Anna Schlatter-Bernet war eine der bedeutenden Schweizer Frauen des frühen 19. Jahrhunderts und gehört zu den wichtigen Persönlichkeiten des schweizerischen Pietismus. Ihre Ausstrahlung reichte weit über die Landesgrenzen hinaus. Marianne Jehle schildert nicht nur die Lebensumstände dieser bemerkenswerten Frau, sondern auch deren menschliche und religiöse Entwicklung, die sie immer stärker zu einem bibelorientierten, weltoffenen Christusglauben führte. Wie ihr Ehemann Hector Schlatter stammte sie aus der städtischen Oberschicht St. Gallens. In ihrer Ehe, der dreizehn Kinder entsprangen, fand sie trotz der Aufgabe als Mutter und als Geschäftsfrau an der Seite ihres Mannes einen bemerkenswerten Freiraum zur Pflege vielfältiger Freundschaften und Briefkontakte. Anna Schlatter studierte für sich selbst zeitgenössische theologische Literatur und entwickelte sich zu einer eigenständigen Theologin und Seelsorgerin. Ihre Korrespondenz war international und ökumenisch orientiert. So pflegte sie etwa Freundschaften mit dem Zürcher Pfarrer und Freund Goethes Johann Caspar Lavater und dessen Tochter, mit dem katholischen Bischof Johann Michael Sailer von Regensburg und vielen anderen Persönlichkeiten der evangelischen und katholischen Erweckungsbewegung.