit. Damals eine gängige Methode. Teege findet schließlich sogar ihre leibliche Mutter wieder, aber auch diese will höchstens über die Familie reden, aber nicht, warum sie ihr Kind zur Adoption freigegeben hat. Die Begegnung bringt nicht die erhoffte Wende.
Der Beitrag Nikola Sellmairs für das Buch ist entscheidend: Ohne deren nüchtern einordnenden Ton würde Jennifer Teeges Text in seiner starken subjektiven Emotionalität weniger überzeugend wirken. So gelingt Jennifer Teege mit ihrem Buch die Balance zwischen Vergangenheitsbewältigung und dem Aufbruch in eine neue, befreite Identität.
JURI MÜLLER
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Jennifer Teeges Buch ist ein wichtiges Dokument (...), ein Beleg dafür, dass Geschichte nie endet. Profil