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Annawadi ist ein Slum jenseits des luxuriösen Flughafens von Mumbai. Hier wohnen Tausende Menschen in notdürftig errichteten Hütten. Eng ist es hier und schmutzig. Und nicht selten fallen hungrige Ratten nachts über die Kinder her. In Annawadi lebt Abdul, der Müllsammler. Dass er geschickt ist in seinem Job, dass er Müll zu sammeln, zu sortieren und weiterzuverkaufen weiß wie kein Zweiter, ruft viele Neider auf den Plan. Denn der Erfolg des einen bedeutet den möglichen Ruin des anderen. Und jeder in dem Slum kämpft mit allen Mitteln um die pure Existenz. Katherine Boo erzählt nicht nur die…mehr

Produktbeschreibung
Annawadi ist ein Slum jenseits des luxuriösen Flughafens von Mumbai. Hier wohnen Tausende Menschen in notdürftig errichteten Hütten. Eng ist es hier und schmutzig. Und nicht selten fallen hungrige Ratten nachts über die Kinder her. In Annawadi lebt Abdul, der Müllsammler. Dass er geschickt ist in seinem Job, dass er Müll zu sammeln, zu sortieren und weiterzuverkaufen weiß wie kein Zweiter, ruft viele Neider auf den Plan. Denn der Erfolg des einen bedeutet den möglichen Ruin des anderen. Und jeder in dem Slum kämpft mit allen Mitteln um die pure Existenz. Katherine Boo erzählt nicht nur die Geschichten der Menschen in Annawadi - sie erzählt auch von ihrer Hoffnung und ihrem Streben nach einem besseren Leben und von den Auswirkungen des westlichen Konsums bis in dieses Eckchen der Welt.

"Ein Muss! Nie zuvor hat jemand einen Slum so verstanden und so eindringlich beschrieben." Salman Rushdie
Autorenporträt
Pieke Biermann, geboren 1950, lebt seit 1976 als Schriftstellerin und Übersetzerin in Berlin. Ihre Kriminalromane haben dreimal hintereinander den Deutschen Krimipreis bekommen und wurden ins Englische, Französische und Italienische übersetzt. Sie wurde u.a. mit dem 3Sat-Stipendium ausgezeichnet und erhielt 2009 den Sonderpreis des Vereins "Deutscher Ring".

Katherine Boo schreibt fest angestellt beim 'New Yorker'. Ihre Arbeit wurde vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Mac Arthur 'Genius' Grant, dem National Magazine Award for Feature Writing und dem Pulitzer Prize. In den letzten zehn Jahren pendelte sie zwischen Indien und den USA.

Pieke Biermann, geboren 1950, lebt seit 1976 als Schriftstellerin und Übersetzerin in Berlin. Ihre Kriminalromane haben dreimal hintereinander den Deutschen Krimipreis bekommen und wurden ins Englische, Französische und Italienische übersetzt. Sie wurde u.a. mit dem 3Sat-Stipendium ausgezeichnet und erhielt 2009 den Sonderpreis des Vereins "Deutscher Ring".
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Dirk Knipphals fühlt sich von dieser "großartigen Reportage" über zwei junge Müllsammler in Mumbai an eigene Besuche und Erlebnisse in der indischen Metropole erinnert, in der schreiendes Elend und überbordender Luxus auf unheimliche Weise aufeinanderprallen: Die Bilder, die er sah und nun beim Lesen wieder vor Augen hat (nicht ohne einige davon ausführlich zu schildern), stehen nicht nur im Kontrast zum gemütlichen Mitteleuropa, sondern verweisen in ihrer heutigen Präsenz geradezu auf die Wiederkehr von Lebensumständen, die dieses Europa historisch hinter sich gelassen und als Schreckensbilder dem Kino überantwortet hat, bemerkt der Rezensent. Hoch rechnet er es der Autorin an, dass es ihr im steten Bemühen um ein tiefergehendes Verständnis der geschilderten Situationen gelingt, die Symptome der Globalisierung "im Konkreten etwas genauer zu erzählen" als dies das übliche politische Begriffsinstrumentarium vermag.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.02.2013

Neben Gucci
in der Gülle
Katherine Boos Nahaufnahme
des Annawadi-Slum von Mumbai
Die Lektüre dieses Buchs beginnt man am besten mit dem Epilog. Denn warum und wie die Autorin ihre Story angefasst hat, ist mindestens so aufschlussreich wie die Geschichte selbst. Katherine Boo, Topreporterin in New York und mit einem Inder verheiratet, stolpert auf Reisen in Indien über die gleiche Misere, der sie auch in den USA oft begegnet: Mitten im Reichtum siedelt absolute Armut. Rund um den Flughafen von Mumbai etwa, gleichsam im Schatten eines Kordons aus lauter Luxushotels und Shoppingmalls, duckt sich das Elend und dehnt sich zugleich über riesige Flächen. Dort liegt der Slum von Annawadi, eine Mega-Ansammlung verbeulter Wellblechhütten inmitten schlammiger Pfade und verseuchter Tümpel, den Menschen Kläranlage und Trinkwasser-Reservoir zugleich.
  „Warum“, fragt Boo angesichts des Nebeneinanders von Gucci- und Gülle-Reservat, „implodieren unsere ungleichen Gesellschaften nicht viel öfter?“ Die Antwort sucht sie als Langzeitbeobachterin in Annawadi, assistiert von zwei Übersetzerinnen, die drei Jahre lang dolmetschen. Die Geschichten, die Boo so zusammenträgt, kreisen um drei Frauen und einen Suizidversuch, der sie alle ins Unglück stürzt.
  Da ist einmal Zehrunisa, Oberhaupt einer vielköpfigen Müllverwerter-Familie, daneben die verkrüppelte Nachbarin Fatima und schließlich die aufstiegshungrige Asha, entschlossen, ihr Glück als Slum-Politikerin zu machen und dafür zu jedem faulen Korruptionstrick bereit. Die Männer und Kinder dieser Frauen bleiben fast schemenhaft, während sie selbst imposant wirken – und das, obwohl die indische Gesellschaft das weibliche Geschlecht offen diskriminiert, wie nicht zuletzt die mörderische Vergewaltigung einer Studentin Ende vorigen Jahres aller Welt bewiesen hat.
  Doch im Dreck von Annawadi verschaffen sich die Frauen offenbar als Muttertiere Macht und Gehör. Freilich bringt ihr Aufeinanderhocken auch jede Menge Zank und Zwist hervor, und bei einer dieser Gelegenheiten verfällt Fatima auf die Idee, sich selbst anzuzünden und Zehrunisas Sippe eines Mordanschlags zu zeihen.
  Obwohl sich die Drahtzieherin mit ihrer Selbstverstümmelung am meisten schadet, sind auch die anderen für immer gezeichnet: Die zu Unrecht Beschuldigten gehen bankrott, und Asha verwickelt sich in eine Pendeldiplomatie zwischen den Parteien, die fast noch mehr Unheil anrichtet als die Wahnsinnstat an sich. Katherine Boo schildert dieses Geschehen mit empathischer Neugier, und so lange ihre Teilnahme distanziert bleibt, liest sich die Darstellung so packend wie aufwühlend. Sobald die Chronistin zu nah an die Katastrophe rückt, wirkt etliches überinszeniert und dem Drang nach schierer Plot-Dramaturgie geschuldet. – Der Blick hinter die Wellblechverschläge liefert jedenfalls eine beredte Antwort auf die Frage, wieso hier niemand gegen die Profiteure des Wirtschafts-Booms aufbegehrt: Wer sein Dasein in einem stinkenden Albtraum fristet, braucht alle Kraft, um morgens auch nur aufzustehen.
DORION WEICKMANN
Katherine Boo : Annawadi oder der Traum von einem anderen Leben. Aus dem Amerikanischen von Pieke Biermann. Droemer Verlag, München 2012. 334 Seiten, 19,99 Euro.
Die Autorin ist freie Journalistin in Berlin.
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