"Amsterdam, 11. Mai 1944 - Das Ende meiner Kindheit" (ISBN: 978-3-945294-06-2) gehört zu denjenigen Büchern, die ich in meinem persönlichen Umfeld bereits jedem ans Herz gelegt habe. In sehr einfühlsamer Weise wird das Leben des jüdischen Mädchens Eva und ihrer Familie geschildert, und zwar von ihr
selbst, daher absolut authentisch. Unbeschwerte Kindheitstage in Wien, dann Flucht/Emigration,…mehr"Amsterdam, 11. Mai 1944 - Das Ende meiner Kindheit" (ISBN: 978-3-945294-06-2) gehört zu denjenigen Büchern, die ich in meinem persönlichen Umfeld bereits jedem ans Herz gelegt habe. In sehr einfühlsamer Weise wird das Leben des jüdischen Mädchens Eva und ihrer Familie geschildert, und zwar von ihr selbst, daher absolut authentisch. Unbeschwerte Kindheitstage in Wien, dann Flucht/Emigration, Freundschaft mit Anne Frank, erschütternde Erlebnisse im Konzentrationslager Auschwitz, in das sie an ihrem 15. Geburtstag deportiert wurde, Überleben dieser schrecklichen Zeit und Aufbau eines neuen Lebens in der Nachkriegszeit bis hinein in die Gegenwart. Sicher, vieles davon hat man im Zusammenhang mit anderen Lebensläufen bereits gehört und gelesen. Das Thema ist nicht wirklich neu, und es mag Menschen geben, die dabei abwinken "Nicht schon wieder...". Was macht also dieses Buch von Eva Schloss so besonders, dass man es meiner Überzeugung nach unbedingt lesen sollte? Es gibt inhaltliche und stilistische Gründe. Inhaltlich reicht es z.B. weit über andere Schilderungen hinaus. Denn es berichtet nicht nur über die Zeit bis zur Deportation, wie z.B. das Tagebuch der Anne Frank (aus traurigen Gründen natürlich), sondern man nimmt darüber hinausreichend auch Anteil an den Erlebnissen im KZ, an den Hoffnungen, Demütigungen, Ängsten, an Freude und Trauer. Und man erfährt etwas über das Leben danach, über das Zurückfinden in ein normales Leben, über die Mühen, das Erlebte physisch und psychisch zu verarbeiten. Stilistisch - im weitesten Sinne - kann man nur sagen: hervorragend. Die biografischen Informationen werden dem Leser in äußerst fesselnder und überzeugender Weise nahegebracht. So nahe, dass einem an etlichen Stellen unweigerlich Tränen in die Augen treten. Man wird förmlich in das Leben von Eva und ihrer Familie hineingezogen, man erlebt es nicht als unbeteiligter Dritter aus der Distanz, sondern man fühlt sich mittendrin. Man freut sich, bangt, leidet mit ihnen. Ob man will oder nicht. Man kann sich dem Sog, den dieses Buch entwickelt, nicht entziehen. Es soll selbstverständlich informieren, wachrütteln und erinnern, damit sich Ähnliches nicht wiederholt. Das Buch erreicht Herz und Verstand der Leser aber nicht, indem es als erhobener Zeigefinger daherkommt, sondern es wirkt mit der Kraft dessen, was es erzählt und wie es die Geschichte erzählt. Das ist in erster Linie natürlich der Autorin Eva (verehelichte Schloss) zu verdanken. Nicht minder wichtig ist jedoch die Übersetzungsleistung. Ein Original kann noch so gut sein - wenn die Übersetzung misslingt, bleibt die Botschaft auf der Strecke. Daher an dieser Stelle auch ein großes Lob an den Übersetzer. Hinsichtlich der Qualität des Buches ist der noch junge Verlag aus Weimar auch mit diesem Titel seinen selbst gesteckten Ansprüchen wieder voll gerecht geworden: „Wir wollen unserem Eckhaus Verlag eine Seele geben. [...] Der Verlag legt großen Wert auf gut ausgestattete und sehr gut gestaltete Bücher“ (Quelle: Homepage des Verlages). Die Lebensgeschichte von Eva Schloss ist handwerklich und gestalterisch sehr gut gemacht, und es ist ein Buch voller Seele. Mehr Seele geht kaum. Ich würde Autorin und Verlag wünschen, dass Evas Geschichte mit Hilfe dieses Buches viele, sehr viele Menschen erreicht. Vor allem jugendlichen Lesern ist es ans Herz zu legen, denn der fesselndste Teil des Buches schildert Evas Leben als Teenagerin, das natürlich von emigrationsbedingten Problemen und schließlich KZ bestimmt wird, das sich aber - wie zu allen Zeiten - auch um ganz alltägliche Dinge wie Freundschaften, Kleidung, Freizeit usw. dreht. Gut vorstellbar, dass es dadurch Gleichaltrige in besonderer Weise anspricht und diese sich, wenn sie das Buch aus der Hand legen, vielleicht umschauen und die Frage stellen ‚Was wäre eigentlich, wenn mein Leben so verlaufen würde...?‘. Insofern scheint mir das Werk auch besonders geeignet, um in die schulische Auseinandersetzung mit dem Thema einbezogen zu werden.