Kurz vor seinem Umbau nutzt Anja Schlamann (geb.1967) in ihrer Fotoserie Encanto das gesamte Opernhaus in Köln als einzigartige architektonische Bühne. Fragmentarisch zeigt sie sowohl reprä sentative Bereiche wie auch für die Öffentlichkeit verborgene Räume hinter der Bühne, die lakonisch und voller Details Spuren eines 60-jährigen Theaterlebens erkennen lassen. Der nüchterne Blick auf die Räumlichkeiten erhält durch die überraschend wiederkehrende Präsenz der Figur Carmen eine momenthafte Ebene. Sie zeigt sich fließend und transparent, voll emotionalem Reichtum und Zauber. Über diese theatralisch gespielte Rolle wird der Blick des Betrachters in die Seele der Räume geleitet: Carmen als Spielerin, Zauberin, Botschafterin und Mittlerin zwischen den Welten. Es ist wie eine Inszenierung außerhalb der Bühne, in der sich die Kunstwelt Oper in einem bislang unerhö rten, klanglosen Urzustand entfaltet, als erzähle sie ihre eigene Geschichte. Die Fotografin ist dabei Regisseurin und Schauspielerin in einer Person. Sie inszeniert das wechselseitige Spiel um den Blick zwischen Zuschauer und Schauspielerin. Der wunderbar geheimnisvolle Auftritt im Opernhaus wird so zu einem eigenständigen Bild modelliert.