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Nadia merkt in den Ferien in Kairo, wie fremd ihr die Heimat ihrer Mutter geworden ist. Ein zum Islam konvertierter Schotte fliegt nach Khartum, um seine Braut zu heiraten. Als ihr Vater plötzlich stirbt, wird er mit den fremden Riten konfrontiert, die ihm mehr zu schaffen machen, als er geglaubt hatte. Farida muss sich gegen ihren strengen Vater durchsetzen, um in der Schule eine Brille tragen zu dürfen. Schadia, eine Studentin aus einer wohlhabenden sudanesischen Familie, freundet sich in Großbritannien gegen alle Hindernisse mit einem schottischen Kommilitonen aus einer Arbeiterfamilie an.…mehr

Produktbeschreibung
Nadia merkt in den Ferien in Kairo, wie fremd ihr die Heimat ihrer Mutter geworden ist. Ein zum Islam konvertierter Schotte fliegt nach Khartum, um seine Braut zu heiraten. Als ihr Vater plötzlich stirbt, wird er mit den fremden Riten konfrontiert, die ihm mehr zu schaffen machen, als er geglaubt hatte. Farida muss sich gegen ihren strengen Vater durchsetzen, um in der Schule eine Brille tragen zu dürfen. Schadia, eine Studentin aus einer wohlhabenden sudanesischen Familie, freundet sich in Großbritannien gegen alle Hindernisse mit einem schottischen Kommilitonen aus einer Arbeiterfamilie an. Leila Aboulela verschränkt geschickt die Lebenswirklichkeiten in Ägypten, im Sudan und in Großbritannien miteinander. Ihre Figuren können im "Anderswo" nicht wirklich zu Hause sein, aber die "Heimat" ihres Herkunftslandes erscheint ihnen aufgrund ihrer Migrationserfahrungen ebenso fremd. Aboulela erzählt ohne Pathos, dafür mit feinem Wortwitz und einem genauen Blick für die Sehnsüchte der Aus- und Eingewanderten.
Autorenporträt
Leila Aboulela, geboren 1964 in Kairo, wuchs als Tochter einer ägyptischen Mutter und eines sudanesischen Vaters in Khartum, Sudan, auf. Sie studierte Ökonomie und Statistik an der dortigen Universität sowie Ökonomie und Politikwissenschaft in London. Ab 1990 Dozentin und wissenschaftliche Assistentin in Aberdeen, Schottland. Nach Jahren in Jakarta, Dubai, Abu Dhabi und Doha lebt sie seit 2012 wieder in Aberdeen. Aboulela veröffentlichte fünf Romane, zwei Erzählungsbände und Hörspiele. Ihre Werke wurden mehrfach ausgezeichnet und in rund fünfzehn Sprachen übersetzt. leila-aboulela.com.
Rezensionen
"Eine der besten Kurzgeschichtenautorinnen der Welt." (Lit Hub's Most Anticipated Books of 2018)

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Rezensentin Susanna Petrin staunt, wie nuancenreich die sudanesisch-britische Autorin Leila Aboulela ihr Thema variiert: Das Leben in der Fremde, mit dem Verlust und Bereicherung zugleich einhergehen. Wie unangestrengt die Autorin Figuren und Stimmungen zeichnet, imponiert der Rezensentin, die gleichwohl erkennt, dass Aboulela hier eigentlich immer wieder ihre eigene Geschichte erzählt. Über manche Klischees und den Hang zum Wertkonservativen sieht Petrin hinweg, beachtlicher findet sie die Zwischentöne, die dem entgegenwirken.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.08.2022

Zur Adoption freigegeben

Wenn man sich plötzlich so fühlt wie ein Ausstellungsstück: Leila Aboulela schildert in dreizehn Erzählungen die toten Winkel der Verständigung

Leila Aboulela hat vermutlich schon mehrere Kulturschocks erlebt. Sie wurde 1964 in Kairo geboren und wuchs im Sudan auf, wo sie studierte, später absolvierte sie ein weiteres Studium in London. Dann arbeitete sie im schottischen Aberdeen, lebte in mehreren Städten am Persischen Golf und in Jakarta und kehrte schließlich nach Aberdeen zurück. Bestimmt hat sie auch viel Zeit in Flugzeugen verbracht. Sie weiß, dass diese nicht nur Transportmittel sind, sondern vor allem Räume zwischen den Welten, in denen sich innerhalb von wenigen Stunden alte Zusammenhänge zersetzen und Gewissheiten auflösen. Man steigt nicht als derselbe Mensch in Khartoum ins Flugzeug und in London wieder aus.

"Vor ein paar Stunden noch hatten wir zusammengehalten, waren am Flughafen in Khartoum eine selbstgefällige, laute Truppe gewesen, eine erwählte Schar, die nach Norden aufbrach", berichtet Samra, die Ich-Erzählerin in der Geschichte "Der Strauss". "Jetzt mussten wir auseinandergehen, geblendet von den hellen Lichtern des Terminals, eingeschüchtert von den dicken Spannteppichen, ernüchtert von den tadellosen Durchsagen, eine nach der anderen: Worte, die wir verstehen konnten, was sie bedeuteten, aber nicht." So wie Samra geht es den meisten Figuren bei Leila Aboulela, deren dreizehn Erzählungen im Laufe vieler Jahre in Zeitschriften und 2018 in Gestalt eines Buches erschienen sind, das nun in deutscher Übersetzung vorliegt. Sie bewegen sich in einem Spannungsfeld von Privilegien und Benachteiligung, von Prestige und Verachtung, von Fremd- und Zuhausesein. Sie pendeln zwischen den Welten, mit Fixpunkten an genau jenen Orten, an denen die Autorin selbst gelebt hat, in Abu Dhabi, Kairo, London, Khartoum und immer wieder Schottland.

Mal ist es ein junger Schotte, der seiner geliebten sudanesischen Freundin nach Khartoum folgt, um sie dort zu heiraten (in "Altes und Neues"). Mal ist es eine junge Sudanesin, deren Verlobter in Khartoum an ihrem künftigen Anwesen baut, während sie beim Studium in Edinburgh auf Bryan trifft (in "Das Museum"). Bryans Handschrift rührt Shadia zu Tränen. Seine langen Haare und sein Ohrring aber stoßen sie derart ab, dass er Erstere abschneidet und Letzteren abnimmt und Shadia dann einlädt, mit ihm "dieses Afrikamuseum" zu besuchen, in das er es bislang nie geschafft hat. Doch das Museum erweist sich als Missverständnis: "Lebensgeschichten von Entdeckern, die in Edinburgh unterrichtet worden waren. Sie wussten, was sie nach Afrika bringen wollten: das Christentum, Handel, Zivilisation. Und sie wussten, was sie mitnehmen wollten: Baumwolle, gewässert vom Sambesi und vom Blauen Nil." Bryan kann die Reiselust der Entdecker nachempfinden, auch ihn reizt das Fremde. Aber Shadia fühlt sich bald selbst wie ein Ausstellungsstück und vollkommen fehl am Platz. Wie kommen die beiden jetzt zusammen?

Und wenn sie zusammenkämen, bliebe dann ein Rest an Unverständnis für die Befindlichkeiten und Reaktionen des jeweils anderen bestehen? Könnte man diesen Rest überbrücken? Wie sähe so eine Brücke aus? Das sind die Fragen in den Erzählungen von Leila Aboulela, die in den toten Winkeln der Verständigung nach Antworten sucht und dort viel Unaussprechliches findet. Entsprechend oft hört man ihren Figuren beim Denken zu, nicht beim Reden. Es gibt Dinge, die man gesehen, gehört und gefühlt haben muss, um sie zu verstehen: den Rhythmus des Luftkühlers beim Nachmittagsschläfchen in Khartoum, eine Zeitungsseite, die als Gebetsmatte dient, den hibiskusroten Horizont am Abend, den Mann, der sich am Straßenrand die Fußnägel schneidet. Diese Bilder kann Jassir nicht mitnehmen zu seiner Frau Emma nach Aberdeen, die aus Angst vor Malaria und Sandmücken nicht mitgeflogen ist in den zweiwöchigen Urlaub, aber um ein "Andenken" (so auch der Titel der Erzählung) aus Khartoum bat.

Diese Leerstelle bildet den Kern der meisten Beziehungen bei Leila Aboulela, nicht nur der zwischen Liebenden, auch zwischen den Generationen. "Migranten sind Eltern, die zu spät bemerken, dass sie ihre Kinder zur Adoption freigegeben haben", heißt es an einer Stelle. Zur Adoption an eine Gesellschaft, die den Eltern fremd bleibt. Dabei spielt Aboulela in ihren Erzählungen alle möglichen Versuche der Verständigung durch - sommerliche Reisen in die alte Heimat, das Konvertieren zum Islam, das Aufwachsen als Kind einer gemischten Ehe. Doch letztlich drehen sich die Gedanken ihrer Figuren stets um Fragen nach Herkunft und Identität, von denen Leila Aboulela zeigt, wie schwer sie wiegen und wie leicht sie außer Kontrolle geraten. Aber sie zeigt eben auch, wo sie am besten aufgehoben sind - nämlich in genau der Schwebe, in der sie sie in ihren besten Erzählungen hält. LENA BOPP

Leila Aboulela: "anderswo, daheim". Erzählungen.

Aus dem Englischen von Irma Wehrli. Lenos Verlag, Basel 2022. 238 S., geb., 25,- Euro.

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