Was andere in den fünfziger Jahren in einzelnen Figuren ihrer Romane, Erzählungen und Theaterstücke andeuteten, das machte Christian Geissler zu seinem zentralen Thema: die verleugnete und verdrängte Schuld einer Generation, die den Nationalsozialismus getragen oder zumindest durch Duldung ermöglicht hatte.
Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
"Einen heiligen Zorn" spürt Rezensent Ulrich Gutmair in Christian Geisslers Roman, dessen Wiederveröffentlichung für ihn genau zum rechten Zeitpunkt kommt: Es geht um das Verschweigen und Verdrängen der Nazi-Verbrechen, exemplifiziert am jungen Klaus Köhler, dessen Vater als Hundertprozentiger nicht aus dem Krieg zurückgekommen ist. Sein Sohn begegnet im Jahr 1958 nun immer wieder Menschen, die ihre Verantwortung abstreiten, sich keiner Schuld bewusst sind und sich gar noch als Opfer gerieren, erklärt Gutmair. Der Roman ist im Original schon 1960 in DDR erschienen, mit einem erstaunlichen Vorwort , das sich dezidiert dagegen wehrt, nur die BRD als sicheren Hafen für (vermeintlich) ehemalige Nazis zu begreifen, sondern auch die Realität eines sich als antifaschistisch verstehenden Staates im Blick zu behalten. Der Kritiker spürt hier eine radikale Wut, die vielleicht auch dazu beigetragen hat, dass man den Roman über das Verdrängen lieber verdrängt hat. Höchste Zeit für eine Wiederentdeckung, schließt er.
© Perlentaucher Medien GmbH
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