In Anna, oder Anna In, Göttin der Liebe, der Fruchtbarkeit, des Mondes, aber auch des Krieges, herrscht über das sumerische Uruk - ein mythischer, lichter Ort, wo Fahrstühle auch nach links und rechts fahren und Gärten vom Himmel hängen, ein Ort, der eher in der nahen Zukunft als in einer fernen Vergangenheit zu liegen scheint. Anna In ist schön, jung, verführerisch, aber auch ungestüm, unstet und machtbewusst. Eines Tages ruft ihre Zwillingsschwester, die Herrscherin der Unterwelt, sie zu sich. Und Anna In steigt hinab, in die Katakomben, ins dunkle Reich des Todes. Niemand ist je von dort zurückgekehrt. Welches Opfer wird AnnaIn bringen müssen, um wieder hinaufzusteigen, zu den Lebenden? Olga Tokarczuk erzählt in Frau Diesseits und Frau Jenseits einen 4000 Jahre alten Mythos auf einzigartige Weise neu. Mit viel Ironie und einer großen Portion Respektlosigkeit verbindet sie das Hohe und Erhabene mit dem Profanen, Allgemeinmenschlichen - und holt den altehrwürdigen Mythos so in unsere Gegenwart.
»Als ungeheuer phantasiebegabte Erzählerin erschafft Olga Tokarczuk eine Geschichte über die Geburt der Empathie, aber auch über den Mut, sich der Welt zu stellen.« Newsweek, New York »Was für ein wunderbarer Ritt durch eine fantastische Unterwelt!« Juliane Bergmann / NDR Kultur
Perlentaucher-Notiz zur Dlf Kultur-Rezension
Rezensentin Tanya Lieske steigt gern in die aufregende Unterwelt ab, die Olga Tokarczuk in ihrem Roman entwirft. Er erzählt von der Göttin Anna In oder Inanna, die in die Unterwelt stieg und deren Mythos auf über den Globus verstreuten Tonscherben festgehalten ist, wie Lieske von Tokarczuk erfährt. Dabei schafft die Autorin eine Ober- und Unterwelt mit "Aufzügen, Plattformen und hängenden Gärten", so Lieske, die die Verschränkung verschiedener kulturgeschichtlicher Epochen bewundert. Spannend findet Lieske außerdem, dass Tokarczuk im Hinabstieg Inannas in die Unterwelt einerseits den "Urmythos aller späteren Hades-Erzählungen" sieht, ihm andererseits aber eine gewisse "postmoderne Beliebigkeit" dadurch verleihe, dass Inanna - im Gegensatz zu allen nachfolgenden vergleichbaren Figuren - kein eigennütziges Motiv habe. Eine aufregende Heldinnengeschichte und "Leuchtfeuer eines magischen Realismus", das von Lisa Palmes toll übersetzt wurde, schließt Lieske.
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 30.07.2022Himmelhoch und
katakombentief
In alten Mythen gehört der Abstieg in die Unterwelt zum guten Ton. Persephone, Odysseus, Orpheus und wie sie alle heißen, waren da. Bei Olga Tokarczuk ist die Unterwelt eher wie ein stylisher Film ausgestattet, mit moderner, aber maroder Architektur, alles düster, aber gut designt. Dort hinab steigt nun Anna In, Göttin der Oberwelt, auf der Suche nach ihrer Schwester – und findet nicht mehr hinauf. So besagt es der jahrtausendealte sumerische Mythos der Göttin Inanna. 2006 schrieb Tokarczuk ihren Roman „Anna In“, 2022 kam er in fabelhafter neuer Übersetzung heraus. Die kühne Tocarczuk hält sich, und das ist das Geniale, nicht mit muffigem Ober- und Unterwelt-Kitsch auf, sie schafft ein eigenwilliges Universum, in dem Götter wie Beamte arbeiten und mit Aufzügen kreuz und quer über hängende Gärten fahren. Damit Anna In gerettet werden kann, muss sie, klar, ein Opfer bringen. Auf dieser Heldinnenreise steigt man zu gern mit ihr bis ganz nach unten.
CHRISTIANE LUTZ
Olga Tokarczuk:
Anna In. Eine Reise zu den Katakomben der Welt. Aus dem Polnischen von Lisa Palmes. Kampa, Zürich 2022.
192 Seiten, 22 Euro.
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katakombentief
In alten Mythen gehört der Abstieg in die Unterwelt zum guten Ton. Persephone, Odysseus, Orpheus und wie sie alle heißen, waren da. Bei Olga Tokarczuk ist die Unterwelt eher wie ein stylisher Film ausgestattet, mit moderner, aber maroder Architektur, alles düster, aber gut designt. Dort hinab steigt nun Anna In, Göttin der Oberwelt, auf der Suche nach ihrer Schwester – und findet nicht mehr hinauf. So besagt es der jahrtausendealte sumerische Mythos der Göttin Inanna. 2006 schrieb Tokarczuk ihren Roman „Anna In“, 2022 kam er in fabelhafter neuer Übersetzung heraus. Die kühne Tocarczuk hält sich, und das ist das Geniale, nicht mit muffigem Ober- und Unterwelt-Kitsch auf, sie schafft ein eigenwilliges Universum, in dem Götter wie Beamte arbeiten und mit Aufzügen kreuz und quer über hängende Gärten fahren. Damit Anna In gerettet werden kann, muss sie, klar, ein Opfer bringen. Auf dieser Heldinnenreise steigt man zu gern mit ihr bis ganz nach unten.
CHRISTIANE LUTZ
Olga Tokarczuk:
Anna In. Eine Reise zu den Katakomben der Welt. Aus dem Polnischen von Lisa Palmes. Kampa, Zürich 2022.
192 Seiten, 22 Euro.
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