Die 1917 uraufgeführte Komödie "Fink und Fliederbusch" bildet das einzige mehraktige Drama, das Arthur Schnitzler während des Ersten Weltkriegs publizierte. Es wirkt auf den ersten Blick wie ein weiteres Dokument der Distanz Schnitzlers zu seiner Gegenwart. Bei genauerer Untersuchung erweist sich die Komödie jedoch als äußerst komplexes Gebilde, in dem Schnitzler nach eigener Aussage Formelemente von Charakterkomödie und Schwank zu einem 'Charakterschwank' zu verschmelzen versucht. Welche Konsequenzen dies für die Komödie hat, zeigt sich anhand des für den Autor typischen langwierigen Schreibprozesses, der dank der erhaltenen Skizzen, Entwürfe und Fassungen aus dem Nachlass detailliert nachvollzogen werden kann. "Fink und Fliederbusch" entsteht nicht nur vor dem Hintergrund der zuvor fertiggestellten Komödie "Professor Bernhardi", sondern auch im Spannungsfeld von allgemeinen Gattungserwartungen, Gepflogenheiten der zeitgenössischen Theaterpraxis und den besonderen Erwartungen anSchnitzler als Lustspielautor, die seit seinen ersten großen Erfolgen mit den "Anatol"-Einaktern bestehen. Schnitzlers Suche nach einer modernen Komödienform gestaltet sich schließlich als mäandernde Grenzauslotung tradierter Formen, deren unauflösbare Ambivalenz "Fink und Fliederbusch" grundlegend eingeschrieben ist.