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Das Buch führt Anja Conrads Serien "Cars", "Men at Work", "Reflections" und andere zusammen und betont die gemeinsamen Aspekte der hochst unterschiedlichen Arbeiten. Das sind vor allem wiederkehrende Vorgange, alltagliche Wahrnehmungen und Handlungen. Das Unbedeutende wird zu einer singularen Erfahrung, Unwesentliches wird zu Wesentlichem. Die meisten Bilder entstehen zwar in einem urbanen Umfeld, sind aber keine Street Photography, sondern in aller Ruhe komponierte Aufnahmen.Anja Conrad (1971), aufgewachsen in Chicago und New York, lebt und arbeitet in Frankfurt am Main. Seit 1992 wurden ihre…mehr

Produktbeschreibung
Das Buch führt Anja Conrads Serien "Cars", "Men at Work", "Reflections" und andere zusammen und betont die gemeinsamen Aspekte der hochst unterschiedlichen Arbeiten. Das sind vor allem wiederkehrende Vorgange, alltagliche Wahrnehmungen und Handlungen. Das Unbedeutende wird zu einer singularen Erfahrung, Unwesentliches wird zu Wesentlichem. Die meisten Bilder entstehen zwar in einem urbanen Umfeld, sind aber keine Street Photography, sondern in aller Ruhe komponierte Aufnahmen.Anja Conrad (1971), aufgewachsen in Chicago und New York, lebt und arbeitet in Frankfurt am Main. Seit 1992 wurden ihre Arbeiten im In- und Ausland ausgestellt, zum Beispiel im Ort für Fotografie, Basel, im Raum für Kultur der Commerzbank, Frankfurt am Main, und in der Open Source Gallery, Brooklyn, New York.
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Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.05.2019

Flieg, Engelchen, flieg

Anja Conrads Welt ist bonbonbunt, aber voller Abgründe. Nun gibt es ihre verstörend schönen Aufnahmen in einem Fotoband.

Von Freddy Langer

Wenn Anja Conrad über ihre Aufnahme von Ground Zero spricht, zögert sie für einen Moment, und es klingt, als könne sie noch immer nicht fassen, was sie dort gesehen hat. Besucht hatte sie den Ort, um das World Trade Center Transportation Hub von Santiago Calatrava zu fotografieren, das Gebäude, das aussieht, als breite es zwei mächtige Flügel über dem Platz aus. Aber sie kam nicht zurecht mit dieser Architektur, weshalb sie stattdessen zum Probierstand eines kleinen Weinfests schlenderte, das in der Nähe veranstaltet wurde und auf dem ein Winzer mit einer fliegenden Frau für seinen Schaumwein warb: ausgestreckt wie schwerelos am Himmel, in der Hand eine Flasche, aus der eine Fontäne von Sekt aufsteigt. "Das Plakat", sagt sie, "war genau dort aufgespannt, wo jene Menschen landeten, die beim Anschlag auf die Zwillingstürme des World Trade Center am 11. September 2001 verzweifelt aus den Fenstern gesprungen sind. Und dazu, gleich daneben, Flaggen auf Halbmast, wegen des Todes von John McCain. Erst habe ich mich gar nicht getraut, die Szene zu fotografieren. Es war so gespenstisch." Dann macht sie eine Bewegung, als wolle sie eine Gänsehaut vom Rücken schütteln.

Gespenstisch ist die Vokabel, die viele Aufnahmen von Anja Conrad treffend beschreibt. Denn was vordergründig so fröhlich daherkommt, erweist sich auf den zweiten Blick als vielschichtige, oft düstere Bestandsaufnahme der Welt. Schemenhaft wie Geister laufen bei ihr die Menschen gespiegelt in Schaufensterscheiben durch die Straßen. Als erteilten sie Befehle, wie man zu leben habe, schauen indes die Gesichter von Kosmetikreklamen streng auf die Passanten hinab. Aus den Ritzen des Bürgersteigs wächst der Beginn eines Dschungels empor. Und einmal fotografiert sie jemanden, der, versteckt hinter einem Mast, wiederum sie zu fotografieren scheint, und in einem Gefühl von Unsicherheit wird nicht recht klar, wer hier wen beobachtet und verfolgt. Die Vokabel Unbeschwertheit ist ein Fremdwort in dieser bonbonbunten Welt, der Anja Conrad zwar alle Farben der Zuckerstangenindustrie entlockt, in der sie aber auch eine schwarze Plane entdeckt, von der man besser nicht wissen möchte, was darunter liegt.

Manchmal fotografiert Anja Conrad verwaiste Plakatwände oder die Rahmen zerborstener Neonwerbung. Das wirkt dann einen Augenblick lang wie eine Befreiung, als könne man all die Bilder, die von überallher auf einen einprasseln, durch solche Leerstellen aus dem Kopf bekommen, aber hinter den Rahmen öffnet sich prompt wieder ein neues Bild - und wenn es nur ein Wirrwarr von Kabeln ist.

Dem Wirrwarr der Welt gleichsam als Trost eine Komposition von perfekter Harmonie überzuwerfen ist ein vielgebrauchter Ansatz der Fotografie - weniger als Standortbestimmung, denn als Angebot, Halt zu geben. Anja Conrad geht einen anderen Weg. Ob in Chicago, New York oder im Rhein-Main-Gebiet, wo sie zu Hause ist: Sie stößt unentwegt auf die Falltüren der Welt.

"Everything is always so perfect when you are in it" von Anja Conrad. Kehrer Verlag, Heidelberg 2019. 124 Seiten, 86 Farbfotos. Gebunden, 39,90 Euro.

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