"Vergiß die Politik, lies keine Zeitung, geh nicht ins Netz, verweigere deine Stimme" - so beginnt der "Linke Marsch", ein Kapitel aus Serhij Zhadans zweitem Prosaband, dem ein Song der Sex Pistols, Anarchy in the UKR, als Motto dient. Zhadan ist dabei, sich zur stärksten Stimme der jungen ukrainischen Literatur zu entwickeln - und zum Antipoden von Juri Andruchowytsch. Auch Zhadans Ich-Erzähler ist ständig im Zug oder in bizarren Landschaften unterwegs. Doch es zieht ihn nicht zu den Ruinen der habsburgischen Vergangenheit, sondern in die Industriebrachen des Donbass im Südosten des Landes - an die Orte des von den Sowjets zerschlagenen Anarchokommunismus. Niemand scheint sich an Nestor Machno zu erinnern. Anarchismus, das gab es nie. Bis er im November 2004 in Charkiw, zu Füßen des "Fuck-Lenin-Denkmals", wiederaufersteht.
Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Nicht schön, aber doch beeindruckend und kraftvoll findet Rezensent Christoph Schröder das neue Buch des 1974 geborenen ukrainischen Autors, das aus seiner Sicht eigentlich eher eine wüste Textsammlung ist. Das emotionale Spektrum der hier beschriebenen Reisen durch die "konkrete Gegenwart und eine imaginierte Vergangenheit" der Ukraine sieht der Rezensent von "nostalgisch-verklärt" bis "wütend-enttäuscht" reichen und kann auch der sprachlichen Leidenschaft, mit der sie verfasst sind, einiges abgewinnen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Zhadan ist so etwas wie der Shootingstar einer jungen ukrainischen Literatur - der aggressive Antipode des melancholischen Juri Andruchowytsch. Jugend aus dem Gleis; die dazu gehörige Prosa: Ennui und Fetzen. Doch, Fetzen an Fetzen gefügt, wird auch in diesem Prosaband ein roter Faden kenntlich - und was für einer.« DIE WELT