Der Begriff Anachoresis leitet sich vom griechischen Verb anachorein ("sich zurückziehen") ab. In der Kunstgeschichte hat die Praxis des Rückzugs eine lange Tradition: Vom sozialen "Rückzug" der ostasiatischen Künstler-Gelehrten in einen Zustand der Kontemplation bis zu Inszenierungen der Selbstisolation wie bei Joseph Beuys oder Tehching Hsieh. Oftmals wird dieser Vorgang mit einem Schub an Kreativität und Selbstreflexion in Verbindung gebracht. Doch was passiert, wenn der Rückzug kollektiv vollzogen wird und sich eine Gruppe vorübergehend aus der Gesellschaft zurückzieht, um einen Raum für Kommunikation und Austausch zu schaffen?Diesen und anderen Fragen ist die Künstlerpersona REICHRICHTER in ihrem dreijährigen Projekt anachoresis - participation through fragments nachgegangen, für das Künstler_innen aus Deutschland und Taiwan in Form eines kollektiven Labors zusammengekommen sind. Das Buch führt den dialogischen Charakter des Projekts fort und erörtert in einer Reihe theoretischer Essays, welche Rolle partizipative Kunst in der heutigen Welt einnehmen kann.