Eine wilde Jagd durch Südkalifornien, getrieben von der Reue einer Mutter und der Liebe zu ihrem Kind
Luz hat in ihrem Leben viele Fehler begangen: Sie hat ihre kleine Tochter in L. A. zurückgelassen. Sie ist in ihre alte Heimat Tijuana zurückgekehrt. Und sie hat El Príncipe geheiratet, den brutalen Boss eines Drogenkartells, der sie wie eine Gefangene hält. Doch heute ist der Tag, an dem Luz die Dinge geradebiegen wird. Sie schießt ihre Bewacher nieder, räumt El Príncipes Tresor leer und macht sich auf den Weg Richtung Grenze.
Konsequent erschüttert dieser Roman unsere Vorstellungen davon, was richtig und was falsch ist ... Wild und unberechenbar wie eine Meute Klapperschlangen. - Los Angeles Times
Eine höllisch gute Story: Böse Menschen tun aus Liebe das Falsche. - Warren Ellis, Autor von Gun Machine
Langes Sprache ist messerscharf und die Geschichte brettert voran wie der rollende Donner. - Mystery Scene
Luz hat in ihrem Leben viele Fehler begangen: Sie hat ihre kleine Tochter in L. A. zurückgelassen. Sie ist in ihre alte Heimat Tijuana zurückgekehrt. Und sie hat El Príncipe geheiratet, den brutalen Boss eines Drogenkartells, der sie wie eine Gefangene hält. Doch heute ist der Tag, an dem Luz die Dinge geradebiegen wird. Sie schießt ihre Bewacher nieder, räumt El Príncipes Tresor leer und macht sich auf den Weg Richtung Grenze.
Konsequent erschüttert dieser Roman unsere Vorstellungen davon, was richtig und was falsch ist ... Wild und unberechenbar wie eine Meute Klapperschlangen. - Los Angeles Times
Eine höllisch gute Story: Böse Menschen tun aus Liebe das Falsche. - Warren Ellis, Autor von Gun Machine
Langes Sprache ist messerscharf und die Geschichte brettert voran wie der rollende Donner. - Mystery Scene
"Konsequent erschüttert dieser Roman unsere Vorstellungen davon, was richtig und was falsch ist ... Wild und unberechenbar wie eine Meute Klapperschlangen." -- Los Angeles Times
"Eine höllisch gute Story: Böse Menschen tun aus Liebe das Falsche." -- Warren Ellis, Autor von Gun Machine
"Langes Sprache ist messerscharf und die Geschichte brettert voran wie der rollende Donner." -- Mystery Scene
"Die perfekte Vorlage für einen Film: Denkwürdige Charaktere, großartiges Setting und ein hochspannender Plot." -- Kirkus
"Lange ist der beste Krimi-Autor seiner Generation. Weil der keine Krimis schreibt, sondern Literatur." -- Jerry Stahl
"Eine höllisch gute Story: Böse Menschen tun aus Liebe das Falsche." -- Warren Ellis, Autor von Gun Machine
"Langes Sprache ist messerscharf und die Geschichte brettert voran wie der rollende Donner." -- Mystery Scene
"Die perfekte Vorlage für einen Film: Denkwürdige Charaktere, großartiges Setting und ein hochspannender Plot." -- Kirkus
"Lange ist der beste Krimi-Autor seiner Generation. Weil der keine Krimis schreibt, sondern Literatur." -- Jerry Stahl
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.04.2015Ein Schalke-Fan im Kampf gegen die Routine
Krimis in Kürze: Neue Mordfälle von den Südstaaten bis Philadelphia und von Tijuana bis Dortmund
Einer der dürftigsten Einwändegegen ein Buch ist, es sei zu dick. Und wenn es sich, wie bei Greg Iles' "Natchez Burning" (Rütten & Loening, Berlin 2015, 1008 S., geb., 22,99 [Euro]), auch noch um den tausendseitigen Auftakt einer Trilogie handelt, ist die Lektüre für viele schon a priori beendet - als seien hundertfünfzig öde besser als fünfhundert spannende Seiten, als habe nicht jeder Roman seine eigene Zeitrechnung und jeder Leser seinen eigenen Wahrnehmungsrhythmus.
Iles' Buch ist ein Südstaatenroman, der von Ku-Klux-Klan, Rassenhass und bestialischen Morden in den sechziger Jahren erzählt und von den blutigen Nachwehen, die bis ins Jahr 2005 reichen. Es gibt zwar auch einen Ich-Erzähler, den aus früheren Iles-Romanen bekannten Juristen Penn Cage, inzwischen Bürgermeister von Natchez, aber die Geschichte ist so ausladend, mit so vielen Personen und Schauplätzen bestückt, dass ein Erzähler nicht ausreichte - wobei schon sehr eigenartig ist, dass es nicht eine einzige afroamerikanische Perspektive auf das Geschehen gibt. Und inmitten der epischen Verstrickungen geht es um die elementaren Dinge: Väter und Söhne, Familiengeheimnisse, Verbrechen und Rache.
Das ist spannend und voller gut gesetzter Cliffhanger, doch das verführerische Versprechen, hier komme "der neue Faulkner für die Breaking-Bad-Generation", kann der Roman nicht annähernd einlösen. Nicht, weil er zu lang wäre, sondern weil es ihm einfach nicht gelingt, seine Charaktere auf dieser langen Reise von groben Typen und Repräsentanten zu vertrauten, unverwechselbaren Individuen werden zu lassen.
Auch im Süden, in der mexikanischen Grenzstadt Tijuana und in der Umgebung von San Diego, spielt "Angel Baby" von Richard Lange (Heyne, München 2015, 352 S., br., 9,99 [Euro]). Natürlich hat das Drogenkartell hier seine Finger im Spiel. Luz, die das Tattoo "Angel Baby" im Nacken trägt, ist die Geliebte des örtlichen Kartellstatthalters Rolando. Aber Bandenkriege und korrupte Politiker spielen im Vergleich zu den Romanen von Don Winslow nur eine geringe Rolle. Hier geht es um Fluchthilfe, illegale Einwanderung und den Profit, der darin steckt. So gerät Luz, die aus ihrem goldenen Käfig flieht, weil sie ihre Tochter in Los Angeles sehen will, an den runtergekommenen Malone, der säuft, seit seine Tochter ums Leben gekommen ist, und der sich ein paar Dollars verdient, indem er Flüchtlinge im Kofferraum über die Grenze bringt.
Seine Leitmotivik setzt Lange etwas zu schematisch und zu routiniert ein, manche Entwicklung wird deshalb zu absehbar, weil alles nur um verlorene/bedrohte Kinder und leidende Elternteile kreist. Aber es gibt doch ein paar Plotwindungen, die überraschen, zudem kennt sich Lange beiderseits der Grenze so gut aus, dass seine Streifzüge durch die Milieus mitunter eine fast dokumentarische Härte bekommen.
Noch einmal Amerika, Yankee-Land diesmal, Philadelphia. Und Pete Dexter, um dessen Bücher sich der Liebeskind-Verlag seit Jahren verdient macht, ist auch eine andere Gewichtsklasse. "Unter Brüdern" (Liebeskind, München 2015, 315 S., geb., 19,90 [Euro]), im Original 1991 erschienen, ist Noir-Literatur, wie man sich das wünscht. Harte irische Gewerkschafter im Konflikt mit italienischen Mafiosi im Philadelphia der frühen sechziger Jahre. Zugleich die Coming-of-age-Geschichte eines Jungen namens Peter Flood, den der Roman dann über mehr als zwei Jahrzehnte begleitet. Wie immer bei Dexter imponiert die lakonische, klare Sprache.
Eine Prosa, die zur Story passt: Da geht einer seinen Weg, es gibt kaum Abzweigungen, keine Kreuzung, schon gar keine Umkehr, vielleicht ein kurzes Innehalten. Und inmitten dieser Unerbittlichkeit ist der Erzähler nicht teilnahmslos kalt. Da ist eine stille Anteilnahme mit jenem, der, dem Genre entsprechend, seinem Schicksal nicht entgeht.
Zum Schluss noch ein kleiner Abstecher nach Dortmund. Norbert Horst, der Kommissar, der Polizeiromane schreibt, ist einer, für dessen Bücher man gerne ein Dutzend "Tatort"-Folgen hergäbe. Dass er weiß, wovon er spricht, ist trivial; wie er davon spricht, in dieser staubtrockenen, spröden Sprache, die zum Ruhrgebiet und auch zu Horsts Heimat Ostwestfalen gehört, wie er dabei alle betuliche Pütt-Folklore vermeidet, das ist ziemlich gekonnt. "Mädchenware" (Goldmann Verlag, München 2015, 352 S., br., 8,99 [Euro]) schickt wieder Kommissar Thomas Adam, nach dem Beruf seines Vaters "Steiger" genannt, in den Ring, in den Kampf gegen die Trägheit der Routine, gegen Rumänen, Bulgaren und ein bisschen auch gegen sich selbst, weil Steiger eine Prostituierte, die beim blutigen Überfall auf ein Bordell verletzt wurde, besser kennt, als es der Polizei gefällt.
Gerade weil Horst der Alltag, die Polizeiarbeit so vertraut ist, muss er ihn nicht umständlich ausbreiten. Es geht kompakt und mit gutem Tempo voran. Und dass Norbert Horst James Ellroy schätzt, hat ihn zum Glück nicht dazu verführt, dessen Stakkato-Stil ins Revier zu importieren. Sein Steiger hat es sowieso schon schwer genug. Er ist Schalke-Fan mitten in Dortmund.
PETER KÖRTE
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Krimis in Kürze: Neue Mordfälle von den Südstaaten bis Philadelphia und von Tijuana bis Dortmund
Einer der dürftigsten Einwändegegen ein Buch ist, es sei zu dick. Und wenn es sich, wie bei Greg Iles' "Natchez Burning" (Rütten & Loening, Berlin 2015, 1008 S., geb., 22,99 [Euro]), auch noch um den tausendseitigen Auftakt einer Trilogie handelt, ist die Lektüre für viele schon a priori beendet - als seien hundertfünfzig öde besser als fünfhundert spannende Seiten, als habe nicht jeder Roman seine eigene Zeitrechnung und jeder Leser seinen eigenen Wahrnehmungsrhythmus.
Iles' Buch ist ein Südstaatenroman, der von Ku-Klux-Klan, Rassenhass und bestialischen Morden in den sechziger Jahren erzählt und von den blutigen Nachwehen, die bis ins Jahr 2005 reichen. Es gibt zwar auch einen Ich-Erzähler, den aus früheren Iles-Romanen bekannten Juristen Penn Cage, inzwischen Bürgermeister von Natchez, aber die Geschichte ist so ausladend, mit so vielen Personen und Schauplätzen bestückt, dass ein Erzähler nicht ausreichte - wobei schon sehr eigenartig ist, dass es nicht eine einzige afroamerikanische Perspektive auf das Geschehen gibt. Und inmitten der epischen Verstrickungen geht es um die elementaren Dinge: Väter und Söhne, Familiengeheimnisse, Verbrechen und Rache.
Das ist spannend und voller gut gesetzter Cliffhanger, doch das verführerische Versprechen, hier komme "der neue Faulkner für die Breaking-Bad-Generation", kann der Roman nicht annähernd einlösen. Nicht, weil er zu lang wäre, sondern weil es ihm einfach nicht gelingt, seine Charaktere auf dieser langen Reise von groben Typen und Repräsentanten zu vertrauten, unverwechselbaren Individuen werden zu lassen.
Auch im Süden, in der mexikanischen Grenzstadt Tijuana und in der Umgebung von San Diego, spielt "Angel Baby" von Richard Lange (Heyne, München 2015, 352 S., br., 9,99 [Euro]). Natürlich hat das Drogenkartell hier seine Finger im Spiel. Luz, die das Tattoo "Angel Baby" im Nacken trägt, ist die Geliebte des örtlichen Kartellstatthalters Rolando. Aber Bandenkriege und korrupte Politiker spielen im Vergleich zu den Romanen von Don Winslow nur eine geringe Rolle. Hier geht es um Fluchthilfe, illegale Einwanderung und den Profit, der darin steckt. So gerät Luz, die aus ihrem goldenen Käfig flieht, weil sie ihre Tochter in Los Angeles sehen will, an den runtergekommenen Malone, der säuft, seit seine Tochter ums Leben gekommen ist, und der sich ein paar Dollars verdient, indem er Flüchtlinge im Kofferraum über die Grenze bringt.
Seine Leitmotivik setzt Lange etwas zu schematisch und zu routiniert ein, manche Entwicklung wird deshalb zu absehbar, weil alles nur um verlorene/bedrohte Kinder und leidende Elternteile kreist. Aber es gibt doch ein paar Plotwindungen, die überraschen, zudem kennt sich Lange beiderseits der Grenze so gut aus, dass seine Streifzüge durch die Milieus mitunter eine fast dokumentarische Härte bekommen.
Noch einmal Amerika, Yankee-Land diesmal, Philadelphia. Und Pete Dexter, um dessen Bücher sich der Liebeskind-Verlag seit Jahren verdient macht, ist auch eine andere Gewichtsklasse. "Unter Brüdern" (Liebeskind, München 2015, 315 S., geb., 19,90 [Euro]), im Original 1991 erschienen, ist Noir-Literatur, wie man sich das wünscht. Harte irische Gewerkschafter im Konflikt mit italienischen Mafiosi im Philadelphia der frühen sechziger Jahre. Zugleich die Coming-of-age-Geschichte eines Jungen namens Peter Flood, den der Roman dann über mehr als zwei Jahrzehnte begleitet. Wie immer bei Dexter imponiert die lakonische, klare Sprache.
Eine Prosa, die zur Story passt: Da geht einer seinen Weg, es gibt kaum Abzweigungen, keine Kreuzung, schon gar keine Umkehr, vielleicht ein kurzes Innehalten. Und inmitten dieser Unerbittlichkeit ist der Erzähler nicht teilnahmslos kalt. Da ist eine stille Anteilnahme mit jenem, der, dem Genre entsprechend, seinem Schicksal nicht entgeht.
Zum Schluss noch ein kleiner Abstecher nach Dortmund. Norbert Horst, der Kommissar, der Polizeiromane schreibt, ist einer, für dessen Bücher man gerne ein Dutzend "Tatort"-Folgen hergäbe. Dass er weiß, wovon er spricht, ist trivial; wie er davon spricht, in dieser staubtrockenen, spröden Sprache, die zum Ruhrgebiet und auch zu Horsts Heimat Ostwestfalen gehört, wie er dabei alle betuliche Pütt-Folklore vermeidet, das ist ziemlich gekonnt. "Mädchenware" (Goldmann Verlag, München 2015, 352 S., br., 8,99 [Euro]) schickt wieder Kommissar Thomas Adam, nach dem Beruf seines Vaters "Steiger" genannt, in den Ring, in den Kampf gegen die Trägheit der Routine, gegen Rumänen, Bulgaren und ein bisschen auch gegen sich selbst, weil Steiger eine Prostituierte, die beim blutigen Überfall auf ein Bordell verletzt wurde, besser kennt, als es der Polizei gefällt.
Gerade weil Horst der Alltag, die Polizeiarbeit so vertraut ist, muss er ihn nicht umständlich ausbreiten. Es geht kompakt und mit gutem Tempo voran. Und dass Norbert Horst James Ellroy schätzt, hat ihn zum Glück nicht dazu verführt, dessen Stakkato-Stil ins Revier zu importieren. Sein Steiger hat es sowieso schon schwer genug. Er ist Schalke-Fan mitten in Dortmund.
PETER KÖRTE
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 14.04.2015Das ertränkte Herz
Ein wilder Kalifornien-Thriller von Richard Lange: „Angel Baby“
Die Spitzen des roten BHs, die Malone zu sehen bekommt, als das Mädchen auf dem Beifahrersitz die Arme hebt, um sich einen Pferdeschwanz zu binden, bringen ihn auf eine sehr dumme Idee. Malones ursprünglicher Plan war, sich unter der heißen kalifornischen Sonne totzusaufen, und um das zu finanzieren, ab und an ein paar verzweifelte Mexikaner aus dem staubigen Tijuana in die USA zu schmuggeln. Dann aber hat ihm sein Kontaktmann dieses Mädchen ins Auto gesetzt: die Geliebte eines Drogenbosses, auf der Flucht vor ihrem besitzergreifenden Lover. Vor dem Gangster hat Malone keine Angst, dazu hat er sich mit dem Tod schon viel zu sehr angefreundet – was ihn sorgt, ist der Eros. Nicht nur wegen des roten BHs, sondern weil dieses Mädchen neben ihm – nun ja, die Gefühle: „Sie anzusehen, über ihr Leben nachzudenken, macht Malone traurig. Er hätte eine Flasche mitnehmen sollen. Auf solche Augenblicke muss man vorbereitet sein – vorbereitet darauf, sein zerstörtes Herz zu ertränken, sobald es wieder zu schlagen beginnt.“
„Angel Baby“ heiß dieser wilde Kalifornien-Thriller, geschrieben hat ihn Richard Lange, ein Vollbartträger mit traurigem Hundeblick, der sich vor seiner Schriftstellerkarriere viel in der Wüste an der mexikanisch-amerikanischen Grenze herumgetrieben hat. Als Journalist verdiente er damals sein Geld, zum Beispiel mit kleinen, versauten Auftragsschreibereien für den Hustler , fünfzig Dollar das Stück. „Das war kein schlechtes Leben“, sagt Lange, „und weil ich nicht viel kann außer schreiben, habe ich halt das gemacht.“ 2007 erschien dann seine erste Kurzgeschichtensammlung, „Dead Boys“, 2009 folgte der Debütroman „This Wicked World“. Erste Fingerübungen über die irren Typen, die sich an der Grenze tummeln, Bier und Tequila trinken und darauf warten, dass das Leben anfängt – oder aufhört. Mit „Angel Baby“ hat er sie jetzt alle in einen einzigen, bittersüßen Roman gepackt, ein gnadenloses Grenzpanorama. Die Geschichte vom mexikanischen Mädchen und vom Säufer Malone, der sie in einem gefährlichen Anflug von Menschenliebe vor ihrem Ex, dem Drogenkiller beschützen will, wird aus der Perspektive mehrerer Protagonisten erzählt. Neben Malone und der Frau mischen auch ein korrupter Cop und ein tätowierter Handlanger des Drogenbosses in diesem Verfolgungsirrsinn mit.
Lange gelingt es, mit seiner raffinierten, skizzenhaften Prosa, jedem von ihnen auf kleinstem Platz so viel Leben einzuhauchen, wie es andere Schriftsteller auf 1000 Seiten nicht meistern. Und zwar, weil er den Trick der großen Krimimeister kennt: dass die ausweglose Gnadenlosigkeit, von der eine anständige Crime-Story beseelt sein muss, sich nicht aus schneller, brutaler Dramaturgie speist, sondern aus zärtlicher Menschenkenntnis und der Hoffnung auf einen letzten Kuss.
DAVID STEINITZ
Richard Lange: Angel Baby. Aus dem Englischen von Jan Schönherr. Heyne Verlag, München 2015. 352 Seiten, 9,99 Euro. E-Book 8,99 Euro.
„Rufen Sie die Polizei!“
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Ein wilder Kalifornien-Thriller von Richard Lange: „Angel Baby“
Die Spitzen des roten BHs, die Malone zu sehen bekommt, als das Mädchen auf dem Beifahrersitz die Arme hebt, um sich einen Pferdeschwanz zu binden, bringen ihn auf eine sehr dumme Idee. Malones ursprünglicher Plan war, sich unter der heißen kalifornischen Sonne totzusaufen, und um das zu finanzieren, ab und an ein paar verzweifelte Mexikaner aus dem staubigen Tijuana in die USA zu schmuggeln. Dann aber hat ihm sein Kontaktmann dieses Mädchen ins Auto gesetzt: die Geliebte eines Drogenbosses, auf der Flucht vor ihrem besitzergreifenden Lover. Vor dem Gangster hat Malone keine Angst, dazu hat er sich mit dem Tod schon viel zu sehr angefreundet – was ihn sorgt, ist der Eros. Nicht nur wegen des roten BHs, sondern weil dieses Mädchen neben ihm – nun ja, die Gefühle: „Sie anzusehen, über ihr Leben nachzudenken, macht Malone traurig. Er hätte eine Flasche mitnehmen sollen. Auf solche Augenblicke muss man vorbereitet sein – vorbereitet darauf, sein zerstörtes Herz zu ertränken, sobald es wieder zu schlagen beginnt.“
„Angel Baby“ heiß dieser wilde Kalifornien-Thriller, geschrieben hat ihn Richard Lange, ein Vollbartträger mit traurigem Hundeblick, der sich vor seiner Schriftstellerkarriere viel in der Wüste an der mexikanisch-amerikanischen Grenze herumgetrieben hat. Als Journalist verdiente er damals sein Geld, zum Beispiel mit kleinen, versauten Auftragsschreibereien für den Hustler , fünfzig Dollar das Stück. „Das war kein schlechtes Leben“, sagt Lange, „und weil ich nicht viel kann außer schreiben, habe ich halt das gemacht.“ 2007 erschien dann seine erste Kurzgeschichtensammlung, „Dead Boys“, 2009 folgte der Debütroman „This Wicked World“. Erste Fingerübungen über die irren Typen, die sich an der Grenze tummeln, Bier und Tequila trinken und darauf warten, dass das Leben anfängt – oder aufhört. Mit „Angel Baby“ hat er sie jetzt alle in einen einzigen, bittersüßen Roman gepackt, ein gnadenloses Grenzpanorama. Die Geschichte vom mexikanischen Mädchen und vom Säufer Malone, der sie in einem gefährlichen Anflug von Menschenliebe vor ihrem Ex, dem Drogenkiller beschützen will, wird aus der Perspektive mehrerer Protagonisten erzählt. Neben Malone und der Frau mischen auch ein korrupter Cop und ein tätowierter Handlanger des Drogenbosses in diesem Verfolgungsirrsinn mit.
Lange gelingt es, mit seiner raffinierten, skizzenhaften Prosa, jedem von ihnen auf kleinstem Platz so viel Leben einzuhauchen, wie es andere Schriftsteller auf 1000 Seiten nicht meistern. Und zwar, weil er den Trick der großen Krimimeister kennt: dass die ausweglose Gnadenlosigkeit, von der eine anständige Crime-Story beseelt sein muss, sich nicht aus schneller, brutaler Dramaturgie speist, sondern aus zärtlicher Menschenkenntnis und der Hoffnung auf einen letzten Kuss.
DAVID STEINITZ
Richard Lange: Angel Baby. Aus dem Englischen von Jan Schönherr. Heyne Verlag, München 2015. 352 Seiten, 9,99 Euro. E-Book 8,99 Euro.
„Rufen Sie die Polizei!“
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
"Richard Langes lässige, aufs Wesentliche verknappte Prosa klingt mal wie ein Country Song, bitter-süß und sehnsuchtsverweht, mal wie Hardcorepunk, rasend schnell und knallhart." Marcus Müntefering, Spiegel Online